Das Silmarillion
und Maedhros aber schliefen nicht, und während andere die verstreuten Haufen der Orks jagten, die durch Beleriand schweiften und viel Unheil stifteten, überraschten sie das Hauptheer von zwei Seiten, als es eben Dorthonion angriff; und sie besiegten Morgoths Diener, jagten sie über die Ebene von Ard-galen und vernichteten sie bis auf den letzten Mann, in Sichtweite der Tore von Angband. Das war die dritte große Schlacht der Kriege von Beleriand, und sie wurde Dagor Aglareb genannt, die Ruhmreiche Schlacht.
Ein Sieg war es und doch eine Warnung; und die Prinzen bedachten dies wohl und schlossen hernach ihre Grenzen noch dichter, verstärkten und ordneten ihre Wachen und legten eine Belagerung um Angband, die fast vierhundert Sonnenjahre lang dauerte. Für lange Zeit nach der DagorAglareb wagte sich kein Diener Morgoths mehr aus den Toren, aus Furcht vor den Fürsten der Noldor; und Fingolfin prahlte, nie wieder könne Morgoth, es sei denn durch Verrat unter den Eldar selbst, aus ihrem Sperrgürtel ausbrechen oder sie unversehens überfallen. Doch konnten die Noldor weder Angband einnehmen noch die Silmaril zurückgewinnen; und der Krieg kam während der ganzen Zeit der Belagerung nie ganz zur Ruhe, denn Morgoth heckte neues Unheil aus, und dann und wann stellte er seine Feinde auf die Probe. Auch konnte Morgoths Festung nie ganz eingeschlossen werden, denn die Eisenberge, aus deren großem, gebogenen Wall die Türme von Thangorodrim vorsprangen, schützten sie von beiden Seiten, und wegen ihres Schnees und Eises waren sie unüberschreitbar für die Noldor. In seinem Rücken und nach Norden zu hatte also Morgoth keine Feinde, und in dieser Richtung zogen bisweilen seine Späher aus und gelangten dann auf Umwegen nach Beleriand. Und da er vor allem Furcht und Zwietracht unter den Eldar säen wollte, befahl er den Orks, jeden, den sie fangen konnten, lebendig und in Fesseln nach Angband zu bringen; und manche ängstigte er so mit der Folter seines Blicks, dass sie auch ohne Fesseln in steter Furcht vor ihm lebten und ihm zu Willen waren, wo immer sie sich aufhielten. So erfuhr Morgoth von all dem, was seit Feanors Aufruhr geschehen war, und er frohlockte, sah er darin doch den Samen zu mancherlei Zwist unter seinen Feinden.
Als nahezu hundert Jahre seit der Dagor Aglareb vergangen waren, versuchte Morgoth, Fingolfin unversehens zu überfallen (denn Maedhros’ Wachsamkeit kannte er); und er schickte ein Heer in den weißen Norden, das sich dann nach Westen und zuletzt nach Süden wandte und die Küste entlang zum Fjord von Drengist zog, auf demselben Weg, auf dem Fingolfin vom Malm-Eis gekommen war. So gedachten sie von Westen her nach Hithlum einzufallen; doch wurden sie beizeiten ausgekundschaftet, und Fingon überraschte sie zwischen den Bergen am Ende des Fjords, und die meisten der Orks wurden ins Meer gejagt. Diese Schlacht wurde nicht zu den großen gerechnet, denn die Orks waren nicht stark an Zahl, und nur ein Teil der Männer von Hithlum kämpfte dort. Hernach aber herrschte für viele Jahre Ruhe, und kein offener Angriff kam mehr aus Angband, denn Morgoth sah nun ein, dass die Orks ohne andere Hilfe den Noldor nicht gewachsen waren; und in seinem Herzen sann er auf neue Wege.
Abermals hundert Jahre später stieg Glaurung, der erste der Urulóki, der Feuerdrachen des Nordens, des Nachts aus den Toren von Angband. Er war noch jung und kaum zur Hälfte ausgewachsen, denn lang und langsam ist das Leben der Drachen, doch die Elben flohen entsetzt vor ihm in die Ered Wethrin und nach Dorthonion, und er verwüstete die Felder von Ard-galen. Da zog Fingon, Prinz von Hithlum, mit berittenen Bogenschützen gegen ihn aus und umringte ihn mit schnellen Reitern; und Glaurung konnte ihre Pfeile nicht ertragen, war doch sein Panzer noch nicht ganz geschlossen; und so floh er nach Angband zurück und kam viele Jahre lang nicht mehr hervor. Fingon erwarb hohen Ruhm, und die Noldor waren froh, denn nur wenige erkannten im Voraus die ganze Bedeutung und Gefahr dieses neuen Dings. Morgoth war verdrossen, dass Glaurung sich voreilig hatte sehen lassen; und nach dieser Niederlage gab es den langen Frieden, der fast zweihundert Jahre währte. In der ganzen Zeit gab es nur noch Scharmützel an den Grenzen, und ganz Beleriand blühte und wurde reich. Hinter der Wache ihrerHeere im Norden bauten die Noldor ihre Paläste und Türme, und viele schöne Dinge schufen sie in jenen Tagen, Gedichte und Geschichten und Bücher von
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