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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Bußfahrt zu beenden, und ihn dann entscheiden lassen?« Sie sieht die Mutter flehend an. Die Edelfrau hebt hilflos die Arme und lässt sie dann kraftlos wieder fallen.
    »Ich schaffe das nicht allein. Der Kochendorfer hat Recht. Ich brauche einen Mann, der mir die Last der Verantwortung abnimmt – deinen Ehemann!«
    »Die Last?«, empört sich Juliana. »Ja, und auch die Ehre und den Besitz. Gierig streckt er seine Finger nach Ehrenberg und nach der Pfalz aus. Wollt Ihr das wirklich zulassen?«
    »Was kann ich dagegen tun?«
    »Nein sagen«, ruft das Mädchen. »Oh bitte, sagt nein, ich kann und will diesen Kerl nicht heiraten. Ihr dürft mich ihm nicht ausliefern!«
    Sabrina von Gemmingen springt von ihrem Stuhl auf. Plötzlich ist die aufrechte Haltung wieder da und die Stärke in ihrer Stimme. »Juliana, ich verbitte mir jeden Widerspruch. Ich bin deine Mutter, und ich bin für deinen Lebensweg verantwortlich. Du wirst dich fügen und meine Entscheidung in Demut annehmen.« Ihr Finger weist zur Tür. »Und nun geh zu Bett und erzürne mich nicht länger.«
    Das Mädchen starrt die Mutter fassungslos an. Wie kann sie ihr das antun? Weiß sie denn nicht, wie sehr sie Wilhelm verabscheut? Ist es ihr egal, dass sie die einzige Tochter ins Unglück reißt?
    Sie weiß, dass sie in dieser Nacht nichts mehr ausrichten
kann. Scheinbar fügsam senkt sie den Blick, entschuldigt sich für ihr unpassendes Verhalten und verlässt die Kemenate. Schlafen kann sie jetzt allerdings auch nicht. Sie braucht frische Luft! Obwohl sie nur ihr kaum knöchellanges Hemd trägt, steigt sie die Treppe hinunter und verlässt den Palas. Es ist kälter, als sie gedacht hat, doch sie will nicht wieder hinaufgehen, um einen Umhang und Schuhe zu holen. Sie will nur ein wenig durchatmen und ihr Gemüt beruhigen, bevor sie in ihre stickige Kammer zurückkehrt, die ihr heute wie ein Gefängnis vorkommt.
    Juliana sieht an sich herab. Ihr Aufzug lässt es nicht ratsam erscheinen, jemandem zu begegnen. Der Hof liegt verlassen vor ihr im Sternenlicht. Das Mädchen beschließt vorsichtshalber, im Schatten der Mauern zu bleiben. So folgt sie den sorgsam aufgeschichteten Steinquadern bis zur Treppe. Sie führt zum Wehrgang hinauf und zum Steg, der die Mauer mit dem Bergfried verbindet. Ein Käuzchen fliegt dicht über ihren Kopf hinweg und stößt seinen heiseren Schrei aus. Juliana fährt erschreckt zusammen.
    »Nur eine Eule«, flüstert sie, um ihren Herzschlag zu beruhigen. Sie lehnt sich an die kalten Mauersteine und sieht zu den Fackeln am Tor hinüber, in deren Licht die beiden Wächter sitzen. Sie versucht, nicht an ihr Gespräch mit der Mutter zu denken. Wie wahrscheinlich ist es, dass sie die Edelfrau umstimmen kann? Es ist nicht gut, Vergleiche in der Vergangenheit zu suchen!
    Juliana konzentriert sich wieder auf ihren Ausblick über den Hof zum Tor hinüber. Bewegt sich dort nicht etwas? Die Wächter scheinen nichts zu bemerken. Eine Fledermaus stößt aus der Nacht herab und durchquert im Zickzack ein paarmal den Feuerschein. Vermutlich jagt sie nach den Nachtfaltern, die um die Flamme tanzen.
    Vielleicht sollte sie in den Palas zurückkehren und ihr Bett aufsuchen. Die Nacht ist kühl, und alle Menschen – außer dem Türmer und den Wächtern – liegen in friedlichem Schlaf, wie
Gott ihn schenkt. Noch ehe Juliana ihren Schatten von der Außenwand der Schildmauer lösen kann, muss sie ihren Gedanken korrigieren. Alle? Nein, eben öffnet sich die Palastür, ein Kopf erscheint und bewegt sich langsam von der einen zur anderen Seite, dann tritt die Gestalt auf den Hof hinaus. Sie ist klein und gedrungen. Ist das Bruder Vitus, der sich zur Latrinengrube aufmacht? Nein, in seinem Gang ist kein Schwanken zu bemerken. Außerdem ist die Kammer des Paters nicht im Palas. Der Schatten bewegt sich lautlos, umsichtig, wie ein – Kämpfer? Sollte es der Wappner des Templers sein?
    Er bleibt stehen und raunt ein Wort. Einmal dreht er sich um seine Achse, fixiert für einige Augenblicke den Feuerschein am Tor und drückt sich dann näher an die Wand. Offensichtlich will er bei seinem nächtlichen Spaziergang nicht beobachtet werden.
    Das heimliche Gemach sucht er also nicht, denkt Juliana, die ihn nicht aus den Augen lässt. Langsam, um kein Geräusch zu machen, rückt sie in den Schutz der hölzernen Treppe zurück.
    Der Mann kommt näher. Wieder sieht er sich um und ruft etwas halblaut. Nun kann das Mädchen ihn verstehen: »Bruder Jean?«, raunt

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