Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
mir!«
»Ich sage Euch gar nichts«, wehrte Pater Bertran kalt ab. »Aber ich warne Euch, versucht keine Spitzbüberei! Es würde Euch nicht bekommen.«
Der Bettelmönch schien belustigt und ließ die Fingerknöchel knacken. »Ach, wer sollte das verhindern? Ihr etwa? Ich glaube, Euer Sinn ist getrübt – oder nur Euer Augenlicht? Seht Euch doch an. Glaubt Ihr, dass ein Knochengestell in schwarzer Kutte mich von irgendetwas abhalten kann? Denkt noch einmal darüber nach, vielleicht wäre es für Euch gesünder, wenn Ihr mit den anderen schnell abreist.«
Der Pater ließ sich nicht beeindrucken. »Ihr werdet es nicht schaffen«, sagte er. »Ich weiß genau, worauf Ihr aus seid, doch
Ihr seid nicht der richtige Mann für diese Aufgabe. Ich habe schon viel auf meinen Reisen gesehen und gehört. Ich bin in Frankreich und Hispanien bei Hof gewesen. Also spart Euch Eure Drohungen.« Juliana hörte das vertraute Geräusch der Sandalen auf Steinpflaster, die sich rasch entfernten. Sie sank in ihr Kissen zurück. Nun hatte sie noch mehr Stoff zum Nachdenken.
Draußen war es schon dunkel, und Juliana hatte ihr Nachtmahl verzehrt, als vor dem Fenster Hufschlag erklang. Der Reiter zügelte sein Ross und schwang sich aus dem Sattel.
»Wenn das nicht unser verehrter Ritter Raymond de Crest ist«, hörte das Mädchen Pater Bertrans spöttische Stimme. »Was führt Euch hierher?«
Ohne auf die Frage einzugehen, fuhr er den Augustiner schroff an: »Ist Bruder Rupert auch hier?«
»Aber ja, der Gute geht uns nicht verloren«, säuselte der Pater. »Im Gegensatz zu André, der sich nach einer verdienten Strafpredigt bei Nacht und Nebel davongemacht hat.«
»Und Johannes?«
»Ach, unser lieber Bursche Johannes. Ja, er ist hier, irgendwo hinter diesen Mauern. Über ihn könnte ich Euch Interessantes berichten, wenn es Eure Zeit zulässt.«
»Sprecht!«
Die Männer entfernten sich, so dass Juliana nicht verstehen konnte, was der Pater zu sagen hatte, aber ein unangenehmes Prickeln, das sich in ihr ausbreitete, sagte ihr, dass es nichts Gutes bedeutete. Noch ehe sie sich darüber Gedanken machen konnte, kam Wolf herein, stellte eine Kerze auf den Tisch neben dem Bett und setzte sich zu ihr.
»Nun, wie fühlst du dich? Ich wollte vor dem Schlafengehen noch einmal nach dir schauen, und ich muss dir sagen, du siehst schon viel besser aus. Wenn mich der Schein der Flamme nicht
trügt, dann haben deine Wangen wieder Farbe bekommen. Was macht der Kopf?«
Juliana zog eine Grimasse. »Er dröhnt – allerdings nicht mehr so schlimm wie am Morgen«, fügte sie rasch hinzu.
»Das ist gut. Dann kannst du in ein paar Tagen weiterziehen. Deine Begleiter haben mir gesagt, dass sie auf dich warten wollen.«
»Wie schön«, presste sie hervor.
»Und außerdem ist ein Ritter angekommen, blond, spricht französisch, der nach dir gefragt hat. Wie heißt er denn gleich?« Wolf legte die Stirn in Falten.
»Raymond de Crest.«
»Ja, genau.« Wolf betrachtete sie. »Bist du mit ihm unterwegs? Ist er – ich meine …«
»Nein, ist er nicht«, fiel sie ihm ins Wort. »Ich bin nicht erfreut, ihn zu sehen, das kannst du mir glauben. Ich weiß nicht, was ich von ihm halten soll. Seine Worte lassen darauf schließen, dass Mutter ihn mir nachgeschickt hat, um auf mich aufzupassen, aber ich glaube ihm nicht. Er hat ganz andere Gründe – nun, das wäre jetzt zu schwierig, es dir zu erklären. Jedenfalls will ich dem Kerl nicht begegnen.«
Wolf sah sie verblüfft an. »Ich glaube, es ist Zeit, dich zu fragen, was auf Ehrenberg geschehen ist. Ich vermute, du reist dem Vater hinterher, aber warum…«
Juliana richtete sich im Bett auf. »Wolf, hast du den Ritter von Ehrenberg gesehen?«
»Deinen Vater? Ja, er kam vor zwei Tagen hier durch. Er hat mich nicht erkannt, ich ihn dagegen sofort. Er hat sich nicht verändert. Ich habe mir lange überlegt, ob ich ihn ansprechen und mich zu erkennen geben soll.«
»Und? Hast du es getan?« Sie sah ihn gespannt an. Wolf nickte. »Er hat dir sicher verziehen. Er ist aufbrausend, aber er trägt einem irgendeine Dummheit nicht jahrelang nach.«
»Es geht hier nicht um irgendeine Dummheit. Bitte sage mir, was ist zu Hause geschehen?«
Das Mädchen zögerte. »Hat der Vater es dir nicht gesagt?«
»Er sprach von einem wichtigen Auftrag, dass er in Eile sei und jeder Tag zähle. Dass er Angst habe, zu spät zu kommen.«
Nun war Juliana daran, ihr Gegenüber überrascht anzustarren. »Das hat er
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