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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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festzusetzen, hätte ja auch kein günstiges Bild abgegeben. Die feinsäuberliche Trennlinie zwischen Gut und Böse wäre verwischt worden, der Mythos von den sauberen Alliierten hätte Kratzer abbekommen. Entschuldige, dass ich nicht mehr ins Detail gehe, aber ich habe die Geschichten schon so oft gehört. Ein junger Jurist aus dem Justizministerium hatte es mal gewagt, über die Kollaboration zwischen amerikanischen Geschäftsleuten und Nazis einen Vortrag zu halten. Man hat ihn sofort entlassen. Nach dem Krieg hat man einige wenige deutsche Beamte zur Rechenschaft gezogen. In die innersten Zirkel der Industriellen der Achsenmächte ist man aber nie eingedrungen. Warum sollte man deutsche Industrielle verfolgen, die mit Hitler Geschäfte und seinen Aufstieg überhaupt erst möglich gemacht hatten, wenn sie doch jetzt so fruchtbar Handel trieben mit Amerika? Als in Nürnberg die Ankläger etwas über die Stränge schlugen und ein paar verurteilt wurden, sorgte
dein Landsmann und Hochkommissar, John J. McCloy, dafür, dass man die Urteile sofort abmilderte. Die >Exzesse< der Faschisten seien zwar bedauerlich, aber schließlich müsse man sich unter Geschäftsleuten doch behilflich sein, oder?«
    Ihre leidenschaftliche Stimme erinnerte ihn wieder an Peter. »Ich kann mir das immer noch nicht richtig vorstellen. Unternehmen aus Ländern, die gegeneinander Krieg führen, machen Geschäfte miteinander«, sagte er.
    »Die Dinge sind halt nicht immer so, wie sie scheinen. Einer von Hitlers höchsten Nachrichtenoffizieren, Reinhard Gehlen, plante schon ab 1944 seine eigene Kapitulation. Das Oberkommando wusste, woher der Wind wehte. Sie wussten, dass Hitler verrückt und seine Handlungen irrational waren. Gehlen und ein paar Gefolgsleute bereiteten einen Handel vor. Sie fotografierten alle Akten über die UdSSR auf Mikrofilm und vergruben sie. In wasserdichten Fässern auf Bergwiesen in den Alpen, keine hundertfünfzig Kilometer von hier. Dann meldeten sie sich beim American Counterintelligence Corps, der amerikanischen Spionageabwehr, und schlugen einen Deal vor. Und ihr Amerikaner habt Gehlen dann nach dem Krieg beim Aufbau eines Auslandsnachrichtendienstes unterstützt.«
    Ben schüttelte benommen den Kopf. »Sieht ganz so aus, als hättet ihr euch da ziemlich tief reingekniet und als hätte ich noch jede Menge zu lernen.« Er kippte den Rest seines Brandys.
    »Wir haben uns ziemlich eingearbeitet in die Materie. Ging nicht anders. Peter hat mal gesagt, dass die entscheidende Frage nicht lautet, wo sie sind, sondern wo sie nicht sind. Dass die Frage nicht lautet, wem wir nicht vertrauen, sondern wem wir überhaupt vertrauen könnten. Kam mir damals ziemlich paranoid vor.«
    »Inzwischen wohl nicht mehr.«
    »Nein«, sagte Liesl mit leicht zitternder Stimme. »Und jetzt richten sie ihre geballte Macht gegen dich - mit Hilfe offizieller wie inoffizieller Kanäle.« Sie zögerte. »Ich muss dir noch etwas zeigen.«
    Sie verschwand ins Schlafzimmer und kam mit einem flachen Pappkarton zurück, der etwa die Größe eines Schachbretts hatte. Auf dem groben Holztisch öffnete sie die Schachtel. Dokumente.
Ausweise in Laminatfolie. Pässe. Die Währung der modernen Bürokratie.
    »Die gehörten alle Peter«, sagte Liesl. »Was sich bei vier Jahren Versteckspiel so ansammelt.«
    Ben blätterte durch die Ausweispapiere, als wären sie Spielkarten. Drei verschiedene Namen. Alle gehörten zum gleichen Gesicht. Zu Peters Gesicht. Und - vom praktischen Standpunkt aus - auch zu seinem. »Robert Simon, Michael Johnson, John Freedman. Nicht schlecht. In Amerika gibt’s wahrscheinlich zigtausende, die so heißen. Scheint Profiarbeit zu sein - soweit ich das überhaupt beurteilen kann.«
    »Peter war Perfektionist«, sagte Liesl. »Die sind sicher makellos.«
    Ben begutachtete weiter das Ausweissortiment. Zu den Pässen gehörten passende Kreditkarten sowie passende Papiere für die jeweiligen Ehefrauen. Wollte Robert Simon mit seiner Frau Paula verreisen, so stand dem nichts im Wege. Ben war beeindruckt. Peters umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen waren geradezu zwanghaft akribisch gewesen - genützt hatten sie ihm nichts.
    »Können wir sicher sein, dass Peters Verfolger nichts von diesen Papieren hier wissen? Oder könnten die schon irgendwo registriert sein?«
    »Möglich, aber nicht wahrscheinlich.«
    »Wann war er zuletzt unter welchem Namen unterwegs?«
    Liesl schloss die Augen und konzentrierte sich. Mit erstaunlicher Genauigkeit rief

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