Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
Vom Netzwerk:
blonde Raymond, zu dem es Euch zieht?«
    Abrupt blieb das Mädchen stehen und starrte ihn an. »Wie meint Ihr das?«
    »Haben nicht alle Knappen gern ein strahlendes Vorbild?«
    »Nun ja, das ist schon wahr, aber wie kommt Ihr darauf, dass ich ihn dort vorfinden könnte? Warum sollte er sich dem Pater anschließen wollen? Schließlich kennen sich die beiden nicht – und zu mögen scheinen sie sich auch nicht.«
    Bruder Rupert murmelte etwas in seinen verfilzten Bart.
    »Und außerdem sind es weder der Pater noch Ritter Raymond, die ich sehen möchte«, fuhr das Mädchen in scharfem Ton fort. »André ist der Einzige, mit dem ich meine Reise fortzusetzen wünsche, und ich hoffe sehr, dass ich ihn in San Benito finde.«
    »Das war an Deutlichkeit nicht zu übertreffen«, grunzte der Bettelmönch, folgte ihr aber dennoch über den Fluss hinüber und entlang der Stadtmauer des Barrios San Juan bis zur Portalete de los Planos, durch die sie im letzten Licht des Tages die Stadt verließen. Als sie die Pilgerherberge des von hohen Mauern umgebenen Klosterkomplexes erreichten, saßen ihre drei Begleiter bereits bei einem warmen Mahl zusammen.
    An diesem Abend war es das Ritterfräulein, das nicht zu Bett gehen mochte, obwohl auch ihre Beine vom Weg in der heißen Sonne schwer wogen und die rauchgeschwängerte Luft und der Wein ihre Sinne schläfrig stimmten. Sobald jedoch ihre Gedanken dem festen Griff ihres Willens entglitten, drängten sich die Bilder des blutigen Zwischenfalls in der Judería vor ihr inneres Auge, sie hörte die Schreie und sah die zerschlagenen Körper. Sie fürchtete sich vor dem Schlaf mit seinen Träumen. Juliana beschloss, etwas Schönes in ihrer Erinnerung zu suchen. Carl von Weinsberg huschte durch ihren Sinn, groß und stattlich, in seinem prächtigen Festgewand, und dann im weichen Lederjagdrock
auf seinem Rappen, den Falken auf der Faust. Mehr als ein Jahr lag es nun schon zurück, dass die Ritter von Kochendorf zur Falkenjagd und zum Festbankett nach Guttenberg geladen hatten.



16
Falkenbeize auf Burg Guttenberg
    Burg Ehrenberg im Jahre des Herrn 1306
     
     
    E s ist ein herrlicher Sommertag. Seit einer Woche bangt das Ritterfräulein und sieht jeder Wolke voller Misstrauen nach. Es wird doch nicht regnen? Ach, wie sehnt sie den Tag des heiligen Bonifatius herbei, an dem die große Falkenbeize auf Burg Guttenberg stattfinden wird. Die Ritter von Kochendorf laden ein, und selbst die Herren von Weinsberg, die Lehensherrn der Burg, haben mit ihren Damen ihr Kommen zugesagt. Es wird ein wundervolles Fest geben – wenn es nicht regnet.
    Am Abend vor dem Fest steht Juliana am Fenster der Kemenate und versucht zu erraten, was die rot leuchtenden Wolkenstreifen am Horizont ihr sagen könnten. Sie muss stillhalten, während die alte Kinderfrau Gerda ihr das lange, blonde Haar kämmt, um es dann wieder zu flechten und aufzudrehen. Die Mutter sitzt mit einer Näharbeit nahe der Truhe, auf der sie bereits die Lampe entzündet hat.
    »Wenn es nur nicht regnet«, seufzt das Mädchen.
    »Diesen Satz habe ich im Lauf der Woche schon viel zu oft gehört. Und wenn du es noch ein Dutzend Mal sagst, wird das den Herrn im Himmel kaum in seiner Entscheidung beeinflussen.« Die Mutter schwankt zwischen Ärger und Belustigung. Sie hält ihre Arbeit ins Licht. »Da, sieh her, ich habe dir neue Ärmel genäht.« Das Mädchen bewundert die blaue Seide, die am Saum mit feiner Silberstickerei verziert ist.
    »Möchtest du denn bei jemand Bestimmten einen bleibenden Eindruck hinterlassen?«, fragt die Mutter beiläufig, ohne die Tochter anzusehen.
    »Nein, wie kommt Ihr darauf?«, antwortet sie, obwohl sie
ganz deutlich die Gestalt des jungen Ritters Carl von Weinsberg vor Augen hat.
    »Ich dachte nur …« Sie lässt die Worte in der Kemenate verhallen, anscheinend ganz in ihre Stickerei vertieft. Eine Weile ist nur das Knistern der Haarbürste zu hören, die durch die glänzenden Locken fährt. Dann dringt das Geplärr eines Kindes in die Kemenate, dem die erhobene Stimme einer jungen Frau folgt. Das Schreien wird lauter. Die Edelfrau lässt ihre Arbeit sinken und sieht unschlüssig zur Tür.
    »Ich weiß nicht, ob ich Birgitta behalten soll. Ich habe nicht den Eindruck, dass sie gut für Johannes ist. Ich kann das gar nicht hören.« Sie erhebt sich, aber bevor sie die Tür erreicht, verstummt das Kindergeschrei. Sabrina von Gemmingen wartet noch einen Augenblick. Da es ruhig bleibt, kehrt sie zu ihrer Arbeit

Weitere Kostenlose Bücher