Das Skandalbett
Thema gekommen, das sich bis in alle Ewigkeit würde erörtern lassen. Sie fingen an, die Vor- beziehungsweise Nachteile aller möglichen Frauen zu diskutieren, und tranken dabei unentwegt weiter aus der Whiskyflasche. Die Landschaft raste am Abteilfenster vorbei, aber keiner von ihnen widmete ihr einen Blick, sondern sie versuchten immer tiefer einzudringen in das Thema Frau, die Frau als Matratze und als Mysterium. Ehe Bernt und Erik sich’s versahen, war die Flasche leer. Erik wollte sich gerade einen neuen Schnaps eingießen, als ihm diese enttäuschende Tatsache bewußt wurde. Mit einem mißmutigen Gesichtsausdruck stellte er die Flasche auf den Kopf und schüttelte sie über seinem Pappbecher. Es kam nichts weiter hervor als zwei ganz jämmerliche Whiskytropfen.
»Verdammter Mist, so kann’s einem gehen«, stellte er fest. »Dann muß ich mich wohl auf eine Expi... Expedition begeben, um schnell irgendwas aufzutreiben.«
Erik hatte am Vorabend der Reise augenscheinlich eine ganze Menge erlebt. Natürlich hatte er irgendwo das gewünschte Flittchen aufgegabelt, und dann hatte er unermüdlich eine Muschi bearbeitet, bis es Zeit war, nach Göteborg abzureisen. Daß er nicht zum Schlafen gekommen war, sah man ihm jetzt wirklich an. Denn selbst dann, wenn man unterstellt, daß Whisky einen Mann umhauen kann, so bestand nicht der geringste Anlaß anzunehmen, daß ausgerechnet Erik sich von der Hälfte einer halben Flasche außer Gefecht setzen lassen würde. Er war aber dennoch hinüber, darüber konnte es keinen Zweifel geben. Sein Kopf flog hin und her, und sein Blick war völlig glasig. Er langte nach oben und zog sich am Stahlrahmen des Gepäcknetzes hoch.
»Jetzt werde ich mal losgehen und mit den Jungs in der Küche schnacken«, sagte er langsam und stolperte dann auf unsicheren Beinen hinaus.
Schön, dachte Bernt und lehnte sich gegen die Rückenlehne, um es sich bequem zu machen. Er ließ den Blick durchs Abteil wandern. Es war das erste Mal, daß er Erster Klasse fuhr, und er fand es richtig gemütlich. An den beiden Schmalwänden waren je eine Sitzbank mit vier Plätzen, und dazwischen, mitten auf dem Fußboden, vier einzeln stehende Sessel mit hohen Rückenlehnen und Nackenstützen. Bernt fand diese Ruhesessel sehr schön und stand auf, um einen von ihnen auszuprobieren. Er trat ein paar Schritte auf den nächstgelegenen zu, ging um ihn herum und machte einen Luftsprung von drei Metern. Nun ja, es waren vielleicht nicht drei Meter, aber einen Satz machte er immerhin. Als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte, stand er wie versteinert da und starrte mit herabhängendem Unterkiefer in den Sessel.
Dort saß eine wunderschöne Frau und sah ihn mit einem hintergründigen Lächeln an!
»Haben Sie... haben Sie... haben Sie...«, brachte Bernt fassungslos heraus.
»Ob ich hier schon lange sitze, wollen Sie sicher fragen? Ja, das tue ich. Um genau zu sein, seit der Abfahrt vom Hauptbahnhof in Stockholm.«
Bernt fühlte, wie brennende Röte seine Wangen überzog.
»Ja aber, dann haben Sie auch gehört...«
Sie nickte.
»Ja, das habe ich. Aber was spielt das für eine Rolle? Ich habe in dieser Welt schon vieles gehört und gesehen.«
Jetzt sah Bernt, daß die Frau nicht mehr so jung war, wie er in seiner ursprünglichen Verwirrung angenommen hatte. Sie war sicher über vierzig, sah aber so unglaublich hübsch und gut erhalten aus, daß sie erheblich jünger zu sein schien. Und außerdem war sie ungeheuer elegant gekleidet. Sie trug ein perfekt geschneidertes Reisekostüm aus dunkelblauem Stoff und einen dazu passenden breitkrempigen Hut. All das harmonierte fabelhaft mit ihren hellgrauen Augen und dem glänzenden blonden Haar. Bernt wußte nichts über Damenmode und deren Preise, aber trotzdem war ihm klar, daß die Aufmachung dieser Frau ein kleines Vermögen gekostet haben mußte. Gerade der raffiniert schlichte Schnitt ihres Kostüms verriet, daß es ein exklusives Kleidungsstück war, das aus einem der großen Modehäuser des Kontinents stammte.
Während Bernt sein attraktives Gegenüber betrachtete, gewann er allmählich die Fassung wieder und fühlte, daß diese Frau ihn reizte. Sein Blick wanderte von den schlanken Fesseln aufwärts und folgte den weichen Linien der Schenkel bis zu den Hüften. Deren leckere Rundung war nicht zu verbergen, obwohl die Frau in sich zusammengesunken dasaß. Als Bernts Blicke so weit gekommen waren, daß sie ihren begegneten, merkte er, daß sie über ihn
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