Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
geheime Dokumente, die ihnen sagten, wo sie zu suchen hatten. Nur deshalb wurde der Orden gegründet!«
»Ihr glaubt diese Geschichte?«, wunderte sich der Bettelmönch. »Dass die Templer den Gral besitzen und vielleicht auch noch die Bundeslade dazu? Ich halte diese Geschichten für so wahr wie die gesammelten Heldentaten unseres Ritters Roland, die wir überall in Navarra gehört haben.«
»Glaubt, was Ihr wollt«, fuhr der Pater ihn an. »Ich kann jedenfalls nichts an diesen verderbten Männern finden, die in ihren weißen Mänteln herumstolzieren und sich für etwas Besseres halten. Arrogant sind sie und geldgierig.«
»Da stimme ich Euch zu.« Bruder Rupert nickte.
»Und sie streben nach der Macht!« Die Augen des Paters glänzten. »Nach zu viel Macht! Sie sind gefährlich wie eine Seuche, die man ausrotten muss!«
Juliana sah zu André hinüber. Warum widersprach er nicht? Er war doch sonst immer der Verteidiger der Ehre aller Templer gewesen, aber der junge Ritter presste nur die Lippen zusammen und starrte zu Boden, wo jeder Schritt eine rötliche Staubwolke aufwirbelte.
»Sie nennen sich »Milites Christi« und spucken auf sein Kreuz. Sie verleugnen unseren Herrn. Man sagt gar, dass sie einen Götzenkopf anbeten. Und…«, rief Pater Bertran. Sein Finger ragte in die Luft, um die Schwere dessen zu unterstreichen, was er sich für den Schluss seiner Aufzählung aufgehoben hatte. »Und sie betreiben Sodomie!« Sein Blick durchbohrte André, der noch immer nicht aufsah. »Ritter mit Ritter, Knecht mit Knecht liegen sie beieinander und spotten Gottes Gebot. Es ist so widerlich, dass mir bei dem Gedanken die Galle im Hals brennt. Sogar auf ihrem Wappen reiten zwei Männer hintereinander auf einem Pferd.«
»Oh, ich dachte, dies sei nur ein Symbol ihres Gelübdes der Armut«, warf Bruder Rupert leichthin ein.
»Armut?«, griff der Augustiner das Wort auf. Er kreischte beinahe. Er warf die Hände in die Luft, dass die Kutte zurückglitt und seine knochigen, weißen Arme freigab. »Ich will nicht davon reden, ob der einzelne Ritter nun zwei oder drei Pferde sein Eigen nennt. Ich spreche hier von der Raffgier des Ordens. Er ist reicher als die Könige – vielleicht sogar als der Heilige Vater selbst! Unvorstellbare Schätze hat der Orden zusammengeraubt.«
»Ich dachte, viele Menschen hätten ihnen Geld und Güter geschenkt«, wagte Juliana einzuwerfen.
Bruder Rupert nickte. »Ja, das ist wahr. Die Templer und die Deutschordensritter sind bei den Adelsgeschlechtern sehr begehrt, um jüngere Söhne zu versorgen. Ganz umsonst ist diese Ehre allerdings nicht. Geld und Güter werden gern angenommen! – Wenn man nichts hat, muss man schon zu den Bettelmönchen gehen.« Er sah mit einem schiefen Lächeln an seiner braunen Kutte herab. »Dennoch denke ich, dass die Vorstellung von ihren Reichtümern übertrieben ist. Viele Gelder gehören nicht den Templern selbst. Sie verwahren die Schätze nur – früher für die Kreuzfahrer, heute für Kaufleute. Ja, wie ich gehört habe, hat selbst der französische König seinen Staatsschatz in der Pariser Templerburg untergebracht – dem sichersten Ort in Frankreich, sagt man nicht so?«
»Das ist richtig«, mischte sich Ritter Raymond ein. Seine Stimme klang ausnahmsweise interessiert. Der ablehnende Zug um seinen Mund war verschwunden, und sein Gesicht wirkte plötzlich sympathisch.
»Ich habe diese Burg gesehen – nein, keine Burg, eine Stadt in der Stadt. Man versteht, warum der König im vergangenen Jahr dorthin geflohen ist, als der Pariser Mob in den Gassen tobte. Ihm blieb keine andere Wahl. Welch Schmach für den großen, stolzen König! Ich glaube nicht, dass er das bis heute verwunden hat.« Der blonde Ritter zog eine Grimasse, ehe er fortfuhr: »Ich vermute, viele französische Schätze können nicht mehr in der Pariser Templerburg liegen, denn man sagt, der König habe große Summen bei den Templern geliehen.«
»Das Gold werden sie vermutlich nie mehr wiedersehen«, brummte Bruder Rupert.
»Wie kommt Ihr darauf?«, wollte Ritter Raymond wissen. Ein aggressiver Unterton schwang in seinen Worten mit.
»Wann hat der Franzosenkönig jemals Geld, das er sich geliehen hat, zurückbezahlt? Er vergilt solche Angelegenheiten lieber mit dem Schwert. Das mussten bereits die lombardischen Bankiers und die Juden schmerzlich erfahren.«
Ritter Raymonds Hand zuckte zum Schwertgriff. »Wollt Ihr den König beleidigen?«
Bruder Rupert zuckte mit den Schultern.
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