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Das Siegel der Macht

Das Siegel der Macht

Titel: Das Siegel der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Dettwiler
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Mondlicht. »Ich habe es mir genau überlegt. Du musst im Begleitzug Abt Odilos nach Peterlingen und nach Cluny reisen.«
    »Ihr wollt mich in die Höhle des Löwen schicken?«
    »Ich habe zahlreiche Ohren, die Tag und Nacht für mich gespitzt sind. Ein schrecklicher Verdacht wird immer konkreter.«
    Alexius fühlte sich plötzlich nervös. »Müssen Gelehrte immer in Rätseln sprechen?«
    »Ich weiß selbst noch nicht, wohin meine Überlegungen führen werden. Hör zu! Als Ottos Großvater Kaiser war, machten die Mönche ungefähr die Hälfte der Mitglieder der Hofkapelle aus. Jetzt gibt es nur noch drei Kapellane, die aus Klöstern kommen. Alle anderen sind aus Domschulen hervorgegangene adlige Kanoniker. Über dieses Thema diskutiert Odilo, wenn er mit Alawich von der Reichenau und anderen deutschen und italienischen Äbten geheime Unterredungen hält.«
    Alexius unterbrach Gerbert: »Aber was hat Odilo von Cluny mit dem deutschen Reich zu schaffen? Als Abt eines burgundischen Klosters geht Ottos Politik ihn doch gar nichts an.«
    »Das ist ja das Gefährliche, Alexius. Er mischt sich in Dinge ein, die ihn nichts angehen sollten. Der Großabt von Cluny drängt Papst und Kaiser dazu, den Weg von Ottos Großvater wieder einzuschlagen. Die Unabhängigkeit zahlreicher Klöster soll nur das Fundament bilden. Schlussendlich möchte Odilo erreichen, dass sich die Hofkapelle wieder hauptsächlich aus ehemaligen Mönchen zusammensetzt, die ihren Äbten zeitlebens verpflichtet bleiben. Das wäre eine Gefahr für das Reich, denn du weißt ja, dass Hofkapellane die wichtigsten Berater des Kaisers sind.«
    »Hat Carolus das gehört? Ist er deshalb gestorben?«, fragte Alexius erschrocken.
    »Nicht nur das allein. Ich fühle, dass ein schreckliches Geheimnis hinter allem steckt. Aber ich kann mir nicht erklären, was es ist. Reite nach Cluny und nach Fleury, Alexius! Im Gefolge Odilos wirst du vielleicht mehr erfahren.«
    »Wann reist er ab?«
    »Das ist ungewiss. Vielleicht noch im April, sicher im Mai.« Gerbert zwang sich zu einem Lächeln. »Wahrscheinlich geht er erst nach der Einnahme des Kastells der Crescentier. Wenn deine Lucilla dort ist, wirst du sie vorher befreien können.«
    Lange gingen sie wortlos nebeneinanderher. Als die Tiberinsel im Mondlicht sichtbar wurde, sagte Alexius: »Seid Ihr zufrieden mit Eurer neuen Ernennung zum Erzbischof, Gerbert? Scheint Euch Ravenna so viel wert wie Reims?«
    »Nicht nur das Erzbistum selbst ist für mich von Bedeutung, sondern auch Ottos Haltung. Wie du an meinem Beispiel siehst, ernennt der Kaiser immer noch mit Vorliebe seine in Domschulen ausgebildeten Hofkapellane zu Bischöfen. Trotz Odilos Einfluss. Für meine Ernennung gibt es allerdings einen ganz speziellen Grund.«
    »Welchen?«, fragte Alexius gespannt.
    »Der Kaiser befürchtet in Italien harte Auseinandersetzungen mit dem Papsttum. Wer könnte besser an seiner Seite kämpfen als sein Freund und kaiserlicher Anhänger als ich, der Erzbischof der mächtigen Metropole Ravenna?«
    »Trotzdem hat Papst Gregor Eurem Pallium sofort zugestimmt.«
    »Otto hat ihn praktisch gezwungen, mich zum Erzbischof zu ernennen.« Als der Missus ihn fragend fixierte, erklärte der Gelehrte: »Gregor ist gegenwärtig auf die militärische Hilfe des Kaisers angewiesen, Alexius. Als der Schwächere muss er tun, was der Herrscher wünscht.«
    »Wird sich das jemals ändern?«
    »Vielleicht, vielleicht nicht«, sinnierte Gerbert. »Crescentius Nomentanus muss bezwungen werden. Aber wie ich die Römer kenne, wird bald ein anderer Machthaber an seine Stelle treten. Und auch gegen den wird der Papst die kaiserliche Hilfe benötigen.«

22
    Rund um die Fluchtburg am Tiber verwandelten sich die Soldaten des deutschen Heeres in Arbeiter. Wagenladungen mit schweren Balken wurden von Ochsengespannen herbeigeschafft. Sogar Eisenstücke in verschiedenen Größen, Ketten, Schmelztiegel und Stricke. Während Krieger die ersten überlangen Leitern zusammensetzten, saß Gerbert an seinem Schreibpult in der Pfalz bei Sankt Peter und zeichnete fieberhaft. Alle Ideen mussten aus seinem Kopf kommen. Er hatte keine Zeit, in Rom geeignete Bücher ausfindig zu machen. Gerbert verwünschte seinen Entschluss, die aus Spanien mitgenommenen arithmetischen und geometrischen Schriften nicht bei sich zu haben. Einzig der Abakus mit den markierten Rechensteinen war zur Hand.
    Von Morgengrauen bis Sonnenuntergang beugte sich der Gelehrte über seine Pergamentstücke,

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