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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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war. Er konnte nicht mehr klar denken, und das machte ihm die größten Sorgen. Er stellte den Wagen fünf Straßen weiter ab und ließ den Schlüssel stecken. Vielleicht klaute ihn irgendein Idiot, den sie dann im Zuge der sicher schon laufenden Fahndung schnappen würden.
    Während er zurückhumpelte, starrten ihn Passanten neugierig an. Er hatte zwar den Trenchcoat über das Sakko gezogen, doch das Blut hatte inzwischen auch den Mantel durchtränkt. Durch den hohen Blutverlust fühlte er sich schwerfällig und benebelt.
    In der Taborstraße blieb er vor einem Haus stehen, in dessen Erdgeschoss sich eine Arztpraxis befand. Neben der Eingangstür hing ein Messingschild mit der Aufschrift Dr. Theodor Schreiber - Internist und Chirurg.
    Innen brannte kein Licht. Er drückte auf die Klingel, doch es rührte sich nichts. Kein Wunder, dachte Trevor: Es war acht Uhr abends, und die Sprechstunde lange vorbei. Trotzdem klingelte er weiter. Schreiber wohnte direkt hinter der kleinen Praxis, und Trevor wusste, dass es auch in der Wohnung klingelte.
    Nach fünf Minuten ging das Licht in der Praxis an, und Trevor
hörte durch den Lautsprecher die laute und übel launige Stimme Schreibers.
    »Was ist denn?«
    »Ich bin’s, Christoph. Machen Sie auf. Ein Notfall.«
    Trevor drückte gegen die summende Tür und durchquerte die kleine Lobby. Ein weiteres Summen, und er stand in der Praxis.
    Dr. Schreiber war verärgert. »Sie haben mich beim Abendessen gestört«, sagte er drohend. »Ich hoffe für Sie, dass es...« Dann sah er den blutigen Trenchcoat. »Okay, kommen Sie mit.« Der Arzt drehte sich um und ging ins Untersuchungszimmer voraus.
    Dr. Schreiber hatte eine Schwester, die seit Jahrzehnten in Dresden lebte. Bis zum Mauerfall hatte diese simple geografische Tatsache zur Folge gehabt, dass die Stasi ein Druckmittel gegen den Doktor in der Hand gehalten hatte. Er selbst war 1961 aus Ostberlin in den Westen geflüchtet.
    Allerdings hatte die Stasi ihn nie erpresst oder zur Spionagetätigkeit gezwungen - was hätte ein Arzt auch schon ausspionieren können. Ihm hatten sie eine ganz praktische Verwendung zugeordnet: Er diente der Stasi als Notarzt für ihre Agenten in Österreich. Wie in vielen anderen Ländern auch sind Ärzte in Österreich gesetzlich dazu verpflichtet, Schusswunden der Polizei zu melden. Und Dr. Schreiber erwies sich als äußerst diskret, wenn gelegentlich ein verletzter Stasi-Agent mitten in der Nacht an seiner Praxistür klingelte.
    Bevor Sigma ihn abgeworben hatte, war Trevor viele Jahre in London für die Stasi tätig gewesen. Damals war er unter dem Deckmantel des Geschäftsreisenden gelegentlich nach Wien geschickt worden und hatte dabei zweimal die Dienste Schreibers in Anspruch nehmen müssen.
    Auch wenn der Kalte Krieg und Schreibers Tage als verdeckter Helfer der DDR schon lange Geschichte waren, so war Trevor sich doch ziemlich sicher, dass der Arzt ihm helfen würde. Für seine Tätigkeit zugunsten der Stasi konnte er immer noch belangt werden, und daran hatte er sicher kein Interesse.
    Seine etwas heikle Lage hielt Schreiber jedoch keineswegs davon ab, Trevor seine Verachtung offen zu zeigen. »Da sind wir ja wieder mal haarscharf davongekommen«, sagte er höhnisch.
»Die Kugel hat sie direkt oberhalb des Herzens erwischt, ohne in den Brustraum einzudringen. Bei etwas anderem Einschusswinkel wären Sie auf der Stelle tot gewesen. Anscheinend ist die Kugel in spitzem Winkel eingetreten, ist durch die Haut, das darunter liegende Fettgewebe und den Brustmuskel gedrungen und ist genau hier unter der Achsel wieder ausgetreten. Sie müssen sich genau im richtigen Moment gedreht haben.«
    Dr. Schreiber schaute ihn über den Rand seiner Lesebrille an. Trevor sagte nichts. Dann stupste er ihn mit einer Pinzette, worauf Trevor zusammenzuckte. Der Schmerz war fast unerträglich. Der ganze Körper glühte und prickelte.
    »Um ein Haar hätte es Nerven und Blutgefäße im Bereich des Armplexus erwischt. Die Folge wäre gewesen, dass Sie ihren rechten Arm nicht mehr hätten bewegen können. Vielleicht hätten Sie ihn sogar ganz verloren.«
    »Ich bin Linkshänder«, sagte Trevor. »Außerdem können Sie sich die blutrünstigen Einzelheiten ersparen.«
    »Ja, ja«, sagte der Arzt abwesend. »Trotzdem sollten Sie das unbedingt im Krankenhaus anschauen lassen.«
    »Das kommt gar nicht infrage. Und das wissen Sie auch.« Wie ein glühender Pfeil schoss ihm der Schmerz durch den ganzen Arm.
    Der Arzt bereitete

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