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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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hat. Zumindest im Augenblick macht er sich keine Gedanken darüber, was aus ihm, dem Knappen des Ritters von Ehrenberg, werden soll, nun, da der Ritter seine Ehre eingebüßt hat und nicht mehr da ist.
    »Das kannst du glauben!«, ruft Juliana und treibt ihre Stute an. Der Wind zerrt an ihren Zöpfen. Sie beugt sich dicht über den Hals des Tiers und merkt erfreut, dass sie Tilmann rasch näher kommt. Sie schafft es, ihn noch vor dem ersten Gehöft des Weilers einzuholen. Beide lachen und zügeln den Schritt ihrer Rösser. Es ist das erste Mal seit dem Mord an Vetter Swicker und des Vaters Verschwinden, dass Juliana lacht. Gemächlich
reiten sie durch Heinsheim. Die Bauern versammeln sich gerade, in ihren Sonntagsstaat gehüllt, um gemeinsam zur Kirche auf den Berg hinaufzusteigen, die bestimmt schon viele hundert Jahre dort oben auf der Hangkante Wind und Wetter trotzt. Sie ist die Taufkirche der Ehrenberger, und hier, in dem schmalen Kirchhof, werden die Toten der Familie begraben. Auch der kleine Johannes liegt dort in seinem Grab, neben den anderen Kindern der Edelfrau, die so lange gelebt haben, dass sie noch die Taufe empfangen konnten. Kaum drei Jahre durfte Johannes leben, ehe der Herr ihn zu sich in sein himmlisches Reich holte.
    Wenn das Wetter es zulässt, ist es Tradition, dass der Ehrenberger Burgherr sonntags mit seiner Familie an der Messe teilnimmt. Da die Kirche über dem Hang fast auf der Höhe der oberen Burgmauer von Ehrenberg steht, sparen sich die Burgbewohner meist den Umweg über das Tal und folgen direkt dem Pfad an der Bergkante entlang, der an schönen Sommertagen voll vom Duft der Wiesen ist und einen herrlichen Blick über das Neckartal freigibt.
     
    Zwei Deutschherren kommen Juliana und Tilmann am Ende des Dorfs in ihren weißen Mänteln mit dem schwarzen Kreuz auf der Schulter entgegengeritten. Sie heben grüßend die Hände. Juliana kennt sie nicht, erwidert aber den Gruß. Sicher gehören sie zur Komturei Horneck, deren Burganlage auf der anderen Flussseite über dem Dorf Gundelsheim aufragt. Seit die Ordensritter eine eigene Fähre betreiben, muss man nicht mehr bis nach Haßmersheim hinaufreiten, wenn man ans andere Ufer will. Allerdings werden die meisten Kähne und Nachen noch immer in dem Schifferort gebaut, der stets Männer hervorgebracht hat, die von und mit dem Neckar lebten. Für sie ist es vielleicht ein Segen, dass die alte Wimpfener Brücke eingestürzt ist und – wie der Vater damals schon sagte – sicher nicht so schnell wieder aufgebaut wird.
    Der Schmerz fährt ihr heiß durch den Leib. Manches Mal gelingt
es ihr zu vergessen und sich der Illusion hinzugeben, alles wäre in Ordnung. Dann aber kommt die Erinnerung zurück und mit ihr die Pein. Juliana will sie abschütteln. Heute ist ein solch herrlicher Tag. Sie liebt es, auf ihrer Stute auszureiten, vor allem, wenn keiner dabei ist, der sie ständig ermahnt, langsamer und vorsichtiger zu sein – einem Edelfräulein angemessen! Später, wenn sie das Stift erreicht, muss sie sich der Wirklichkeit stellen, nun jedoch bleibt ihr noch eine Weile Zeit zu vergessen.
    »Einen Ritt um die Wette bis zum Bach?«, ruft sie Tilmann zu.
    Der Knabe nickt übermütig. »Bei drei!«, bestätigt er und beginnt zu zählen.
    Juliana lässt die Zügel fahren und feuert ihre Stute mit schrillen Rufen an. Das Tier ist jung und ausgeruht und lässt sich daher nicht lange bitten. Auch Tilmann hält sich gut auf seinem Ross. Das Tier ist größer und kräftiger gebaut, zählt allerdings nicht mehr zu den Jüngsten und lässt sich eher widerwillig zu diesem Wettrennen verleiten.
    Die Flussaue wird hier breiter und zieht sich als saftig-grüner Streifen am Fuß des steilen Talhangs entlang. Im Frühling sind die Wiesen sumpfig, es bilden sich kleine Teiche, und man kann leicht im Morast versinken, nach den heißen Sommertagen jedoch sind sie für einen rasanten Ritt wundervoll geeignet.
    Sie fliegen nur so dahin. Es ist, als würde der Wind allen Ballast aus ihrem Kopf wehen. Juliana fühlt sich leicht und frei und konzentriert sich nur auf die Bewegungen ihres Pferdes. Nichts anderes scheint es in diesem Augenblick auf der Welt zu geben.
    Erst hat die feurige Stute die Nase vorn, dann aber scheint der Ehrgeiz des alten Schlachtrosses geweckt, das seinen Herrn lange Jahre getragen und nun noch eine Weile dessen Knappen dient. Tilmann holt auf und streckt dem Edelfräulein die Zunge heraus, als er an ihr vorbeizieht.
    »Willst du dir das

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