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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Allmählich fiel der Züricher Wahnsinn von ihm ab. Noch ein paar Stunden, dann säße er sicher im Carlton in St. Moritz.
    Wie so oft in den letzten vier Jahren, wenn er an Peter dachte, überkamen ihn Schuldgefühle, verkrampfte sich sein Magen und wurde ihm übel. Er warf sich vor, seinen Bruder allein gelassen
zu haben. In den letzten Jahren vor Peters Tod hatten sie kaum noch ein Wort miteinander gewechselt.
    Allerdings war Peter zuletzt nicht allein gewesen. Er hatte sich in eine Schweizer Medizinstudentin verliebt und war mit ihr zusammengezogen. Das hatte ihm Peter wenige Monate vor seinem Tod am Telefon erzählt.
    Getroffen hatte Ben seinen Bruder seit der Collegezeit genau zweimal. Zweimal!
    Bevor ihr Vater sie zur Collegevorbereitung auf verschiedene Privatschulen geschickt hatte, waren sie unzertrennlich gewesen. Ständig bekämpften sie sich. Sie rangen so lange miteinander, bis einer aufgab und der andere sagte: Ziemlich gut, aber nicht gut genug. Sie hassten sich, und sie liebten sich. Sie waren immer zusammen.
    Nach dem College war Peter mit dem Peace Corps nach Kenia gegangen. Auch er hatte für Hartman Capital Management kein Interesse gezeigt. Auch er hatte sein Treuhandvermögen nicht angerührt. »Was soll ich damit in Afrika?«, hatte er gesagt.
    Der Punkt war, dass Peter nicht nur etwas Sinnvolles mit seinem Leben anfing, sondern dass er auf diese Weise auch noch >Old Max< los wurde. Die beiden hatten sich nie verstanden. »Herrgott, Peter«, hatte Ben ihn angefahren. »Wenn du nichts mit ihm zu tun haben willst, dann zieh doch einfach nach Manhattan und ruf ihn nicht mehr an. Du gehst einmal die Woche mit Mutter zum Lunch, und alles ist bestens. Du brauchst dich nicht gleich in irgendeine Bambushütte zu verkriechen.«
    Es half nichts. Peter war nur noch zweimal in den USA gewesen. Das erste Mal, als man seiner Mutter eine Brust amputiert hatte, das zweite Mal, nachdem Ben ihn angerufen und ihm gesagt hatte, dass der Krebs weiterwuchere und sie nicht mehr lange zu leben habe.
    Zu der Zeit hielt sich Peter schon in der Schweiz auf. Er hatte in Kenia eine Schweizerin kennen gelernt. »Sie ist wunderschön, sie ist hochintelligent, und sie hat mich noch nicht durchschaut«, hatte Peter ihm am Telefon erzählt. »Nicht zu fassen, aber wahr.« Das war seit ihren gemeinsamen Kindertagen einer von Peters Lieblingssprüchen.
    Das Mädchen war zurückgekehrt zu ihrem Medizinstudium
nach Zürich, und Peter war ihr gefolgt. »Du machst jetzt Männchen bei einer Tussi?«, hatte Ben gespöttelt. Er war eifersüchtig. Eifersüchtig darauf, dass Peter sich verliebt hatte, und auf eine hirnrissig brüderliche Art auch darauf, dass er nicht mehr den Mittelpunkt von Peters Leben bildete.
    »Nein«, hatte Peter gesagt. »Das war nicht der einzige Grund, warum ich nach Zürich bin.« In der internationalen Ausgabe von Time Magazine hatte er einen Artikel über eine alte Frau gelesen, die den Holocaust überlebt hatte und jetzt völlig verarmt in Frankreich hauste. Sie versuchte erfolglos, von einer der großen Schweizer Banken die bescheidene Geldsumme zu bekommen, die ihr ihr Vater hinterlassen hatte, bevor er in den Lagern umgekommen war.
    Die Bank verlangte den Totenschein des Vaters.
    Sie erwiderte, dass die Nazis für die sechs Millionen ermordeten Juden keine Totenscheine ausgestellt hätten.
    Peter wollte der Frau zu dem verhelfen, was ihr zustand. Verdammt, wenn nicht ein Hartman, wer sollte diesen gierigen Schweizer Bankiers dann das Geld der alten Dame entreißen?
    Keiner war so stur wie Peter. Außer vielleicht >Old Max<.
    Ben war sich ziemlich sicher, dass Peter die Schlacht gewonnen hatte.

    Allmählich wurde er müde. Die Monotonie der Straße lullte ihn ein. Er hatte sich automatisch dem Rhythmus des Verkehrs angepasst und wurde nicht mehr so häufig überholt. Die Augenlider wurden immer schwerer.
    Lautes Hupen und aufgeblendete Scheinwerfer schreckten ihn auf. Für ein paar Sekunden musste er eingeschlafen sein. Er riss das Steuer nach rechts, und der Gegenverkehr rauschte an ihm vorbei.
    Schnell bremste er und hielt am Straßenrand. Erleichtert atmete er auf. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Der Jetlag, der immer noch nach New Yorker Zeit tickende Körper, der elend lange Tag und der Wahnsinn am Bahnhofplatz forderten ihren Tribut.
    Er konnte nicht mehr weiterfahren. St. Moritz war sicher noch Stunden entfernt. Er musste sich ein Zimmer für die Nacht suchen.

    Zwei Wagen fuhren an Ben vorbei,

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