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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Strangulierung hinweisen könnten.
    »Irgendwelche Schwellungen hinter den Lippen?«, fragte Anna.
    Auch den Mund hatte man zugenäht. Der Leichenbeschauer durchschnitt mit einem Skalpell die Fäden und tastete mit einem Finger, der in einem Latexhandschuh steckte, die Mundhöhle ab. Wenn man jemandem ein Kissen aufs Gesicht presste, um ihn zu ersticken, blieben normalerweise innen an den Lippen Abdrücke der Zähne zurück.
    »Nichts«, sagte Higgins.
    Dann suchten alle drei mit Lupen jeden Zentimeter der Leiche ab. Eine schwierige Arbeit bei einem alten Menschen: Die Haut ist übersät mit Druckstellen und Flecken, mit Malen und geplatzten Kapillaren, mit den Spuren und Verwachsungen des Alters.
    Sie suchten an den üblichen Stellen nach Einstichspuren: im Nacken, zwischen den Fingern und Zehen, auf den Handrücken und Fußknöcheln, hinter den Ohren. Injektionsstellen konnten sich hinter Kratzern verstecken, aber sie fanden nichts. Higgins untersuchte sogar den großen, weichen Hodensack, auf dem ein winziger Penis lag. Pathologen untersuchten sonst nur selten den Hodensack. Higgins gehörte zur gründlichen Sorte.
    Nach etwa einer Stunde Arbeit drehten sie den Körper um und nahmen sich auf gleiche Weise die Rückseite vor. Higgins machte Fotos von der Leiche. Lange Zeit wurde kein Wort gesprochen. Man hörte nur das Knistern und Krächzen trillernder Klarinetten
und schwelgerischer Geigen sowie das Brummen der Kühlanlage und anderer Maschinen. Der Formalingeruch war zwar unangenehm, dachte Anna, aber immer noch besser als Verwesungsgestank. Higgins überprüfte die Fingernägel auf Risse. Vielleicht hatte sich der Verstorbene gegen einen Angreifer gewehrt. Dann schabte er unter den Nägeln etwas Haut ab und steckte die Proben in kleine weiße Tüten.
    »Auf der Oberhaut kann ich nichts Außergewöhnliches feststellen«, sagte Higgins abschließend.
    Anna war zwar enttäuscht, aber nicht überrascht. »Gift könnte auch mit dem Essen in den Körper gelangt sein«, sagte sie.
    »Wird sich bei der toxikologischen Untersuchung zeigen«, entgegnete er.
    »Aber er hat kein Blut mehr«, sagte sie.
    »Vielleicht doch«, meinte Higgins. Wenn sie Glück hatten. Normalerweise wird bei der Leichenpräparierung im Bestattungsinstitut das Blut bis auf geringe Restmengen komplett aus der Leiche entfernt und durch Einbalsamierungsflüssigkeit ersetzt, die aus Methanol, Äthanol, Formaldehyd und Farbstoffen besteht. Diese Flüssigkeit zersetzt bestimmte Gifte, die dann nicht mehr nachzuweisen sind. Vielleicht befand sich aber noch etwas Urin in der Blase.
    Er führte den üblichen Y-förmigen Schnitt von den Schultern bis zum Becken durch, griff in den Brustraum und holte die inneren Organe heraus, um sie zu wiegen. Das war der Teil der Autopsie, den Anna besonders abstoßend fand. Dem Tod begegnete sie regelmäßig, aber sie hatte ihre Gründe gehabt, warum sie keine Pathologin geworden war.
    Arsenault war blass geworden und entschuldigte sich. Er brauche jetzt eine Tasse Kaffee.
    »Könnten Sie von Hirn, Galle, Niere, Herz etc. Proben nehmen?«, sagte sie.
    Higgins lächelte säuerlich. Was bedeutete: Wessen Job ist das hier?
    »Tschuldigung«, sagte Anna.
    »Jede Wette, dass er Arteriosklerose hatte«, sagte Higgins.
    »Sicher. In dem Alter«, nickte sie. »Ich muss mal eben telefonieren.«

    Der Münzapparat hing im Gang neben einem Automaten für heiße Getränke. Das große knallbunte Foto mit dampfendem Kaffee, Tee und Kakao auf der Vorderseite des Automaten hatte einen ekligen Stich ins Grüne und wirkte alles andere als appetitanregend. Während sie wählte, hörte sie ein kreischendes Motorengeräusch. Higgins sägte sich durch den Brustkorb.

    Sie wusste, dass Arthur Hammond früh zur Arbeit ging. Er war in Virginia Direktor eines Labors zur Bestimmung von Giftstoffen und gab außerdem an der Universität Kurse über Toxikologie. Bei der Untersuchung eines Falles waren sie sich begegnet und hatten sich vom ersten Augenblick an gemocht. Er war so scheu, dass er seinem Gegenüber nur selten in die Augen schaute, und sprach langsam und abgehackt, um nicht ins Stottern zu geraten. Aber er hatte jede Menge Humor. Seine Kenntnisse über Gifte und Giftmorde reichten zurück bis ins finstere Mittelalter. Hammond war bei weitem besser als jeder, der in den Labors der Bundesbehörden arbeitete, besser als alle Gerichtspathologen - und auf jeden Fall hilfsbereiter. Er war nicht nur ein brillanter Kopf, er hatte auch

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