Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
oder waren in Sparten tätig, die absolut nichts miteinander zu tun hatten. Wer behauptet, dass sich diese Leute je getroffen haben...? Die gesamte Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts müsste neu geschrieben werden.«
    »Könnte das nicht so eine Art Weltwirtschaftsgipfel gewesen sein, so wie in Davos?«, fragte Ben. »Ein Treffen der mächtigsten Industriebosse, vielleicht als Vorläufer der Bilderberg-Konferenzen?«
    Der Historiker deutete auf eine Gestalt. »Das Foto ist wirklich perfekt getürkt. Ein wirklich übler Scherz.«
    »Wer ist das?«
    »Gerhard Lenz, ein Wissenschaftler aus Wien.« Mercandettis Stimme war hart geworden.
    Der Name kam Ben irgendwie bekannt vor, aber er wusste nicht, woher. »Was ist mit dem?«
    »Was war mit dem. Er ist in Südamerika gestorben. Dr. Gerhard Lenz, ein in jeder Hinsicht brillanter Kopf. Überflüssig zu erwähnen, dass er in Wien eine hervorragende medizinische Ausbildung genossen hat. Er war der Inbegriff wienerischer Kultur. Entschuldigen Sie bitte, ich gleite in Sarkasmus ab. Das ist eine Neigung, die einem Historiker nicht gut zu Gesicht steht. Tatsache ist, dass Lenz später Arzt in deutschen Konzentrationslagern war. Und wie sein Freund Josef Mengele war er berüchtigt für seine Experimente an verkrüppelten Kindern. Bei Kriegsende war er knapp fünfzig. Sein Sohn lebt in Wien.«

    O Gott. Gerhard Lenz war einer der furchtbarsten Barbaren des 20. Jahrhunderts gewesen. Ben wurde schwindelig. Und neben Gerhard Lenz stand ein Nazioffizier mit leuchtenden Augen - Max Hartmann.
    Mercandetti zog eine Taschenlupe aus der Jacke und betrachtete das Foto eingehend. Wahrscheinlich - so vermutete Ben - kam er bei der Archivarbeit nicht mehr ohne Vergrößerungsglas aus. Er begutachtete die gelbliche Oberfläche des Fotopapiers. Nach ein paar Minuten schüttelte er den Kopf. »Es scheint tatsächlich echt zu sein. Aber das ist unmöglich. Es kann einfach nicht sein.« Aus seiner Stimme sprach ruhige Entschlossenheit. Anscheinend wollte der Professor nicht glauben, was ihm seine Augen sagten. Sein Gesicht sah aschfahl aus, die Stimme klang jetzt gebrochen, alles Bohemienhafte war von ihm abgefallen. »Sagen Sie mir eins: Wo haben Sie das her?«

    Man trifft Vorkehrungen. Gaston Rossignol lebte: Der Tod einer derart erlauchten Figur wäre nicht unbemerkt geblieben. Doch auch nach einer weiteren Stunde Nachforschungen hatten Mercandetti und Ben nichts in der Hand.
    »Ich muss mich entschuldigen«, sagte Mercandetti resigniert. »Aber schließlich bin ich Historiker und kein Privatdetektiv. Außerdem sollte man meinen, dass Sie sich mit solchen Nachforschungen besser auskennen. Die Tricks der Finanzwelt sind Ihnen doch vertraut.«
    Mercandetti hatte Recht. Worauf er mit der Formulierung >Tricks der Finanzwelt< anspielte war das, was man >Schutz von Vermögenswerten< nannte - und damit war Ben in der Tat vertraut. Er musste nachdenken. Prominente Männer verschwinden nicht einfach; sie bauen sich juristische Schutzmauern, hinter denen sie sich verstecken können. Seinen Aufenthaltsort vor Verfolgern geheim zu halten, unterschied sich kaum von der Aufgabe, ihn vor Gläubigern oder Finanzbehörden zu verbergen. Rossignol würde sicher weiterhin im Verborgenen die Kontrolle ausüben, während er gleichzeitig den Anschein erweckte, sie abgegeben zu haben. Es ist immer schwierig, einen Mann ohne Besitz im Auge zu behalten.
    Ben erinnerte sich an einen extrem geizigen Kunden von
Hartman Capital Management, der wie ein Besessener nach immer neuen Strategien zum Schutz seiner Vermögenswerte verlangte. Mit der Zeit hatte Ben eine leidenschaftliche Abneigung gegen den Mann entwickelt, musste aber zugeben, dass ihm die während der Leidenszeit mit dem Geizkragen erworbenen Kenntnisse jetzt zugute kamen. »Gaston Rossignol hat doch sicher einen Verwandten in der Gegend«, sagte Ben zu Mercandetti. »Der Betreffende müsste zuverlässig, ihm absolut ergeben und deutlich jünger sein als er.« Bei jeder Spielart dieser Strategie bedeutete es eine unangenehme Komplikation, sollte der Pseudo-Nutznießer vor seinem großzügigen Spender ableben. Und jede Strategie war natürlich abhängig von der Diskretion des Vertragspartners.
    »Sie reden anscheinend von Yves-Alain«, sagte der Professor.
    »Wie bitte?«
    »Sie haben ihn gerade exakt beschrieben. Yves-Alain Taille, Rossignols Neffe. Dank der Stellung seiner Familie spielt er im öffentlichen Leben der Stadt eine gewisse Rolle. Eine Rolle,

Weitere Kostenlose Bücher