Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
von vielen, die unerfüllt im Kopf eines kleinen
Mädchens heranwuchsen und sich einprägten.
Serena
hatte nicht vergessen. Sie wollte es einfach nicht. Es waren Erinnerungen an
eine glückliche Zeit. Momente, an denen sie festhielt, weil sie ihr Halt gaben
und ihr versicherten, dass es wirklich einmal eine Zeit gab, in der sie lachen
konnte.
Plötzlich,
völlig irritiert, schüttelte sie den Kopf. Die Schrift auf der Klinge
verschwamm vor ihren Augen. Abwechselnd wurde es hell und kurz darauf wieder
dunkel, doch es war keine Einbildung ihrer Fantasie, diesmal nicht.
Die
Flamme der Kerze, die sonst ruhig vor sich hin tanzte, zuckte nun heftig in
eine Richtung, als würde ein nahender Sturm drohen, sie zu löschen. Verwundert
blickte sie ins Feuer und schien wenige Sekunden zu überlegen.
Ihre
Augen wurden mit einem Mal größer. In ihnen, so schien es, spiegelte sich das
Unbehagen wieder, das sie in ihrem Inneren empfand. Ein unangenehmes Gefühl,
das ihr die Kehle zuzog und ihr somit die Luft zum Atmen raubte. Ein kühler
Schauer, der über ihren Rücken jagte und kurz darauf einer bedrückenden Hitze
wich, die in ihre Glieder fuhr und sie erzittern ließ. Ein Empfinden, das sie
verunsicherte und dies auch sichtbar machte - Angst.
Die
Hand auf einem Medaillon um ihren Hals ruhend, drehte sie ihren Kopf langsam
zur großen Holztür und erspähte durch den schmalen Spalt unterhalb des morschen
Holzes einige Schatten hereindringen, die über den Boden huschten, ehe sie
hinter den Steinmauern verschwanden, doch die hektischen Bewegungen dieser
Schatten und die Tatsache, dass sie nicht etwa auf der Straße, sondern direkt
vor der Holztür vorbeischlichen, beunruhigte sie.
Binnen
weniger Augenblicke wurde ihr klar, dass sie reagieren musste. Allerdings war
ihr diese Zeit nicht vergönnt.
Mit
einem lauten Schlag riss das morsche Holz aus den Türangeln und schlug auf dem
nassen Boden auf. Das grelle Licht der Sonne blendete Serena und ließ sie kurz
inne halten. In diesem gleißenden Licht erkannte sie die Umrisse bewaffneter
Männer. Erst zwei, dann sechs, acht, eine ganze Wachtruppe marschierte mit
gezückten Schwertern in ihre Richtung. Es waren die Schergen des Arkios, man
hatte ihr Versteck also gefunden.
Ohne
einen weiteren Augenblick zu verschwenden, sprang sie auf und stürzte die Kiste
mit der Kerze um, deren Licht daraufhin sofort erlosch. Durch die Erschütterung
gerieten die Kisten, die sich neben der Tür bis zur Decke hoch stapelten, ins
Wanken, kippten schließlich um und versperrten den Wachen somit für einen
kurzen Moment den Weg. Der Moment, in dem sie in die Dunkelheit flüchtete.
Sie
kannte die Schmiede. Der Platz jedes noch so kleinen Steines war ihr bekannt
und fest in ihrem Gedächtnis eingeprägt. Sie hatte bereits damit gerechnet,
dass man sie eines Tages erwischen würde, dass man ihr Versteck aufspüren und
sie hinaustreiben würde. Eine Situation, die Serena ebenso wie jeden Überfall
mehrmals durchdacht hatte um jede Möglichkeit auszuschöpfen. Eine gedanklich
durchdachte Flucht war jedoch keinesfalls mit der Realität zu vergleichen, aber
es würde ihr einen kleinen Vorsprung verschaffen.
Ihr
Leben stand auf dem Spiel, ihre gesamte Identität und ihr Umfeld war in Gefahr,
also beschloss sie kurzer Hand zu gehen, unterzutauchen, weit weg von hier, nur
solange bis sie gegebenenfalls durch die Perser in Vergessenheit geraten war.
Es war besser für Lisias und auch Hermokrates und vor allem sicherer für sie
selbst.
Im
Schutze der Dunkelheit stieß sie eine alte Amphore auf der anderen Seite der
Schmiede um und brachte ein schmales Loch im Erdboden zum Vorschein, durch das
sie gerade so hindurch passte. Die Wachen kamen nur langsam hinterher, während
Serena durch das tiefe Loch verschwand.
Hinter
den steinernen Mauern der Schmiede kam sie unbeobachtet wieder heraus. Zwischen
den schmalen Schlitzen einer Holzkiste, die über dem Loch lag, spähte sie nach
draußen. Niemand war zu sehen, weder Bewohner noch Wachen, noch nicht. Die Zeit
lief gegen sie, ein altbekanntes Problem.
Schnell
stieß sie die Kiste zur Seite und zog sich aus dem matschigen Erdboden, der ihr
die Flucht sicherlich erschweren würde, doch dieses Problem machte ihr weniger
sorgen. Sie hatte mit sich selbst zu kämpfen. Nur ihre Willenskraft hielt sie
davon ab, sich zu übergeben, denn der modrige Geruch von faulem Obst und
verwesenden Tierkadavern, der sich im Erdboden festgesetzt hatte und nun durch
den
Weitere Kostenlose Bücher