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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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erschien ihr das Wort Opfer im Zusammenhang mit diesem Verbrecher etwas unpassend.
    Mehr als die Informationen, die Alan Bartlett ihr in dem Ordner mitgegeben hatte, würde sie wahrscheinlich nicht bekommen. Captain Bolgorio war nur deshalb behilflich, weil er selbst den einen oder anderen beruflichen Erfolg der Unterstützung durch amerikanische Dienststellen zu verdanken hatte. Eine Hand wäscht die andere. Bolgorio hatte dafür gesorgt, dass Prosperis Körper im Leichenschauhaus für sie bereitlag.
    Laut Bartlett war Paraguay bei Auslieferungen notorisch unkooperativ und deshalb seit Jahrzehnten ein beliebter Zufluchtsort für Kriegsverbrecher und andere international gesuchte Personen. Dafür gesorgt hatte Paraguays verhasster und korrupter Diktator und »Präsident auf Lebenszeit«, General Alfredo Stroessner. Die Hoffnung, dass sich nach seinem Sturz 1989 etwas bessern würde, hatte sich nicht erfüllt. Paraguay
blieb gegenüber Auslieferungsanträgen wie gehabt unzugänglich.
    Asunción war also für einen in die Jahre gekommenen Schurken wie Marcel Prosperi genau der richtige Wohnort. Der gebürtige Korse hatte in Marseille während des Zweiten Weltkriegs Prostitution sowie Heroin- und Waffenhandel und damit auch die Stadt selbst kontrolliert. Kurz nach dem Krieg - so die ICU-Akte - war er erst nach Italien, dann nach Spanien und schließlich nach Paraguay geflohen. Hier baute Prosperi ein südamerikanisches Vertriebsnetz auf, die so genannte »French Connection«, die das schneeweiße Heroin von Marseille aus in die Städte Nordamerikas pumpte. Prosperis Partner war der amerikanische Drogenboss und Mafioso Santo Trafficante jr., der den Großteil des Heroinhandels in die Vereinigten Staaten kontrollierte. Anna wusste, dass zu Prosperis Helfern in Paraguay einige höchst einflussreiche Beamte und Politiker gehörten. All das bedeutete, dass Prosperi ein sehr gefährlicher Mann war - sogar nach seinem Tod.
    Zur Tarnung betrieb Prosperi eine Automobilhandelskette. Seit einigen Jahren war er jedoch ans Bett gefesselt. Und seit zwei Tagen war er tot.
    Während sie sich für das Treffen mit der Witwe Prosperi zurechtmachte, dachte Anna über die Fälle Prosperi und Mailhot nach. Auf etwas würde sie wetten: Wenn bei dem Gespräch mit der Witwe oder bei der Autopsie ihres Mannes überhaupt etwas herauskam, dann vor allem, dass Proseperi keines natürlichen Todes gestorben war.
    Aber wer die Männer auch tötete: Sie verfügten über Mittel, Verbindungen und Verstand.
    Die Tatsache, dass jedes der Opfer in Alan Bartletts Sigma-Akte auftauchte, war zwar auffällig, aber was bedeutete es? Dass noch andere Zugang zu den Namen auf der Liste hatten - im Justizministerium, in der CIA, im Ausland? Gab es irgendwo eine undichte Stelle?
    Allmählich nahm eine Theorie Gestalt an. Die Mörder- es mussten mehrere stein- hatten ausreichend finanzielle Mittel und Zugang zu erstklassigen Informationsquellen. Wenn sie nicht auf eigene Faust agierten, dann waren ihre Auftraggeber reich und
mächtig. Aber was war das Motiv? Und warum handelten sie jetzt? Warum so plötzlich?
    Wieder kehrten ihre Gedanken zu der Liste zurück. Wer genau hatte sie gesehen? Bartlett hatte eine interne CIA-Untersuchung erwähnt und von der Entscheidung gesprochen, die ICU einzuschalten. Das hieß: Ermittler, Regierungsbeamte. Und der Justizminister - hatte er die Liste zu Gesicht bekommen?
    Dann gab es noch ein paar andere ins Auge springende Fragen.
    Warum hatte man versucht, die Morde wie natürliche Sterbefälle aussehen zu lassen? Warum war es wichtig, dass sie nicht als Morde identifiziert wurden?
    Und was war mit...
    Das Klingeln des Telefons riss sie aus ihren Gedanken. Das Taxi war da.
    Sie beendete ihr Make-up und ging nach unten.
    Der silberfarbene, wahrscheinlich ebenfalls gestohlene Mercedes raste durch die überfüllten Straßen Asuncións, als hätte der Fahrer noch nie vom Wert eines Menschenlebens gehört. Der Mann war gut aussehend, Ende dreißig, hatte braune Augen und kurz geschorenes Haar; seine olivfarbene Haut kontrastierte wunderbar mit dem weißen Leinenhemd. Hin und wieder schaute er sich um und versuchte Augenkontakt zu Anna aufzunehmen.
    Anna ignorierte ihn demonstrativ. Das war das Letzte, was sie jetzt brauchen konnte - einen Latin Lover, der um sie herumscharwenzelte. Als sie an einer Ampel halten mussten, winkte ein Straßenverkäufer von seinem Stand aus mit Rolex- und Cartier-Imitaten. Sie schüttelte den Kopf. An einem

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