Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
Eindruck. Hoch über ihm wölbte sich die romanische Decke. Der Boden war in wunderschönem Muster mit bunt glasierten Fliesen ausgelegt. Aus den Lautsprechern hallte der lateinische Singsang des Priesters, auf den die Gläubigen pflichtgemäß reagierten. Alle standen auf.
    Ein Uhr mittags an einem Werktag, und trotzdem war die Kirche fast halb voll. Aber schließlich war Argentinien ein katholisches Land, dachte Ben. Ab und zu klingelte ein Handy. Er schaute sich in der Kirche um und sah rechts einen kleinen Seitenaltar.

    Ein paar Bankreihen waren um einen unter Glas stehenden Tabernakel gruppiert, in dem sich eine blutige Christusfigur befand. Die Inschrift lautete HUMILIDAD Y PACIENCIA. Links davon stand eine weitere Christusstatue, ohne Behältnis, mit der Inschrift SAGRADO CORAZON EN VOS CONFIO. Ben setzte sich in die erste Reihe und wartete - wie verabredet.
    Ein Priester in vollem Ornat saß betend neben einer strohblonden jungen Frau, die Minirock und hochhackige Schuhe trug. Die Tür öffnete sich quietschend und fiel wieder zu. Kurz drang das Heulen eines Motorrads in die Kirche. Jedes Mal wandte Ben den Kopf und fragte sich, ob der Neuankömmling der war, mit dem er sich verabredet hatte. Ein Geschäftsmann mit Handy ging an ihm vorbei und wandte sich dem Altar zu. War er der Mann? Er berührte die Jesusfigur, schloss die Augen und betete. Der liturgische Singsang hob wieder an, und Ben wartete weiter.
    Er hatte Angst, riss sich aber zusammen.
    Vor ein paar Stunden hatte er eine Telefonnummer angerufen, die er in Sonnenfelds Akten gefunden hatte. Die Nummer war anscheinend früher die der Witwe Lenz gewesen.
    Sie war es immer noch. Die Frau schien es nicht nötig zu haben, sich zu verstecken.
    Abgehoben hatte allerdings ein Mann mit einer forschen, feindseligen Baritonstimme. Er sei ihr Sohn, hatte er gesagt. War er Jürgen Lenz’ leiblicher Bruder? Oder ein Halbbruder?
    Ben stellte sich als Michael Johnson vor. Er sei Nachlassanwalt in New York und habe in Buenos Aires eine riesige Hinterlassenschaft zu regeln. Nein, den Namen des Verstorbenen könne er nicht nennen. Er könne nur so viel sagen, dass einer Frau Vera Lenz eine ansehnliche Summe hinterlassen worden sei und dass er sie sprechen müsse.
    Der Sohn hatte eine Zeit lang unschlüssig geschwiegen. Ben hatte ihm noch einen kleinen, scheinbar unwichtigen Informationshappen hingeworfen, der dann den Ausschlag gab. »Ich komme gerade aus Österreich«, hatte er gesagt. Sonst nichts. Keinen Namen, nichts. Weniger war in diesem Fall mehr.
    »Warum sollte ich Ihnen trauen, ich kenne Sie nicht«, hatte der Sohn schließlich gesagt.

    »Ich Sie auch nicht«, hatte Ben trocken erwidert. »Wenn es Ihnen oder Ihrer Mutter im Moment nicht passt, dann...«
    »Nein, nein«, hatte er hastig geantwortet. Sie könnten sich natürlich treffen. In einer bestimmten Kirche, an einem bestimmten Altar, auf einer bestimmten Bank.
    Jetzt saß er hier mit dem Rücken zur Tür und drehte sich bei jedem Quietschen und jedem Motorengeräusch um.
    Eine halbe Stunde verging.
    Hatte man ihn reingelegt? Der Priester schaute ihn an und bot ihm wortlos ein paar Bienenwachskerzen an. »Nein, danke«, sagte Ben und drehte sich wieder zum Eingang um.
    Eine Gruppe Touristen trat ein. Alle hatten Kameras um den Hals und den gleichen grünen Reiseführer in der Hand. Erneut wandte sich Ben Jesus in seinem Glasbehälter zu. Plötzlich beugte sich der Priester ganz nah zu ihm vor. Er war dunkelhäutig, groß und sicher schon über fünfzig, hatte schütteres Haar und sah sehr kräftig aus.
    »Kommen Sie, Mr. Johnson.« Ein gedämpfter Bariton.
    Ben stand auf und folgte dem Priester durch das Hauptschiff, dann rechts durch eine leere Bankreihe bis zu einem schmalen Gang, der parallel zum Hauptschiff an einer Steinwand entlangführte.
    Sie standen jetzt in einer Nische vor einer kleinen, kaum erkennbaren Holztür. Der Priester öffnete sie, und sie betraten einen stockdunklen, nasskalten Raum. Der Priester riss ein Streichholz an, und das matte gelbe Licht ließ so etwas Ähnliches wie einen Umkleideraum erkennen. An einer Hakenreihe hingen verschiedene geistliche Gewänder. Einige abgenutzte Holzstühle standen an der Wand.
    Der Priester hatte eine Pistole auf ihn gerichtet.
    Ben bekam es mit der Angst zu tun.
    »Haben Sie eine Waffe bei sich?«, fragte der Priester in überraschend höflichem Tonfall. »Oder irgendwelches Elektronikspielzeug?«
    Die Angst wich Zorn. »Nur mein Handy,

Weitere Kostenlose Bücher