Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
nach Wimpfen gekommen?«
Juliana schüttelt den Kopf. »Ich wollte mit Euch sprechen.«
»Gut, das können wir in Ruhe bei gebratenem Huhn und weißem Brot machen, was meinst du? Ah, und ich glaube, zur Feier des Tages haben die Fischer eine ganze Menge Krebse, Lachse und Aal mitgebracht.«
Er reicht ihr den Arm und führt sie über den Platz zu seinem Haus. In der Stube ist das Mahl bereits gerichtet. Rasch besorgt der Knabe, der dem Dekan dient, noch einen Teller und einen Becher für den unerwarteten Gast, ehe er die Stubentür hinter sich zuzieht. Juliana isst mit Gerold von Hauenstein und pflegt
Konversation mit dem Stiftsherrn, da die Mutter ihr eingeschärft hat, wie ungern Männer sich während des Essens mit Problemen auseinander setzen. Als er dann endlich Messer und Löffel zur Seite legt, bricht es aus ihr heraus.
»Das Leben auf Ehrenberg ist so schrecklich geworden. Ich halte es nicht mehr aus!« Der Dekan schenkt ihr warmen Met ein, aber der kann das Mädchen nicht trösten.
»Die Mutter ist eine andere geworden. Hat sie nicht früher die Burg mit fester Hand geführt, selbst wenn der Vater monatelang nicht im Land war? Nun ist er kaum zehn Tage fort, und alles gerät aus den Fugen. Der Pater seufzt und starrt in seinen Weinbecher. »Ihr brauchtet einen Mann, der die Zügel in der Hand hält, bis der Ritter zurückkehrt. Doch wem könnten wir blind vertrauen? Ob ich meinen Neffen fragen soll?« Der Dekan zögert. »Ich weiß nicht, ob er der rechte Mann für so etwas ist.«
Juliana geht nicht auf seine Worte ein, zu groß ist die Empörung in ihrer Brust, die endlich hinausmuss. »Vater und Sohn von Kochendorf sind fast täglich auf Ehrenberg zu sehen und stolzieren umher, als wäre alles schon in ihrer Hand. Sie stecken ihre Nase in jede Kammer und jede Truhe – und die Mutter verwehrt es ihnen nicht! Nein sie bittet sie gar, zum Mahl zu bleiben, und lässt ihnen ein Bad und ein Bett richten, wenn sie zu viel getrunken haben, um noch nach Guttenberg zurückzureiten! Ich wundere mich, dass sie sich noch nicht erdreistet haben, in der Kemenate aufzutauchen!«
»Du kannst dich also immer noch nicht mit dem Gedanken anfreunden, mit dieser Familie eine Verbindung einzugehen?«
»Niemals!«, stößt das Edelfräulein aus. »Bitte, wisst Ihr nicht eine Möglichkeit, diesem Schwert über meinem Haupt zu entkommen?«
Der Dekan schüttelt den Kopf. »Nein, ich habe mich umgehört, wie ich es dir versprochen habe, aber meine Befürchtungen sind Wahrheit geworden. Die Familien halten erst einmal Abstand und wollen abwarten, wie die Sache ausgeht.
Gerade der Weinsberger – der als Schirmherr unseres Stifts uns und auch mir selbst sehr zugetan ist und mir sonst gern einen Wunsch erfüllt – lehnt jede Begegnung mit deiner Familie ab, solange der Geruch der Unehre noch um die Burg weht – so hat er sich ausgedrückt.«
»Dann lasst uns warten, bis sich alles geklärt hat. Ich stelle mich unter Eure Obhut. An Eurer Ehrenhaftigkeit wird niemand zweifeln. Ich werde wieder Eure Schülerin.« Ihre Wangen glühen, als sie den väterlichen Freund erwartungsvoll ansieht.
»Das ist nicht möglich. Wo solltest du wohnen?«
»Hier bei Euch. Gerda könnte mitkommen und über meine Tugend wachen.«
Er schüttelt den Kopf. »Du weißt, dass das nicht geht.«
Sie stampft mit dem Fuß auf den Boden. »Aber Euren Schüler, den habt ihr doch auch bei Euch aufgenommen und lehrt ihn!«
»Ja, denn er ist ein Junge. Außerdem bist du über das Alter einer Schülerin hinaus. Du bist erwachsen, und da ist es üblich zu heiraten.«
»Dann wollt Ihr mir also nicht helfen?«
Er sieht ihr nicht in die Augen. »Ich kann dir in diesem Punkt nicht helfen.«
Er kommt zu ihr um den Tisch herum, schenkt ihren Becher noch einmal voll und tätschelt ihr unbeholfen die Schulter, ehe er zu seinem Platz zurückkehrt.
»Wenn ich wenigstens mit Gerda eine Weile ins Stadthaus nach Wimpfen ziehen könnte«, seufzt sie. »Bis der Franzose und sein ekelhafter Wappner abgereist sind.«
Der Dekan fährt überrascht herum. »Sie sind wieder auf Ehrenberg?«
»Oh ja, und ich weiß nicht, wie es bei den Franzosen mit der Erziehung steht. Wenn dieser Tempelritter typisch für sie ist, dann sind sie ein barbarisches Volk. So ein neugieriger Schnüffler! Wenn ich die Worte richtig verstehe, die ich vor ein paar Tagen aufgeschnappt habe, dann war er mit Pater Vitus sogar
im Wimpfener Haus und hat sich dort alles genau angesehen! Glaubt er,
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