Das Silmarillion
seinem Zufluss, dem Celon, der vom Himring her kam.
Zwischen den Quellflüssen des Gelion war der Bezirk Maglors, und hier hörten die Hügel an einer Stelle ganz auf; hier war es, wo die Orks vor der Dritten Schlacht nach Ost-Beleriand durchbrachen. Die Noldor hielten daher an dieser Stelle eine starke Reiterei in der Ebene bereit, und Caranthirs Volk befestigte die Berge östlich von Maglors Lücke. Hier sprangen der Rerir und viele andere Gipfel von geringerer Höhe aus der Hauptkette der Ered Lindon nach Westen vor; und im Winkel zwischen dem Rerir und den Ered Lindon lag ein See, auf allen Seiten außer im Süden von Bergen überschattet. Dies war der tiefe, dunkle Helevorn-See, und an seinem Ufer wohnte Caranthir; das ganze große Land aber zwischen dem Gelion und dem Gebirge und zwischen Rerir und Ascar nannten die Noldor Thargelion, was heißt: das Land jenseits des Gelion, oder auch Dor Caranthir, das Land Caranthirs; und hier war es, wo die Noldor zuerst den Zwergen begegneten. Bei den Grauelben aber hatte Thargelion früher Talath Rhúnen, das Osttal, geheißen.
So waren also Feanors Söhne unter Maedhros’ Führung die Herren von Ost-Beleriand; ihr Volk aber wohnte zu jener Zeit meist im Norden des Landes, und nach Süden ritt man nur, um in den Laubwäldern zu jagen. Dort aber saßen Amrod und Amras, die selten nach Norden kamen, solange die Belagerung dauerte; und dorthin ritten bisweilen auch andere der Elbenfürsten, sogar von weit her, denn das Land war wild und sehr schön. Am häufigsten kam Finrod Felagund, denn er reiste gern und kam sogar bis nach Ossiriand und wurde Freund mit den Grünelben. Keiner der Noldor aber überschritt jemals die Ered Lindon, solange ihr Reich dauerte, und nur selten und spät kam Kunde nach Beleriand von dem, was in den Gebieten des Ostens geschah.
KAPITEL XV
VON DEN NOLDOR IN BELERIAND
E rzählt wurde, wie Turgon aus Nevrast dank Ulmos Führung das versteckte Tal von Tumladen fand. Es lag (wie später bekannt wurde) östlich des oberen Sirion und war von einem Ring hoher und steiler Berge umgeben, und kein Lebewesen kam dorthin, bis auf Thorondors Adler. Tief unter den Bergen hindurch führte ein Weg, den die Wasser, die dem Sirion zuströmten, im Dunkel der Welt gebahnt hatten; und diesen Weg fand Turgon und kam so auf die grüne Ebene zwischen den Bergen, und er sah den Hügel, der dort stand wie eine Insel aus hartem, glattem Stein; das Tal nämlich war in alten Zeiten ein See gewesen. Da erkannte Turgon, dass er den Platz gefunden hatte, den er suchte, und er beschloss, eine schöne Stadt dort zu bauen, ein Andenken an Tirion auf dem Túna; dann aber kehrte er nach Nevrast zurück und lebte dort in Frieden, wenn er auch stets in Gedanken erwog, wie er sein Vorhaben ausführen könne.
Nach der Dagor Aglareb nun kehrte die Unruhe wieder, die ihm Ulmo ins Herz getan, und er rief viele der Kühnsten und Geschicktesten unter seinen Leuten zusammen und führte sie heimlich in das versteckte Tal; und dort begannen sie die Stadt zu bauen, wie Turgon sie sich gedacht hatte. Und ringsumher stellten sie Wachen auf, damit niemand vondraußen sie bei der Arbeit überraschen könnte, und die Kraft Ulmos, die im Sirion floss, beschützte sie. Turgon aber blieb weiterhin zumeist in Nevrast, bis die Stadt nach zweiundfünfzig Jahren geheimen Mühens endlich fertig war. Es heißt, Turgon habe sie in der Sprache der Elben von Valinor Ondolinde genannt, den Felsen der Wassermusik, denn auf dem Hügel entsprangen Quellen; in der Sprache der Sindar aber änderte sich der Name und wurde zu Gondolin, der Verborgene Felsen. Nun schickte Turgon sich an, aus Nevrast fortzuziehen und seine Hallen am Meer in Vinyamar zu verlassen; und dort kam noch einmal Ulmo und sprach zu ihm. Und er sagte: »Endlich nun wirst du nach Gondolin gehen, Turgon, und ich will meine Kraft im Tal des Sirion lassen, und in allen Wassern darinnen, so dass keiner deinem Wege folgen soll, noch soll einer den versteckten Eingang finden wider deinen Willen. Am längsten von allen Reichen der Eldalië soll Gondolin gegen Melkor standhalten. Doch vertraue nicht zu fest auf deiner Hände Werk und deines Herzens Pläne; und dessen sei eingedenk, dass die wahre Hoffnung der Noldor im Westen liegt und vom Meere kommt.«
Und Ulmo warnte Turgon, dass auch er Mandos’ Spruch unterliege, den Ulmo nicht aufzuheben vermochte. »So mag es geschehen«, sagte er, »dass der Fluch der Noldor vor dem Ende auch dich ereilt und
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