Das Silmarillion
Wissenschaft. In vielen Teilen des Landes verschmolzen Noldor und Sindar zu einem Volke und sprachen die gleiche Sprache; der Unterschied allerdings blieb zwischen ihnen, dass die Noldor über die größeren Geistes- und Leibeskräfte geboten und die mächtigeren Krieger und Gelehrten waren; und sie bauten mit Stein und liebten die Berghänge und die offenen Lande. Die Sindar dagegen hatten die schöneren Stimmen und verstanden sich besser auf die Musik, ausgenommen allein Maglor, Feanors Sohn, und sie liebten die Wälder und die Flussufer; und manche Grauelben wanderten immer noch nach Belieben umher, ohne feste Heimstätte, und sie sangen auf ihrem Weg.
KAPITEL XIV
VON BELERIAND UND SEINEN REICHEN
H ier wird berichtet, wie die Länder, in welche die Noldor kamen, in den nördlichen Westgebieten von Mittelerde, in alten Zeiten aussahen; und hier wird auch gesagt, wie sich die Häupter der Eldar nach der Dagor Aglareb, der dritten Schlacht in den Kriegen von Beleriand, in die Länder teilten und den Sperrgürtel um Morgoth legten.
Im Norden der Welt hatte Melkor in früheren Altern die Ered Engrin aufgerichtet, die Eisenberge, als Schutzwehr für seine Burg Utumno; sie standen an den Grenzen zu den Regionen des Ewigen Eises, in einer großen Biegung von Osten nach Westen verlaufend. Hinter den Wällen der Ered Engrin im Westen, wo sie nach Norden abbogen, baute Melkor eine zweite Festung zum Schutz gegen einen Angriff, der aus Valinor käme; und als er nach Mittelerde zurückkehrte, da nahm er, wie erzählt wurde, seinen Sitz in den bodenlosen Verliesen von Angband, der Eisenhölle, denn während des Kriegs der Mächte, in der Eile ihres Bemühens, Melkor in seiner großen Festung Utumno zu überwältigen, hatten die Valar Angband nicht von Grund auf zerstört und nicht alle seine tiefsten Höhlen durchsucht. Unter den Ered Engrin grub er nun einen großen Tunnel, mit dem Ausgangsüdlich der Berge, und dort baute er ein gewaltiges Tor. Über dem Tor aber und dahinter, auf gleicher Höhe mit den Bergen, stapelte er die Donnertürme von Thangorodrim auf, aus der Asche und Schlacke seiner unterirdischen Öfen und den Schuttmasssen von seinen Grabungen. Sie waren schwarz und kahl und stiegen über alles Maß hoch; und aus ihren Spitzen quoll schwarzer, stinkender Rauch in den nördlichen Himmel. Viele Meilen weit nach Süden zog sich vor den Toren von Angband eine Dreckwüste über die weite Ebene von Ard-galen; doch nach dem Aufgang der Sonne spross dichtes Gras dort auf, und solange Angband belagert wurde und seine Tore geschlossen blieben, wuchs Grünzeug sogar zwischen den Gruben und zertrümmerten Felsen vor den Pforten der Hölle.
Westlich von Thangorodrim lag Hísilóme, das Land des Nebels, denn so nannten es die Noldor in ihrer Sprache, wegen der Wolken, die Morgoth dorthin getrieben hatte, als sie ihr erstes Lager aufschlugen; Hithlum wurde daraus in der Sprache der Sindar, die in diesen Gebieten lebten. Es war ein schönes Land, solange die Belagerung von Angband währte, obgleich die Luft dort kühl und der Winter hart war. Im Westen begrenzten es die Ered Lómin, das Echogebirge, das sich nahe am Meer entlangzog, im Osten und Süden die große Biegung der Ered Wethrin, der Schattenberge, von denen man über Ard-galen und das Tal des Sirion hinblickte.
Fingolfin und Fingon, sein Sohn, regierten Hithlum, und der größte Teil von Fingolfins Volk wohnte in Mithrim an den Ufern des großen Sees; Fingon war Dor-lómin zugefallen, das westlich des Gebirges von Mithrim lag. Ihre größte Festung aber stand bei Eithel Sirion, im Osten der Ered Wethrin; von hier aus hielten sie Wache über Ard-galen, und ihre Reiterei durchstreifte die Ebene bis zu den Schatten vonThangorodrim, denn ihre Pferde, deren zuerst nur wenige gewesen waren, hatten sich rasch vermehrt, und das Gras von Ard-galen war fett und grün. Viele dieser Pferde stammten von Tieren aus Valinor ab; Maedhros hatte sie Fingolfin zum Ausgleich für seine Verluste gegeben, denn sie waren zu Schiff nach Losgar gebracht worden.
Westlich von Dor-lómin, jenseits des Echogebirges, das sich südlich des Fjords von Drengist ins Binnenland hineinzieht, lag Nevrast, was in der Sprache der Sindar die Hinnenküste bedeutet. Diesen Namen trugen zuerst alle Küstengebiete südlich des Fjordes, später aber nur noch das Land, dessen Küstenstreifen zwischen Drengist und dem Tarasberg lag. Dies war viele Jahre lang das Reich Turgons des Klugen, Fingolfins Sohn;
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