Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
Geist erschien.
Sie
sah glitzerndes Silber auf dem Boden neben ihrem Bett liegen, das aus einem
Tuch hervorstach. Und ein kurzer Blick zum Fenster ließ sie ihr anfängliches
Entsetzen schnell wieder vergessen. Es war Cybele, die kleine Eule ihrer
Schwester Athene, die sie hier aufgesucht hatte, um ihr etwas zu bringen. Noch
etwas verwirrt, erhob sie sich aus ihrem Bett und hob das Mitbringsel ihres
vertrauten Boten, den sie seit ihrer Abreise vom Olymp nicht mehr gesehen
hatte, auf.
Es
war der silberne Bogen, den Artemis ihr noch Tage zuvor zu ihrem Geburtstag
geschenkt hatte. Ein Gefühl der Sicherheit überkam sie, als sie das kühle
Silber in ihren Händen hielt. Sie war sich sicher, dass die Göttin der Jagd die
kleine Cybele losgeschickt hatte, um ihn ihr zu bringen, vielleicht um sie
aufzuheitern, vielleicht dachte sie jedoch auch, dass sie eine Waffe zur
Verteidigung hier gut gebrauchen könnte.
Serena
schloss das kühle Silber fest in ihre Hände und schaute wieder zum Fenster,
doch die kleine Cybele war längst wieder verschwunden. Natürlich, wenn jemand
mitbekommen sollte, dass sie hier war, würde das schwere Folgen für sie und
Artemis haben. Sie selbst wurde zu einem der Geheimnisse, die Zeus wegschließen
wollte und dieser Gedanke beschäftigte sie die gesamte restliche Nacht, sodass
sie erneut kein Auge zu bekam, bis die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne
ihr Zimmer erhellten.
Wieder
wurde sie früh aus den Federn geworfen, wieder lag ein Tag voller schwerer
Arbeiten vor ihr. Wieder würde sie abends müde ins Bett fallen und doch kein
Auge zu bekommen, wieder ein Tag, wie jeder andere, jedenfalls dachte sie das.
Denn gerade als sie realisiert hatte, dass sie wieder einmal zu spät zum Dienst
antrat und schnellstens ihr Gemach verlassen wollte, hatte man vor der Tür bereits
auf sie gewartet.
Die
ernste Fratze einer alten Dame starrte unzufrieden zu ihr auf. Antheia, sie
würde ihr nun die Hölle heiß machen, hatte sie sie schließlich am Tag zuvor ermahnt,
sie dulde keine Verspätungen. Sicherlich dachte die alte Dame, es sei Serenas
Absicht, jeden Tag zu spät zum Dienst anzutreten, reine Provokation, allerdings
hatte die junge Halbgöttin nicht vorgehabt, den Zorn dieser gruseligen Frau auf
sich zu ziehen, jedenfalls dieses Mal nicht, doch der bereits erwartete Denkzettel
schien dieses Mal auszubleiben.
Genervt
atmete sie tief durch und zog Serena wortlos aus der Tür und schob sie vor sich
her. Ihr Schweigen war schlimmer als jedes gemeine Wort, dass sie ihr Tage
zuvor für ihre zu langsame Arbeit an den Kopf geworfen hatte. Sie war eine regelrechte
Sadistin, die es liebte, jene, die unter ihrer Fuchtel standen, herum zu schuppsen
und zu quälen. Besonders Neulinge standen auf ihrer Liste ganz weit oben, doch
dieser Tag verlief anders als gedacht. Es waren die gleichen Arbeiten, aber
Antheia war mit ihr noch unzufriedener als sonst, dabei hatte Serena sich heute
besonders viel Mühe gegeben, aber Darius hatte sie bereits vorgewarnt, dass man
es ihr nie recht machen konnte, aus diesem Grund war es Serena auch
gleichgültig.
Am
Abend kam die alte Hexe direkt auf sie zu, als sie sich gerade von der
mühseligen Schrubbarbeit erhob und bereits damit rechnete, dass eine weitere
Aufgabe auf sie zu kam, bei der sie auf dem Boden herumrutschen musste, doch es
kam anders als sie dachte.
Ungehobelt
zerrte sie die junge Halbgöttin hinter sich her, ohne auch nur ein Wort an sie
zu richten. Sie ging mit ihr eine große Marmortreppe hinauf, die von der
riesigen Eingangshalle direkt ins oberste Stockwerk führte.
Serena
kannte diesen Ort nicht und dennoch wusste sie genau, wo sie war. Sie durfte hier
nicht sein, genau genommen war es ihr sogar strengstens untersagt, auch nur
einen Fuß in diesen Gang zu setzen. Denn hier lagen die Gemächer des
Sonnengottes und wo er war, würde auch diese Frau nicht weit sein.
Vor
einer großen goldenen Tür ließ der feste Griff der alten Frau nach. Wie gebannt
starrte Serena auf das glänzende Gold vor sich und betete zu den Göttern des
Olymps, dass dies nur ein Traum war. Antheia zerrte an ihr herum, machte sie
zurecht und sorgte dafür, dass das erbärmliche Dienstmädchen wenigstens
halbwegs passabel aussah, doch egal wie viel Mühe sie sich gab, die Blässe aus
ihrem Gesicht konnte sie nicht vertreiben, denn jegliche Farbe war längst
daraus entwischen. Die Luft zum Atmen blieb ihr weg. Ihre Lunge zog sich
zusammen und ihr Herz setzte aus.
Ein
Gefühl der
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