Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
versuchte ja sich zusammen zu
reißen, doch diese Göttin trieb die Wut in ihr voran und schürte den Hass.
Wie
konnte sie so über den Herrscher des Olymps reden und wie konnte Helios bloß so
scheinheilig sein!
Sie
ballte die Fäuste zusammen und vergaß dabei völlig, dass sie noch Scherben in
der Hand hielt. Ein spitzer Schrei hallte durch den Raum und setzte der
eingetretenen Stille ein abruptes Ende. Aufgeschreckt sahen beide zu ihr
herüber, sahen wie Blut von ihrer rechten Hand zu Boden tropfte, was Helios
sofort dazu alarmierte, sich zu erheben.
„Was
ist passiert“, rief er ihr besorgt entgegen, als er den Stuhl zurückstieß und
auf sie zukam.
Serena
drehte sich langsam zu ihm um. Völlig geistesabwesend schaute sie zu seinen Füßen
und hielt die blutüberströmte Hand in ihrer anderen. Sie wankte einige Male,
bis sie sich schließlich wieder fangen konnte.
„Das
sieht nicht gut aus …“, entgegnete die Göttin dann, als sie sich an Helios
vorbeischob und direkt auf Serena zutrat, der ihre Gegenwart plötzlich völlig
egal war.
Vorsichtig
griff sie um ihr Handgelenk und öffnete ihre Finger, die sich schützend um die
Handfläche geschlossen hatten und somit das gesamte Ausmaß der Verletzung
verdeckten. Einige Tonsplitter hatten sich durch ihre Haut gebohrt und ragten
nun aus einem See voller Blut.
„Zähne
zusammenbeißen, das wird nicht angenehm!“, forderte sie Serena auf, ehe sie
einen der Splitter mit einem Tuch umfasste und vorsichtig herauszog. Unter den
Schmerzen leidend, zuckte sie zusammen und versuchte ihn herunterzuschlucken.
Ihr
Gesicht lief rot an und kleine Schweißperlen hatten sich auf ihrer Stirn
gebildet. In diesem Moment hatte sie die Wut auf die Göttin völlig vergessen
und diese schien nicht einmal realisiert zu haben, wie kalt die Haut des
ungebetenen Gastes war, über den sie zuvor noch gesprochen hatte.
Als
nach einer gefühlten halben Ewigkeit alle Splitter entfernt und die Wunden mit
Wasser gereinigt waren, band die Göttin ihr ein Tuch um die Hand, um die
Blutung zu stoppen. Helios stand währenddessen hinter ihr und schien ihr genau
auf die Finger schauen zu wollen. Er hatte Serena nicht einmal angesehen,
geschweige denn ein Wort an sie gerichtet. Er war offensichtlich fern ab von
jeglicher Realität, doch das war Serena in diesem Moment völlig egal.
„Ihr
könnt euch nun zurückziehen. Ich denke, wir werden eure Dienste heute nicht
weiter benötigen!“, entfuhr es ihr mit einem harten Unterton und suchte die
Bestätigung des Sonnengottes, als sie ihn ansah. Er nickte leicht verträumt und
öffnete ihr die Tür. Serena schenkte ihm keinen letzten Blick als sie ging,
bedankte sich auch nicht bei der Göttin für ihre Hilfe. Sie wollte einfach nur
weg von hier.
„Ich
werde später noch einmal nach euch sehen. Ihr solltet euch lieber ausruhen“,
sagte sie sanft mit einem kleinen aufmunternden Lächeln auf den Lippen, das
Serena völlig aus der Bahn warf, doch sie erwiderte nichts. Sie lief einfach
davon und ließ die Götter hinter sich. Dumpf hallte noch das Klacken der in das
Schloss fallenden Tür hinter ihr her, als sie ihr Gemach betrat und mitten im
Raum stehenblieb.
Lange
stand sie da, fühlte das warme Blut, durch den Verband drücken und über ihre Hand
laufen, bis es an den Fingerspitzen zu Boden tropfte.
Dieser
Abend ließ sie keinen klaren Gedanken mehr fassen und selbst als sie ihre Hand
in einer Schüssel mit klarem Wasser reinigte und zusah, wie dieses immer
dunkler wurde und ihr schmerzverzerrtes Gesicht wiederspiegelte, hatte sie noch
immer nicht den ganzen Abend realisiert. Erst jetzt, nach und nach, konnte sie
verstehen was passiert war. Diese Frau, die sie anfangs für die Gemahlin des
Sonnengottes hielt, wie hatte er sie noch gleich genannt? Es wollte ihr nicht
mehr einfallen, doch sie hatte bereits über sie gelesen. Sie stand in einer
engen Bindung zu ihm, das war unübersehbar. Bereits bei der ersten Begegnung im
Festsaal des Olymps spürte sie, dass zwischen ihnen etwas war, das sie so
niemals verstehen würde. Dann erstarrte Serena. Hatte sie sie vielleicht
wiedererkannt? Hatte sie das Bild der armen Irren aus dem Festsaal noch nicht
verdrängt und hatte es wieder vor Augen, als sie sie nun gesehen hatte? Doch sie
wirkte unbekümmert, desinteressiert, befremdlich, nicht wie jemand, der darüber
nachdachte, ob er den anderen schon einmal irgendwo gesehen hatte.
Eos !
… Eos war ihr Name, fiel es ihr plötzlich wieder ein.
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