Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
spiegelte ihr zierliches
Gesicht wieder. Der edle Ledergriff oder das, was nach all der Zeit davon übrig
geblieben war, erschien abgegriffen, als sei er durch tausende Hände
furchtloser Krieger gereicht worden. Dabei hatten nur ihre behutsamen Hände
diesen Griff umschlossen, jedenfalls in den letzten 9 Jahren, denn dies war das
Schwert, das ihr Vater als letztes in den Händen trug. Die Waffe mit der er
sich in jener Nacht einen Kampf lieferte, der für ihn tödlich ausging.
An
einer der Klingenseiten war eine kleine Einkerbung zu sehen. Die Stelle, an der
die Waffe des Angreifers auf seine traf. Es hatte seine Spuren hinterlassen. So
einzigartig wie ein Fußabdruck, unverkennbar und unumstritten war dessen
Schwert ein Werk der Schatten.
Im
Griff erkannte man die Umrisse eines goldenen Emblems. Ein kleines in Sonnenform
gefertigtes Siegel, dessen Glanz ebenso wie die der Klinge bereits vor langer
Zeit verschwunden war. Inmitten der Sonnenform war eine Erhebung zu erkennen,
die einen Greif mit gespannten Flügeln darstellte. Trotz des Alters und des
abgegriffenen Ledergriffes war das Schwert in einem guten Zustand. Eine Waffe,
die sie aus ihrem alten Dorf mitgenommen hatte. Eine der wenigen Erinnerungen,
die ihr geblieben waren, ebenso wie diese alte Schmiede, in die ihr Vater sie
immer mitgenommen hatte, als sie noch ganz klein war.
Trostlos
war dieser Ort geworden, nachdem sich niemand mehr um sie gekümmert hatte und
der Natur zum Opfer gefallen war. Für viele - ein altes Gebäude, das von der
Zeit langsam zerfressen wurde, bis es nur noch einer Ruine glich und in sich
zusammenfallen würde, doch für Serena war dies alles was sie noch hatte.
Manchmal,
wenn sie nur lange genug dasaß und schweigend auf einen einzigen Punkt sah,
glaubte sie, ganz dumpf in der Entfernung, das Lachen ihres Vaters zu hören. Es
schien so unglaublich real, dass sie sich daraufhin jedes Mal suchend umsah. In
ihren Augen, jenes Glänzen, das sie immer hatten, wenn sie in die des Mannes
blickten, doch wenn sie realisierte, dass das, was sie glaubte zu hören, nur
eine Einbildung ihrer Fantasie war, verschwand es zugleich wieder und jene
Schwärze, die nun darin zu sehen war, kehrte zurück.
Ihre
Finger strichen wieder über das Metall, das im Kerzenschein deutliche
Schmauchspuren aufwies. Es schien selbst in den zarten Händen einer jungen Frau
jeden Moment zu Staub zu zerfallen, dennoch war es robust und eine Augenweide
für jeden Krieger, doch nicht etwa der edle Ledergriff oder die
anthrazitfarbene Klinge mit dem flammenförmigen Muster war das Besondere an
diesem Schwert, sondern die feine Gravur, die mit viel Feingefühl ins Metall
verarbeitet wurde.
Ihre
Augen glänzten verträumt, während ihre Blicke langsam über die geschwungenen
Wörter streiften. Wörter, die ihr Vater wählte, sein Handwerk zierte und somit
nicht nur seinen Namen auf ewig an jede einzelne Klinge band, sondern auch
seinen Glauben, denn er wählte eine Sprache, die sie jedoch nicht verstand.
Serena
erinnerte sich, wie ihr Vater sie das letzte Mal mit in die Schmiede nahm, um
dieses Schwert fertig zu stellen. Er stand am Kessel und tauchte das glühende
Metall nach einigen Hammerschlägen in das kühle Wasser. Schweißperlen hatten
sich auf seiner Stirn gebildet, auf der einige Strähnen seiner kurzen braunen
Haare klebten. Die kleinen Tropfen suchten sich langsam den Weg über sein
Gesicht, ehe sie sich im Urwald seines dunklen Vollbartes verloren. Seine großen
braunen Augen strahlten, als er ihr die fertige Klinge zeigen konnte. Drei Wochen
hatte er nun daran gearbeitet, bis sie nach seinem Maße endlich perfekt war.
Nie hätte er geruht, nicht ehe das Werk, das er schuf, endlich seinen Ansprüchen
genügte und eine vollendete Schönheit war. Noch immer erinnerte sie sich an
sein Lachen, als er es endlich fertiggestellt hatte, an das Glänzen in seinen
Augen, in denen sie ihr Spiegelbild erkannte und an seine Stimme, wie sie
freudig erklang und immer wieder eine beruhigende Wirkung auf sie hatte.
„Endlich
ist es fertig. Schon bald wirst auch du hier deine erste Klinge schmieden
Serena. Mit deinen eigenen Händen wirst du ein wahres Kunstwerk erschaffen“ ,
hallte es in ihrem Kopf wieder.
Lange
hatte sie sich auf den Tag gefreut, von dem er immer sprach. Von dem Tag, an
dem sie ihrem Wunsch - mit Schwertern so gut umgehen zu können wie ein
Krieger - einen Schritt näher kam, doch dieser Tag sollte nie kommen. Es
blieb ein Wunsch, einer
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