Das Silmarillion
er zuweilen fort und wohnte zu Gast in den unterirdischen Hallen von Nogrod und Belegost. Dort erfuhr er so manches von der Schmiedekunst und erwarb in ihr großes Geschick; und er mischte ein Metall, das hart war wie der Stahl der Zwerge, aber so geschmeidig, dass er es dünn und leicht walzen konnte, und immer noch widerstand es allen Klingen und Pfeilen. Er nannte es Galvorn, denn es war schwarz und glänzte wie Pech, und er hüllte sich darein, wann immer er fortging. Doch obwohl von der Schmiedearbeit gebeugt, war Eol kein Zwerg, sondern ein großer Elbaus hohem Geschlecht von den Teleri, edel, wenn auch finsteren Angesichts; und seine Augen vermochten tief in Schatten und dunkle Orte zu dringen. Und es traf sich, dass er Aredhel Ar-Feiniel sah, wie sie zwischen den hohen Bäumen am Rande von Nan Elmoth umherging, ein weißer Schimmer in dem dunklen Lande. Sehr schön erschien sie ihm, und er begehrte sie. Und er legte seine Zauber um sie, dass sie den Rückweg nicht mehr fand und seiner Behausung inmitten des Waldes immer näher kam. Dort waren seine Werkstatt und seine düsteren Hallen und seine wenigen Diener, still und heimlich wie ihr Herr. Und als Aredhel, des Herumirrens müde, schließlich an seine Tür kam, da zeigte er sich, hieß sie willkommen und geleitete sie in sein Haus. Und da blieb sie, denn Eol nahm sie zum Weibe, und lange dauerte es, bis ihre Verwandten wieder von ihr hörten.
Wie es heißt, war Aredhel ihm nicht ganz und gar abgeneigt, und das Leben in Nan Elmoth war ihr viele Jahre lang nicht unerträglich. Denn wenn sie auch auf Eols Geheiß das Sonnenlicht meiden musste, so zogen sie doch zusammen weit unter den Sternen oder beim Licht der Mondsichel umher; oder sie ging allein, wohin sie wollte, nur dass Eol ihr verbot, Feanors Söhne oder irgendeinen andren von den Noldor zu besuchen. Und in den Schatten von Nan Elmoth gebar sie Eol einen Sohn, und im Herzen gab sie ihm einen Namen in der verbotenen Sprache der Noldor, Lómion, das heißt das Kind der Dämmerung; sein Vater aber gab ihm keinen Namen, ehe er nicht zwölf Jahre alt war. Dann nannte er ihn Maeglin, was der Scharfe Blick heißt, denn er sah, dass seines Sohnes Augen noch schärfer als die seinen waren und dass sein Geist durch den Nebel der Worte die Geheimnisse der Herzen zu lesen vermochte.
Als Maeglin herangewachsen war, ähnelte er an Gesicht und Leib eher seinen Anverwandten unter den Noldor, an Geist und Gemüt aber war er seines Vaters Sohn. Er sprach nicht viel, außer von Dingen, die ihm nahegingen, und dann hatte seine Stimme die Kraft, die Zuhörer zu bewegen und die Widerstrebenden zu zwingen. Er war groß und schwarzhaarig, von weißer Haut, die Augen dunkel, doch klar und scharf wie die Augen der Noldor. Oft ging er mit Eol in die Zwergenstädte im Osten der Ered Lindon, und dort lernte er eifrig, was man ihn lehrte, vor allem aber die Kunst, das Erz der Metalle in den Bergen zu finden.
Doch heißt es, dass Maeglin seine Mutter mehr liebte, und wenn Eol fort war, dann saß er lange an ihrer Seite und lauschte allem, was sie ihm von ihrem Volk und seinen Taten in Eldamar erzählen mochte und von der Macht und Kühnheit der Prinzen aus dem Hause Fingolfins. All dies grub sich in sein Herz ein, am meisten aber, was er von Turgon hörte, und dass er keinen Erben habe; denn Elenwe, sein Weib, war beim Übergang über die Helcaraxe umgekommen, und seine Tochter Idril Celebrindal war sein einziges Kind.
Als sie von ihren Anverwandten erzählte, erwachte in Aredhel der Wunsch, sie wiederzusehen, und sie verstand nicht, wie sie des Lichtes von Gondolin hatte müde werden können, all der Springbrunnen in der Sonne und der grünen Wiese von Tumladen unter dem windigen Frühlingshimmel; überdies blieb sie oft in den Schatten allein, wenn sowohl ihr Sohn als auch ihr Gemahl fort waren. Aus ihren Erzählungen erwuchs auch der erste Streit zwischen Maeglin und Eol. Denn um keinen Preis wollte seine Mutter Maeglin verraten, wo Turgon wohnte oder auf welche Weise man dorthin gelangen könnte; und er wartete ab, darauf vertrauend,dass er ihr das Geheimnis schon noch abschmeicheln oder vielleicht, in einem unbewachten Augenblick, es aus ihrem Geiste lesen werde. Ehe es aber so weit war, wünschte er, die Noldor zu sehen und mit Feanors Söhnen zu sprechen, seinen Anverwandten, deren Wohnsitz nicht fern war. Doch als er dieses Vorhaben Eol erklärte, war sein Vater voller Zorn. »Aus dem Hause Eols bist du, Maeglin, mein
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