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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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Herzogshaus in den Mord auf der Reichenau verwickelt war, konnte die ganze Angelegenheit ungeheure Dimensionen annehmen. Wäre doch Gerbert hier, dachte Alexius ratlos. Aber sein väterlicher Freund war mit dem Kaiser in der Nähe von Florenz unterwegs und würde erst im September in Pavia eintreffen. Abt Odilo nahm dem Missus die Entscheidung ab. Er beschloss, in Peterlingen zu bleiben, bis die schlimmste Sommerhitze vorbei war. Erst im Frühherbst wollte der Abt sich vom Kaiserboten und seinen Bewaffneten nach Cluny begleiten lassen. Alexius hatte genügend Zeit, seine Botengänge zu erledigen.
    Mit gemischten Gefühlen machte Alexius sich an einem schwülen Julimorgen des Jahres 998 mit seinem Gefolge nach Einsiedeln auf den Weg. Die erste Aufgabe war rasch erledigt. Nur eine Botschaft mit Besitzüberschreibung. Kaiser Otto schenkte dem Kloster Ländereien.
    Nach Einsiedeln war alles anders. Fröhlichkeit, ausgelassene Späße, Lebensfreude. Zum ersten Mal seit Lucillas Tod war die bleischwere Trauer verschwunden. Der unterschwellige Schmerz, Alexius’ Begleiter vor allem in den Träumen, wich einem zaghaften Optimismus. Das war Kolumbans Verdienst. Der Klosterbruder aus Einsiedeln brachte Alexius zum Lachen.
    Kolumban trug in seiner Tasche Bücher und eine Botschaft für das Kloster von Pfäfers in Rätien. Später wollte er zusammen mit Alexius in Odilos Gefolge nach Cluny reisen. Seine dortige Aufgabe war heikel. Er musste die neuesten Bauten des Reformklosters studieren und Pläne zeichnen, die man in Einsiedeln für Anbauten verwenden wollte.
    »Schaut, was ich außer den Büchern für den Abt von Pfäfers mitgebracht habe«, sagte Kolumban während einer Rast. Er schmunzelte geheimnisvoll und zog ein längliches Stoffpaket unter der Kukulle hervor, begann es langsam aufzuknüpfen. Nach mehreren Lagen Leinen kamen durchsichtige Gefäße zum Vorschein.
    »Geblasenes Glas«, flüsterte Alexius verblüfft. Elanas Wunschtraum, ein Glasfenster für die Fallsteinburg, ging ihm durch den Kopf.
    »Ja, echtes Glas, und manche scheinen es gar nicht zu schätzen.« Kolumban machte es sich im Schatten eines Apfelbaumes gemütlich. »Der Abt von Pfäfers besaß zwei wertvolle geblasene Trinkgefäße, die er durchreisenden Klostersenioren zu Ehren aufstellte«, berichtete er weiter. »Diese waren aber beleidigt, weil man nicht das Silber hervorgeholt hatte, und ließen die Becher absichtlich zu Boden fallen.« Nun wollte Kolumban Ersatz für die zerbrochenen Stücke liefern.
    »Weshalb gerade Ihr?«, fragte Alexius verwundert.
    »Weil die Senioren aus Einsiedeln stammten«, lachte Kolumban. »Sie hatten noch nie zuvor Glas gesehen und glaubten an einen Zaubertrick.«
    Alexius und Kolumban machten sich wieder auf den Weg. Vor ihnen ragte bereits die Festung von Freudenberg aus dem blauen Himmel. Zum Kloster von Pfäfers war es nicht mehr weit. Plötzlich entschuldigte Kolumban sich und verschwand hinter einem Gebüsch. Als er wieder hervortrat, hatte er die leichten Reithosen und das Hemd mit der schwarzen Kukulle vertauscht.
    »Ich muss als Botschafter Einsiedelns würdig auftreten«, verkündete er. »Ihr braucht dem Abt von Pfäfers ja nicht zu erzählen, dass ich unterwegs Reithosen trage.«
    Das Problem des Klosters von Pfäfers war verzwickter, als Alexius erwartet hatte. Ein ungewöhnlicher Rechtsstreit. Der Abt klagte auf Rückgabe einer celia, eines kleinen Ablegers des zu Pfäfers gehörenden Valentianklosters. Der örtliche Graf habe die Mönche mit Gewalt hinausgeworfen und Nonnen Zutritt verschafft.
    »Was interessiert es den Grafen, wer in irgendeinem Kloster betet? Woher kommen die Nonnen überhaupt?«, mischte sich Kolumban in das Gespräch zwischen dem Klostervorsteher und dem kaiserlichen Missus. Sie saßen nach der Prim im Abthaus und diskutierten die bevorstehende Gerichtsversammlung.
    Alexius wohnte diesmal nicht in der Burg des Grafen von Rätien. Er hatte Ottos Wunsch in den Wind geschlagen und logierte seit der Ankunft am Vorabend im Gästehaus des Klosters. Je später er Gisela von Rätien begegnete, desto besser.
    »Die Nonnen sind aus Breisgau eingewandert«, klagte der Abt von Pfäfers. »Zwei gelehrte Frauen aus Sachsen leiten das Kloster, sie sollen den Novizinnen Unterricht erteilen.«
    »Und das wollt Ihr nicht dulden?«, fragte Alexius sachlich.
    »Natürlich nicht. Wo sollen wir die vertriebenen dreißig Mönche jetzt unterbringen?« Die Frage klang provozierend. »Hier …« Der Abt

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