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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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schoss es ihm durch den Kopf. Peter hatte Recht gehabt: Einige der Namen kannte er tatsächlich. Namen von Unternehmen, die heute noch Autos, Waffen und Konsumgüter
produzierten. Namen von Industriemagnaten und Aufsichtsratsvorsitzenden riesiger Wirtschaftsimperien. Außer den Personen, die er schon auf dem Foto erkannt hatte, waren vertreten: der sagenumwobene Firmenlenker Cyrus Weston, dessen Stahlimperium sogar das des Andrew Carnegie in den Schatten gestellt hatte; Avery Henderson, der von Wirtschaftshistorikern als der wichtigste Finanzier des 20. Jahrhunderts nach John Pierpont Morgan angesehen wurde; die Direktoren der größten Automobilhersteller sowie der noch jungen Technologieunternehmen, die auf den Entwicklungsgebieten Radar, Mikrowelle und Kühltechnik führend waren - Technologien, deren ganzes wirtschaftliches Potenzial erst Jahre, ja Jahrzehnte später zum Tragen kommen sollte; die Köpfe der drei weltgrößten, in Amerika, Großbritannien und den Niederlanden beheimateten Mineralölgesellschaften; die Führer von mächtigen Medienunternehmen. Einige dieser Mammutkonzerne waren immer noch so stark und groß wie damals, einige waren in Konglomerate aufgegangen, die ungleich größer waren als die alten Firmen. Und diese Industriellen stammten aus Amerika, aus den Ländern Westeuropas und einige sogar aus dem gegen die Alliierten Krieg führenden Deutschland. Und an erster Stelle der Liste stand der Name des Finanzchefs der Organisation:
    MAX HARTMAN (OBERSTURMFÜHRER, SS)
    Bens Herz pochte wie wild. Max Hartman, ein Offizier in Hitlers SS. Wenn das eine Fälschung war, dann war sie jedenfalls gut gemacht. Er hatte schon viele Gründungsurkunden gesehen. Und dieses eine Blatt sah verdammt nach einer Seite aus so einer Urkunde aus.
    Liesl kam aus der Küche. »Hast du was gefunden?«

    Das Feuer verglomm, und es wurde allmählich kühl.
    »Sagen dir die Namen etwas?«, fragte Ben.
    »Nur die berühmten. Die von den Industriekapitänen, wie Peter sie immer genannt hat.«
    »Die meisten sind schon tot.«
    »Es gibt sicher Erben und Nachfolger.«
    »Ja«, sagte Ben. »Und die sind bestimmt bestens abgeschirmt. Hier sind noch ein paar Namen, zu denen mir nichts einfällt. Ich
bin schließlich kein Historiker.« Er zeigte auf Namen, die allesamt nicht aus englischsprachigen Ländern stammten. »Kennst du die? Und leben davon noch welche?«
    Sie seufzte. »Gaston Rossignol. Der lebt noch in Zürich, zumindest habe ich schon von ihm reden hören. Nach dem Krieg lange Jahre eine der Säulen des Schweizer Bankwesens. Gerhard Lenz. Ein Mitarbeiter von Josef Mengele, der im KZ die furchtbaren medizinischen Experimente an Gefangenen durchgeführt hat. Ein Monster. Der ist schon vor vielen Jahren irgendwo in Südamerika gestorben. Und dann natürlich...« Sie hörte auf zu sprechen.
    »Peter hatte Recht«, sagte Ben.
    »Mit eurem Vater?«
    »Ja.«
    »Schon komisch«, meinte sie. »Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, sagt man bei uns. Du und Peter, ihr seht euch so ähnlich. Und wenn ich mir Max Hartman als jungen Mann anschaue, dann sehe ich euch beide. Und doch seid ihr so verschieden von ihm. Na ja, Äußerlichkeiten sind eben trügerisch.«
    »Er ist durch und durch böse.«
    Sie schaute ihn an. Ben wusste nicht, ob das Kummer oder Mitleid in ihrem Blick war oder mehr. »Du hast deinem Bruder noch nie so ähnlich gesehen wie in diesem Augenblick«, sagte sie.
    »Wie meinst du das?«
    »Du siehst aus wie ein Getriebener. In den letzten Monaten hatte er genau den gleichen Blick.« Sie schloss die Augen und verkniff sich die Tränen. Dann murmelte sie: »Ich mach dir jetzt dein Bett. Du kannst auf der Schlafcouch in Peters Arbeitszimmer schlafen.«
    »Lass nur«, sagte Ben. »Das mache ich schon.«
    »Ich hol dir noch eben die Bettwäsche. Und dann muss ich mich hinlegen. Ich bin todmüde. Und dann der Wein, ich hab noch nie viel vertragen.«
    »Du hast in letzter Zeit ganz schön was durchgemacht«, sagte er. »Wir beide.«
    Er faltete die Urkunde vorsichtig zusammen und steckte sie zu Peters Papieren in die Innentasche seiner Lederjacke. Dann wünschte er gute Nacht, ging in Peters Zimmer und zog sich aus.
Binnen Sekunden fiel er in einen tiefen, fast bewusstlosen Schlaf. Er und sein Bruder waren mit anderen Menschen in einem Güterwagen zusammengepfercht. Es war unerträglich heiß. Und es stank; seit Tagen hatte sich keiner der Gefangenen gewaschen. Es war so eng, dass er sich nicht bewegen konnte und

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