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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Augen. »Strasser war ein Wissenschaftler im Dienste Hitlers. Er war kein menschliches Wesen. Aber er war ein brillanter Wissenschaftler. Er hat für die IG Farben gearbeitet, den von den Nazis kontrollierten Chemiekonzern, und war an der Entwicklung eines neuen Gases in Tablettenform beteiligt, das man Zyklon B nannte. Es wurde zuerst in den Gaskammern von Auschwitz getestet. Das Gift stieg vom Boden auf, sodass erst die kleineren Gefangenen starben, auf die dann die größeren stiegen, die so noch ein paar Sekunden länger lebten. Nach vier Minuten war alles vorbei.«
    Sonnenfeld hielt inne, sein Blick war leer. Ben hörte das Ticken einer Uhr.
    »Es wirkte sehr schnell«, sagte Sonnenfeld. »Dafür schulden wir Dr. Strasser Dank. Wussten Sie eigentlich, dass Allen Dulles, Ihr CIA-Direktor in den Fünfzigern, der Rechtsanwalt der IG Farben in Amerika war? Ja, ja, er war immer ein loyaler Vertreter der Firmeninteressen.«
    Ben hatte das zwar schon mal irgendwo gehört, fand es aber deshalb nicht weniger unglaublich.
    »Dann waren Strasser und Lenz gewissermaßen Partner«, sagte er.
    »Genau. Zwei der brillantesten und furchtbarsten Naziwissenschaftler. Lenz war seiner Zeit weit voraus. Er experimentierte mit Kindern - mit Zwillingen. Sein besonderes Interesse galt ihrem Stoffwechsel. Er ließ Kinder verhungern und beobachtete, wie sich ihr Wachstum verlangsamte, bis sie schließlich starben. Oder er ließ sie langsam erfrieren und registrierte, wie das ihren Stoffwechsel beeinflusste. Er sorgte dafür, dass er für seine Studien alle Kinder mit Progeria bekam, das ist eine schreckliche Form der vorzeitigen Vergreisung.« Er machte eine kurze Pause und fuhr dann mit bitterer Stimme fort. »Ein angenehmer Mensch, dieser Dr. Lenz. Immer in engem Kontakt mit dem Oberkommando. Als Wissenschaftler genoss er hohes Ansehen. Man hielt ihm zugute, im >hehren Dienst der Wissenschaft< zu handeln. Lenz ist übrigens wie Strasser nach Buenos Aires gegangen.
Sind Sie mal dort gewesen? Wunderschöne Stadt. Das Paris Südamerikas. Kein Wunder, dass es den Nazis da gefallen hat. Lenz ist dort auch gestorben.«
    »Und Strasser?«
    »Keine Ahnung. Lenz’ Witwe weiß wahrscheinlich, wo er sich aufhält. Aber geben Sie sich keine Mühe, aus der kriegen Sie kein Wort raus.«
    »Richtig«, sagte Ben und richtete sich auf. »Jürgen Lenz hat mir erzählt, dass seine Mutter ihren Lebensabend in Argentinien verbringt.«
    »Sie haben mit Lenz gesprochen?«
    »Ja. Sie werden ihn ja wohl kennen.«
    »Natürlich. Das war eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Ich muss gestehen, dass ich anfangs größte Bedenken hatte, von diesem Mann Geld anzunehmen. Aber ohne Zuwendungen könnte ich meine Arbeit einstellen. Hier in Österreich, einem Land, das Nazis immer gedeckt hat und dies auch heute noch tut, habe ich nie Spenden erhalten. Nicht einen Schilling. Hier ist zwanzig Jahre lang kein Nazi angeklagt worden. Hier war ich jahrelang Staatsfeind Nummer eins. Auf der Straße hat man mich angespuckt. Und das Geld von Lenz schien mir das Geld eines Mannes zu sein, der lediglich sein Gewissen beruhigen wollte. Doch nach unserem ersten Gespräch habe ich meine Meinung schnell geändert. Er setzt sich ernsthaft für die Sache ein. So ist er zum Beispiel der alleinige Finanzier der Wiener Progeria-Stiftung. Er will ehrlich Wiedergutmachung. Es wäre unfair, ihm die Gräueltaten seines Vaters vorzuhalten.«
    Sonnenfelds Worte klangen nach. Gräueltaten seines Vaters. Bizarr, dass sich Lenz und ich anscheinend in der gleichen Lage befinden.
    »Der Prophet Ezechiel erklärt: >Nie mehr sollen sie sagen, dass die Väter saure Trauben essen und den Söhnen werden die Zähne stumpf.< Und weiter: >Der Sohn soll nicht die Schuld seines Vaters tragen.< Das ist ziemlich eindeutig.«
    Ben schwieg ein paar Sekunden und sagte dann: »Sie meinen, dass Strasser vielleicht noch lebt?«
    »Vielleicht ist er auch schon tot«, erwiderte Sonnenfeld rasch. »Ich habe das nie zweifelsfrei feststellen können.«

    »Sie müssen doch eine Akte über ihn haben.«
    »Hören Sie mir doch mit den Akten auf. Was bilden Sie sich eigentlich ein? Dass Sie den Kerl aufspüren können, und er beantwortet Ihnen dann brav alle Fragen?« Ben hatte das vage Gefühl, dass Sonnenfeld ihm auswich. »Jahrelang haben mir junge Fanatiker im Nacken gesessen, die um der Rache willen eines dieser amtlich beglaubigten Monster zur Strecke bringen wollten. Ein kindisches Unterfangen, dass niemandem

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