Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
dem tristen Bild der langen matten braunen Haare
und den blassgrünen Augen ab. Sie war keine Nymphe. Nein, Sie war die Frau aus
dem Festsaal, die sie mit diesem erschütterten Blick des Entsetzens ansah, als
sie über Arkios herfiel. Helios hielt sie damals in seinem Arm, ebenso wie er
es jetzt tat, als wolle er sie vor den umstehenden Nymphen schützen.
Sie
strahlte förmlich und brachte mit ihrer Art auch ihn zum Lachen. Nie hatte
Serena ihn so aufgeschlossen und glücklich gesehen. Es wiedersprach ihrem Bild,
das sie vom ihm hatte und da wurde ihr klar, dass sie ihn wirklich nicht
kannte, dass sie wirklich nicht wusste wer er war, dass sie so verbissen
versucht hatte, ihn als Schuldigen für alles zu sehen, dass sie selbst ihre
Hirngespenste geglaubt hatte.
Sie
fand es immer wieder erstaunlich, wie eine Person, die man liebte, einen so
verändern konnte, dass andere einen nicht wiedererkannten, so wie die fremde
Schönheit es bei Helios geschafft hatte.
Einen
Augenblick versank sie in ihren Gedanken und geriet durch ihre Unvorsichtigkeit
beinahe ins Visier des Ankömmlings.
Als
hätte sie die junge Halbgöttin gerochen, blickte sie zielsicher zu ihr hinauf.
Serena
erschrak und versteckte sich wieder hinter der Säule. Sie hatte sie nicht
entdeckt, sicherlich nicht, jedenfalls hoffte sie das. Helios wollte nicht,
dass sie von ihrer Anwesenheit etwas wusste, sonst hätte er es niemals so eilig
gehabt, sie von der Plattform runterzuschicken, doch ewig würde sie ihr
sicherlich nicht ausweichen können. Helios konnte unmöglich auf sie Acht geben,
ohne dass seine Gemahlin irgendwann davon Wind bekommen würde. Vielleicht
spürte sie jedoch auch bereits ihre Anwesenheit, wusste, dass etwas anders war
und suchte nun gezielt nach dem Fremdkörper, der in ihr Reich eingedrungen war
und irgendwann würde sie sie auch sicherlich finden.
Auf dem Boden der Tatsachen
Eine
Fremde. Sie sah ihr so ähnlich und doch wieder nicht. Die Frau im Spiegel, deren
Gestik und Mimik der ihren so sehr glich, war Serena nicht vertraut, nicht mehr.
Die Götter nannten sie wunderschön, bezaubernd und elegant, eine perfekte
Kreation aus der Schmiede des Hephaistos entsprungen und jeder Gott riss sich
um sie, doch sie selbst konnte nicht verstehen, was sie alle sahen, denn sie
sah nur sich selbst.
Sie
betrachtete nie gerne ihr Spiegelbild, denn anstatt einer wahrhaftigen
Schönheit, sah sie noch immer die wehleidigen glanzlosen Augen eines kleinen
Mädchens, das ihr Ebenbild in einer matschigen Pfütze vor sich betrachtete. Ihr
Gesicht war blutbeschmiert, ihre Haare klatschnass und ihre Haut kreidebleich,
doch dieses Mal sah sie etwas anderes. Die tiefschwarzen Augenringe waren unübersehbar.
Lange hatte sie wachgelegen, hatte nachgedacht, weil sie nicht schlafen konnte.
Es waren nicht länger ihre Alpträume, die sie wachhielten, es war sie selbst,
ihr Verstand und die Blicke dieser Frau. Noch immer rätselte sie, ob sie sie
nicht doch entdeckt hatte, doch eine plausible Antwort konnte wohl nur sie
selbst ihr geben – völlig ausgeschlossen.
Das
leise Klopfen an der Tür holte sie wieder in die Realität zurück und ließ sie, jedenfalls
für diesen Moment, die strahlenden Augen dieser Frau völlig vergessen.
Vor
der Tür stand eine ältere Dame. Sie war etwas kleiner als sie, jedoch um
einiges breiter und in ihrem Gesicht zeichnete sich eine ernste Strenge ab, die
Serena einschüchterte, da diese sie sehr an ihren Vater Zeus erinnerte.
Aufrecht mit erhobenem Kinn, stand sie vor ihr und wartete ungeduldig darauf,
dass Serena zum Dienst antrat.
Sie
erinnerte sich, diese ältere Frau auch am gestrigen Abend zwischen den Nymphen
gesehen zu haben, doch wirklich beachtet hatte sie sie in diesem Moment nicht.
Nur von Darius hatte sie erfahren, dass sie die Bediensteten dieser göttlichen
Stätte betreuen würde und nach alter Sitte viel Wert auf Zucht und Ordnung
legte. Seiner Meinung nach sei sie in all den Jahren im Dienste des
Sonnengottes in ihrer Einstellung festgefahren, dass Frauen sich ihren Männern
zu fügen hatten, wahrscheinlich leitete sie dieses frauenverachtende
Menschenbild von der allgemeinen Unterwerfung der Sterblichen ab. Ganz oben
standen die Moiren, ihnen mussten sich sogar die Götter fügen, dann kamen erst
die Sterblichen, vorrangig die Männer, denn die Frauen waren nur da, ihnen zu
dienen und Krieger zur Welt zu bringen, welch eine altmodische Einstellung.
Als
Antheia sie schließlich auch noch den
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