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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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spritzte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Dann merkte sie, dass Papierhandtücher fehlten und der elektrische Handtrockner natürlich nicht funktionierte. Sie holte sich etwas Toilettenpapier aus einer der Kabinen und trocknete sich das Gesicht ab, wobei ein paar Fetzen an der Haut kleben blieben. Kritisch schaute sie in den Spiegel, registrierte die dunklen Ringe unter den Augen und zupfte sich das Toilettenpapier aus dem Gesicht. Nachdem sie ihr Make-up aufgefrischt hatte, fühlte sie sich besser. Sie trat auf den Gang hinaus, wo Arsenault auf sie wartete.
    »Er will Sie sprechen«, sagte er aufgeregt.
    Higgins hielt das Stück lederige Haut wie eine Trophäe in die Luft. Es war gelblich und etwa acht mal acht Zentimeter groß. »Ihr Glück, dass ich mir auch die Hände vorgenommen habe«, sagte er. »Der Chef des Bestattungsladens wird mir zwar die Pest an den Hals wünschen, aber er wird die Nähte schon irgendwie zukleistern können.«
    »Was ist damit?«, fragte Anna. Sie spürte, wie sich ihr Puls beschleunigte.
    »Die Rückseite der rechten Hand. Das Hautgewebe des Daumens, des abductor pollucis. Schauen Sie sich das an.«
    Sie beugte wie Arsenault den Kopf vor, konnte aber nichts erkennen. Higgins nahm die Lupe vom Untersuchungstisch und gab sie ihr. »Sehen Sie diesen purpurrot leuchtenden Fleck? Etwa einen Zentimeter lang, sieht aus wie eine Flamme.«
    »Und?«
    »Da haben Sie Ihren Einstichpunkt. Sicher keine Stelle, die sich eine Schwester oder ein Arzt aussuchen würde. Scheint, als hätten Sie, was Sie wollten.«

10. KAPITEL
    Bedford, New York

    Max Hartman saß in seinem ledernen Chefsessel in der Bibliothek. Hier, umgeben von hohen Bücherregalen, empfing er gewöhnlich Besucher. Vor ihm der riesige Mahagonischreibtisch, dessen Platte mit Leder überzogen war. Es war schon seltsam, dachte Ben, dass er sich hinter dieser Barriere sogar dann verschanzte, wenn sein eigener Sohn ihn besuchte.
    In dem Sessel mit der hohen Rückenlehne sah der einst große und kräftige alte Mann verschrumpelt, fast zwergenhaft aus. Sicher nicht der Eindruck, den er beabsichtigte. Ben setzte sich vor dem Schreibtisch auf einen Lederstuhl.
    »Bei deinem Anruf hat es so geklungen, als hättest du was mit mir zu bereden«, sagte Max.
    Seinem kultivierten Ostküstenakzent war die deutsche Herkunft kaum noch anzuhören. Als wollte er jede Spur seiner Vergangenheit tilgen, hatte der junge Max Hartman gleich nach seiner Ankunft in Amerika Sprach- und Rhetorikkurse genommen.
    Ben schaute seinem Vater forschend ins Gesicht. Du warst mir immer ein Rätsel: distanziert, furchteinflößend, unergründlich. »Ja«, sagte er.
    Ein Fremder sah nur einen großen, kahlen, mit Altersflecken besprenkelten Kopf, von dem fleischige Ohren abstanden; große wässrige Augen, die hinter den dicken Gläsern einer Hornbrille grotesk vergrößert aussahen; ein vorstehendes Kinn und permanent aufgeblasene Nasenflügel, als würde er einem üblen Geruch nachschnüffeln. Dennoch war trotz aller Altersspuren nicht zu verkennen, dass er früher einmal ein ganz ansehnlicher, wenn nicht gar ausnehmend attraktiver Mann gewesen war.
    Der alte Herr trug wie immer einen seiner Maßanzüge, die er
in der Savile Row in London schneidern ließ. Heute trug er kohlschwarz, dazu ein makellos weißes Hemd mit Monogramm auf der Brusttasche und schweren goldenen Manschettenknöpfen sowie eine blau und gold gestreifte Ripskrawatte. Es war Sonntagmorgen zehn Uhr, und Max Hartman war gekleidet wie für eine Aufsichtsratssitzung.
    Es ist schon komisch, dachte Ben, wie die eigene Geschichte die Wahrnehmung beeinflusst. Manchmal sah er seinen Vater, wie er es jetzt tat - alt und zerbrechlich; dann wieder gab es Augenblicke, da sah er ihn mit den Augen eines beschämten Kindes - mächtig und einschüchternd.
    Die Wahrheit war, dass Ben und Peter sich immer ein bisschen vor ihrem Vater gefürchtet hatten, in seiner Gegenwart immer etwas nervös gewesen waren. Max Hartman schüchterte die meisten Menschen ein, warum sollten seine eigenen Söhne da eine Ausnahme machen? Es kostete wirklich Anstrengung, Max’ Sohn zu sein, ihm mit Liebe, Verständnis und Zärtlichkeit zu begegnen. Es war, als müsste man eine komplexe fremde Sprache erlernen. Und das hatte Peter nicht gekonnt oder nicht gewollt.
    Plötzlich sah Ben das zornige Gesicht seines Bruders vor sich, als dieser ihm eröffnet hatte, was er über Max herausgefunden hatte. Und dann wurde dieses Bild von Erinnerungen an

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