Das Silmarillion
der Westseite dieser Schlucht, wo der kurze, schäumende Ringwil von Hoch-Faroth herab in den Narog stürzte, erbaute Finrod Nargothrond. Rund fünfundzwanzig Meilen östlich der Narog-Schlucht aber stürzte der Sirion von Norden in einem mächtigen Fall von den Seen herab und verschwand dann plötzlich unter der Erde, in großen Tunnels, die das Gewicht seiner herniederbrechenden Wasser gegraben hatte, und drei Meilen weiter südlich kam er mit viel Lärm und Dampf wieder aus den Felsgewölben am Fuß der Hügel hervor, die man die Pforten des Sirion nannte.
Diese trennende Hügelkette wurde Andram, der lange Wall, genannt, von Nargothrond bis Ramdal in Ost-Beleriand, wo sie endete. Doch nach Osten zu wurde die Kette flacher, denn das Tal des Gelion fiel gleichmäßig nach Süden hin ab, und der Gelion hatte auf seinem ganzen Lauf weder Fälle noch Schnellen, obwohl er rascher dahinströmte als der Sirion. Zwischen Ramdal und dem Gelion stand ein vereinzelter Berg von großer Ausdehnung und mit sanft ansteigenden Hängen; doch schien er größer, als er war, denn er standallein; und dieser Berg wurde Amon Ereb genannt. Auf dem Amon Ereb fiel Denethor, der Fürst der Nandor, die in Ossiriand wohnten und Thingol gegen Morgoth zu Hilfe geeilt waren, in den Tagen, als die Orkheere zum ersten Male vordrangen und den sternbeschienenen Frieden von Beleriand störten; und auf diesem Berg war Maedhros’ Sitz nach der großen Niederlage. Südlich des Andram aber, zwischen Sirion und Gelion, lag ein wildes Land mit dichten Wäldern, das niemand betrat, bis auf ein paar wandernde Dunkelelben hier und da; Taur-im-Duinath wurde es genannt, der Wald zwischen den Strömen.
Der Gelion war ein großer Strom, und er entsprang in zwei Quellen und hatte zuerst zwei Arme, den Kleinen Gelion, der vom Berg von Himring floss, und den Großen Gelion, der vom Berg Rerir kam. Von der Vereinigung der beiden Arme an floss er vierzig Meilen weit nach Süden, ehe er seine Nebenflüsse aufnahm, und bis zu seiner Mündung in die See war er doppelt so lang wie der Sirion, doch weniger breit und wasserreich, denn mehr Regen fiel in Hithlum und Dorthonion, wo der Sirion sich speiste, als im Osten. Von den Ered Luin herab kamen die sechs Zuflüsse des Gelion: Ascar (der später Rathlóriel genannt wurde), Thalos, Legolin, Brilthor, Duilwen und Adurant, schnelle und wilde Flüsse, da sie steil von den Bergen herabfielen. Und zwischen dem Ascar im Norden und dem Adurant im Süden und zwischen Gelion und Ered Luin lag das ferne grüne Land von Ossiriand, das Land der Sieben Flüsse. Der Adurant nun, an einer Stelle etwa in der Mitte seines Laufes, teilte und vereinigte sich wieder, und die Insel, die seine Wasser umschlossen, hieß Tol Galen, die Grüne Insel. Hier wohnten Beren und Lúthien nach ihrer Rückkehr.
In Ossiriand lebten die Grünelben, geschützt von ihren Flüssen, denn nach dem Sirion liebte Ulmo den Gelion am meisten von allen Wassern der westlichen Welt. So waldversteckt lebten die Elben von Ossiriand, dass ein Fremder ihr Land vom einen Ende zum andern durchschreiten mochte, ohne einen Einzigen von ihnen zu Gesicht zu bekommen. Im Frühling und Sommer gingen sie in Grün gekleidet, und den Klang ihrer Gesänge konnte man bis über die Wasser des Gelion hören; weshalb die Noldor dieses Land Lindon nannten, das Land der Musik, und die Berge dahinter nannten sie Ered Lindon, denn sie hatten sie zuerst von Ossiriand aus erblickt.
Am offensten für Angreifer waren die Marken von Beleriand östlich von Dorthonion, denn nur Hügel von geringer Höhe schützten das Tal des Gelion nach Norden zu. In dieser Gegend, in Maedhros’ Mark und den Ländern dahinter, wohnten Feanors Söhne mit zahlreichem Volk, und oft kamen ihre Reiter über die große nördliche Ebene, das weite, leere Lothlann, östlich von Ard-galen, damit Morgoth keine Ausfälle nach Ost-Beleriand unternehmen könne. Maedhros’ größte Burg lag auf dem Berg von Himring, dem Ewig-Kalten, einem breitschultrigen, baumlosen Berg mit flachem Gipfel, umgeben von vielen kleineren Bergen. Zwischen Himring und Dorthonion verlief ein Pass, der äußerst steil war auf der Westseite, und das war der Aglon-Pass, ein Tor nach Doriath; und stets pfiff ein kalter Wind von Norden hindurch. Celegorm und Curufin aber hatten den Aglon befestigt und hielten ihn mit einer großen Streitmacht besetzt, und dazu im Süden das ganze Land von Himlad, zwischen dem Aros, der in Dorthonion entsprang, und
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