Das silberne Schiff - [Roman]
sich davon erholt hatte.
»Kayleen!«, schrie ich.
Paloma griff meinen Arm und sah mich an. Sie wollte wissen, was geschehen war. Ich legte vorsichtig meine Hand auf ihren Mund, holte tief Luft und sammelte mich. Tom trat hinter sie, umschloss sie mit seinen langen Armen. Sein rundes Gesicht drückte tiefe Besorgnis aus.
Ich hatte keine Zeit für die beiden, nur für sie. »Kayleen, halte Distanz. Steig aus, wenn es nicht anders geht.«
»Er ist tot. Sie sind alle tot.«
Vor wenigen Stunden waren sie noch mit uns in der Höhle gewesen, hatten sich vorbereitet und gelacht.
Stille. Ich suchte nach einer anderen Möglichkeit, wie ich sie ablenken konnte. »Such Akashi, Kayleen.« Akashi konnte uns hören. Er musste wissen, was geschah. Nicht dass er von seiner Position aus irgendwie helfen konnte. Aber ich wollte wissen, ob bei ihm alles in Ordnung war. »Akashi«, flüsterte ich.
Er antwortete. »Kümmere dich um Kayleen. Wir kümmern uns um uns selbst.«
»Kayleen«, flüsterte ich und stellte mir vor, wie nur der alte Hunter bei ihr war. Hunter war weise und stark, aber dies war nicht sein Gebiet. Damit kannte er sich nicht aus. »Kayleen, was passiert mit den anderen?«
»Ich … ich … sie sind alle tot.«
»Alle?«, fragte ich nach. »Oder nur Stile und seine Gruppe?«
»S… Stile. Stile ist tot.«
»Dann rette die anderen. Schau, was mit ihnen los ist.« Joseph hatte die Netze nach dem Beben monatelang gemieden, als hätte er die Schuld an der Steinlawine gehabt. Er hatte es nicht verkraftet, die Todesschreie unserer Eltern zu hören und ihnen nicht helfen zu können. »Kayleen, benutze vorläufig nur den Ohrempfänger. Sei genauso blind wie ich.«
»Ich … ich kann nicht.«
»Doch, du kannst es.« Ich wollte ihr Gesicht streicheln, sie in den Armen halten. Wir drei mussten überleben, mussten stark sein – schon um unserer Babys willen.
Akashi flüsterte in meinem Ohr. »Wir stellen jetzt die erste Falle auf. In Kürze werden wir sehr viel Lärm machen.«
Seine Stimme zu hören ließ mich vor Erleichterung innerlich aufseufzen.
Tom und Paloma hatten mein über Ohrempfänger geführtes Gespräch nicht mithören können. Ich riss mir das Gerät vom Kopf und blickte Paloma in die Augen, um ihre ganze Aufmerksamkeit zu haben. »Erinnerst du dich, was mit Joseph passierte, als unsere Eltern starben?«
Sie nickte. Tom verzog das Gesicht.
»Stile ist etwas zugestoßen. Vielleicht sogar allen, die bei ihm waren. Ich weiß nicht, was es war. Kayleen sagt, er sei tot. Akashi geht es gut. Liam schweigt, aber er scheint keine Probleme zu haben. Von Ruth habe ich seit kurzer Zeit nichts mehr gehört.« Kayleen hatte Schwierigkeiten. Tom sollte diese ganze verdammte Kolonie führen, und nun musste ich es von hier aus tun. Wut kroch an meinem Rückgrat empor und zwang mich zur Klarheit. Ich hielt ihm den Ohrempfänger hin. »Übernimm du. Mach weiter. Ich werde zu Kayleen gehen.«
Tom sah mich blinzelnd an, während der Ohrempfänger in seiner Hand lag wie ein kleiner schwarzer Käfer mit einem langen dünnen Schwanz.
Andere konnten Liam helfen. »Ich gehe zu Kayleen. Sie braucht mich.«
Tom schloss die Finger um den Ohrempfänger und blickte auf Artistos hinab. Von mindestens einer Stelle stieg jetzt Rauch auf. Wahrscheinlich waren wir es. Wir hatten entschieden, dass wir sie vielleicht aus der Stadt vertreiben konnten, wenn wir sie in Brand setzten. Ein helles Quäken drang aus dem Ohrempfänger. Ruths Stimme, aber ihre Worte waren nicht zu verstehen.
Sie gehörte zum Kriegsrat, genauso wie wir. Ich zog das Gerät zwischen Toms starren Fingern hervor und steckte es mir ins Ohr. »Das habe ich nicht verstanden. Alles in Ordnung bei euch?«
Schwerer Atem unterstrich ihre Worte. »Einige Verwundete. Drei Tote. Ich sehe niemanden mehr.«
Sie musste alles über den Ohrempfänger mitgehört haben. »Ich werde zu Kayleen gehen«, wiederholte ich.
»Wenn du bei ihr eingetroffen bist, wird hier schon alles vorbei sein.«
»Dann braucht sie mich ganz besonders.«
Akashis Stimme. »Gute Reise.«
»Danke.« Ich nahm den Ohrempfänger wieder ab und drückte ihn Tom in die Hand. Ich wartete nicht einmal ab, um mich zu vergewissern, dass er ihn aufsetzte. Sie würden schon von selbst darauf kommen. Ich packte Paloma an den Schultern. »Ich werde ihr helfen, wenn ich kann.«
Kapitel 47
Die Rettung
Ich wartete nur noch Palomas Nicken ab, bevor ich zu Tiger rannte. Sobald ich aufgestiegen war, drehte Tiger
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