Das silberne Schiff - [Roman]
Chelo nicht mehr an meiner Seite, um den Kontakt zur physischen Welt aufrechtzuerhalten.
Ich folgte unterschiedlichen Datensträngen und ignorierte vorläufig die Bilder. Daten über das Schiff. Links zu finanziellen Unterlagen. Wahrscheinlich nützlich, aber mir fehlte der Kontext, um etwas davon zu verstehen. Dann fand ich etwas wirklich sehr Persönliches – das Tagebuch meines Vaters.
Einige Tage vor der Landung war ihnen klar geworden, dass der Planet bereits besiedelt war. Er beschrieb, wie sie die Weltenreise im lautlosen Orbit um Fremont entdeckten, das gestrandete Schiff der Kolonisten. Und dann, am Tag der Landung:
Die Katastrophe. Jenna hat eine Expedition geleitet, die den Kontakt zu ihnen herstellen sollte, und sie sagt, sie hätten einen viel älteren Anspruch als wir. Nach Ansicht der Siedler ist er gültig. Sie sind einfach und schwach geblieben und bezeichnen sich als ursprüngliche Menschen, die versuchen, ihre Originalgene zu behalten. Oder das, was noch davon übrig ist. Jenna sagte zu Marissa, es gefällt ihnen überhaupt nicht, dass wir hier sind.
Ich stellte mir vor, wie sie landeten, wie Jenna noch unversehrt war. Vielleicht war sie hübsch und größer gewesen, bevor ihr in der letzten Schlacht des Krieges ein Arm aus dem Schultergelenk und ein Auge aus dem Gesicht gerissen wurden. Vielleicht hatte sie oft und gern gelacht.
Ich überflog die nächsten Einträge. In den folgenden Wochen machte er keine detaillierten Angaben, sondern erwähnte nur kurz die Besuche. Anscheinend waren er und Mutter zu Anfang an Bord geblieben. Dann frustrierte ihn immer mehr, dass es keine Fortschritte gab und ihr Anführer entschieden hatte, die illegalen Siedler bei Laune zu halten. Man wollte sie mit Worten überzeugen. Ich suchte weiter nach Einträgen kurz vor Kriegsbeginn, nach Informationen über uns.
An einer Stelle verkündete er:
Dies ist unsere Heimat, unser Traum. Dafür haben wir Opfer gebracht und unseren Anspruch redlich verdient. Sie haben keine Rechte außer der Tatsache, dass sie existieren. Wir können sie nicht dafür töten, dass sie existieren, aber sie müssen unser Recht, hier zu sein, respektieren. Marissa ist völlig außer sich. Einer ihrer Anführer, Hunter, sagte, wir könnten bleiben, wenn wir bereit sind, unsere Genmodifikationen aufzugeben. Als könnten wir uns selbst aufgeben! Wenn wir jemals genügend Waren zurückschicken können, um unseren Anspruch zu bekräftigen, müssten wir jetzt damit anfangen. Es dauert fünfzehn Jahre, um ein Schiff nach Hause zu bringen, und wir verschwenden die ersten damit, auf langsame Menschen einzureden, die nicht bereit sind, ihr gesamtes Potenzial zu verwirklichen.
Das war einer der letzten Einträge. Das Schiffslogbuch legte den Schluss nahe, dass er und Mutter die Neue Schöpfung kurz danach verlassen hatten. Anscheinend hatte er sein Tagebuch nicht mitgenommen. Drei Wochen später ging der Krieg los. Ich wusste, dass sie zurückgekommen waren, aber offenbar hatte er danach keine Tagebucheinträge mehr vorgenommen. Es gab nicht einmal einen Hinweis auf Chelos oder meine Geburt.
Aber er hatte mir einen Hinweis und eine seltsame Hoffnung gegeben. Wenn die Fernfahrt genauso lange für einen Flug brauchte wie ihr Schwesterschiff, die Neue Schöpfung , war die Fernfahrt vielleicht gar nicht besiegt worden. Womöglich war sie abgeflogen, um unsere Ansprüche zu untermauern.
Ich löste mich aus dem Netz und ließ mich frei treiben, um eine tiefere Verbindung mit den Datenströmen der Neuen Schöpfung einzugehen. Es fühlte sich an, als würde ich selbst zwischen den Sternen fliegen, als wären ich und das Schiff kaum noch voneinander unterscheidbar.
Sternenzähler teilte mir mit, dass Jennas Weckvorgang begonnen hatte. Ich konnte ihr nicht verheimlichen, dass ich früher aufgewacht war, also machte ich mir deswegen keine Sorgen. Ich spielte mit der Idee, im Aufwachraum auf sie zu warten.
Jenna war eine Kämpferin, ein Raubtier mit schnellen Reflexen. Sie zu überraschen war also vermutlich keine gute Idee. Deshalb wählte ich den Weg des geringsten Widerstands und hinterließ ihr eine Nachricht, dass ich in der Kommandozentrale auf sie wartete. Ich stellte ihr ein Glas Wasser hin, suchte mir einen Platz an der Seite aus und betrachtete das Bild von Silberheim auf dem Wandbildschirm.
Schließlich kam sie herein, nachdem sie die Tür mit einem Arm geöffnet hatte. Ihr kurzes graues Haar stand wirr vom Kopf ab und betonte ihr verwüstetes
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