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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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»Hörst du mir überhaupt zu?« André zuckte zusammen. Er wich zur Seite aus, strauchelte über eine Wurzel und wäre beinahe gefallen. Juliana griff nach seinem Arm. Er riss sich von ihr los, als habe er sich verbrannt.
    »Ich wollte doch nur …« Sie beendete ihren Satz nicht. André beschleunigte seine Schritte, bis er Bruder Rupert eingeholt hatte. Kopfschüttelnd folgte das Mädchen den anderen. Was war nur mit ihren Begleitern los?
    Juliana rückte ihre Kapuze zurecht und stöhnte, als sie einen Berg vor sich im Regen aufragen sah. Mühsam arbeitete sie sich durch den zähen Morast voran.
    Die Nacht brach bereits herein, als sie die Höhe erklommen hatten, auf der ihnen durch die Dämmerung ein Licht entgegenschimmerte. Ein alter Ritter des Calatravaordens lud sie ein hereinzukommen und führte sie in einen niedrigen, feuchten Raum, in dem jedoch im Kamin ein Feuer flackerte. Dankbar warfen die Reisenden ihre Mäntel ab und setzten sich in ihren nassen Kleidern vor die Flammen. Juliana war so erschöpft, dass sie fast im Sitzen eingeschlafen wäre, noch ehe der Bruder
mit einer Schüssel Zwiebelmus und Lauch zurückgeschlurft kam.
    »Comed y descansad« – »Esst und ruht euch aus«, sagte er mit seiner rauen Stimme, »al lado hay algunos jergones de paja« – »nebenan sind ein paar Strohsäcke.«
    Sein Rücken war gebeugt, sein Haupt fast vollständig kahl. Er schlurfte zum Kamin, um noch einmal Holz nachzulegen. Da er merkte, dass nicht alle seine Gäste kastilianisch sprachen, wechselte er in eine Mischung aus Latein und Französisch.
    »Es wird ein wenig eng, aber die anderen Räume sind bei solchem Wetter nicht mehr trocken.« Er seufzte. »Wir waren einst ein großes Haus mit Männern, die mit dem Schwert in der Hand die Pilger beschützten. Ihr müsst wissen, in den Wäldern hier treibt sich mancher Strauchdieb herum. Nun jedoch geht es mit uns zu Ende. Mit drei alten Rittern und ein paar Laienbrüdern harren wir hier noch aus, um euch zu dienen, die ihr zum Grab des Apostels wollt.« Traurigkeit war ihm ins Gesicht geschrieben, als er den Kopf schüttelte. »Nur Gott weiß es, ob es dieses Haus noch lange geben wird.« Er blieb beim Feuer sitzen, auch als die Pilger sich bereits auf ihre Strohlager zurückgezogen hatten. Juliana fiel sofort in tiefen Schlaf. Erst gegen Morgen waren Körper und Geist so weit erholt, dass sie zu träumen begann. Sie sah den Dekan Gerold von Hauenstein, wie er sie anlächelte und ihr Mut zusprach.
    »Du wirst es schaffen mein Kind. Ich glaube an dich.«



22
Auf staubiger Straße
    Wimpfen im Jahre des Herrn 1307
     
     
    G erold von Hauenstein mahnt zum Aufbruch. »Die Mutter wird sich sorgen, wenn ihr in die Dämmerung kommt«, sagt er und schiebt das Mädchen zur Tür. Ein wenig länger als gewöhnlich hält sie seine Hand und betrachtet sein Gesicht, so als müsse sie es sich aus irgendeinem Grund genau einprägen. Dann wendet sie sich abrupt ab und geht die Gasse hinunter. Juliana ist sich sicher, dass Tilmann noch in der Nähe des Lindenplatzes zu finden ist, dennoch geht sie hinunter zu dem Törlein, das sie ans Neckarufer bringt. Sie spaziert an der Anlegestelle der Fähre vorbei, weiter bis zu der Stelle, an der die Eichenbalken der geborstenen Brücke noch aus der Böschung ragen, bis zum Ende der Stadt, an der sich die Mauer nach Süden wendet. Hier dreht sie um und wandert langsam zurück. Der Augenblick sich zu entscheiden ist gekommen. Wenn sie Tilmann gegenübertritt, dann muss sie sich die Worte, mit denen sie ihn überzeugen kann, zurechtgelegt haben. Und dann gibt es kein Zurück mehr. Sie steht an einer Abzweigung. Der eine Weg ist breit und glatt und lockt mit Bequemlichkeit. Doch wer kann schon sagen, ob nicht hinter der nächsten Biegung bereits eine Räuberbande auf den Leichtfertigen wartet? Hat nicht auch Christus gemahnt, den dornigen Weg der Wahrheit zu wählen? Wenn er doch nur nicht so weit wäre! Juliana wiegt das Herz schwer in ihrer Brust. Sie will keinen der beiden Pfade gehen, anscheinend ist es ihr jedoch nicht gegeben, den Fluss des Lebens anzuhalten oder auch nur ein wenig zu verlangsamen.
    Sie rafft die Röcke und geht zur Kirche zurück. Tilmann sitzt auf den Stufen des Portals, springt jedoch auf, als er sie
kommen sieht, und eilt ihr entgegen. Seine Miene ist mürrisch.
    »Da seid Ihr ja endlich. Wir müssen uns eilen. Ich habe keine Lust, mir eine Strafpredigt auf mein Haupt zu laden.«
    Juliana tut überrascht. »Du bist

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