Das Skandalbett
ganz nüchtern war, und als der nächste Drink serviert wurde, kippte Bernt ihn auf einen Zug hinunter und sah dann auf die Uhr.
»Wenn ich es schaffen soll, morgen früh rechtzeitig aufzustehen, muß ich jetzt nach Hause und mich in die Falle hauen«, sagte er und stand auf.
Erik sah aus, als wollte er protestieren, brachte aber nichts heraus, sondern nickte nur und winkte müde mit der Hand. »Ja, mein Kleiner, geh du nur, ich werde mich auch bald in die Heia begeben«, murmelte er. »Ich dreh vielleicht noch ‘ne Runde durch die Stadt, um zu sehen, ob ich irgendwo ein Flittchen auftreiben kann.«
Er kraulte sich und Bernt sah, daß Erik einen Steifen gekriegt hatte und jetzt versuchte, den Prügel so weit aus dem Weg zu räumen, daß er sich aus dem Lokal wagen konnte, ohne mit einem prächtigen Zelt aufzufallen. Bernt grinste in sich hinein und beeilte sich, ihm Auf Wiedersehen zu sagen. Es war ja immerhin schon halb elf, und er mußte erst nach Hause und dann noch packen. Der Zug sollte am nächsten Morgen vor sieben abfahren, und er wollte jedenfalls so viel Schlaf bekommen, daß er nicht schon während der Reise einschlief.
Er zwängte sich durch die Menge der essenden und trinkenden Menschen. Seine Schritte waren recht unsicher, und es fiel ihm schwer, klar aus den Augen zu sehen. Als er jedoch an die sternklare Abendluft kam, machte ihn der erfrischende Sauerstoff bald wieder munter. Er machte einen kurzen Spaziergang zum nächsten U-Bahnhof und überlegte unterwegs, wie er seine Sachen am besten packen sollte. Er wollte nicht zuviel mitnehmen, aber andererseits doch auch soviel, daß er in Göteborg jeden Tag frische Unterwäsche und ein frisches Hemd hatte.
Mit diesen Überlegungen im Kopf kam er zu Hause an und brachte seine Eltern - besonders seine Mutter -damit in Wut, daß er beim Packen und mit anderen Kleinigkeiten, die vor einer Reise anfallen, Hilfe haben wollte. Vor allem fanden sie es unmöglich, daß er ihnen nicht schon ein paar Tage eher von der Reise erzählt hatte. Bernt hielt sich nicht mit langen Erklärungen auf, warum das nicht möglich gewesen war, sondern ging bald in sein Zimmer und zog sich aus. Er kroch ins Bett und schlief schnell ein - glücklich bei dem Gedanken an die bevorstehende Reise und weil er so schön wärmenden Schnaps im Bauch hatte.
Die ganze Stadt glitzerte in der strahlenden Morgensonne, als Bernt mit einer leichten Reisetasche in der Hand die elterliche Wohnung verließ. Seine Mutter hatte ihm doch das Packen weitgehend abgenommen, und er wußte kaum, was sich in der Tasche befand, aber vertraute darauf, daß alles, was er unterwegs brauchte, darin war.
Zu dieser Tageszeit waren noch nicht allzuviele Menschen unterwegs, und die wenigen, die schon auf den Beinen waren, eilten mit entschlossenen Schritten durch die Straßen - alle waren mit sich selbst beschäftigt und hatten nicht die Zeit, an die Natur oder an ihre Mitmenschen zu denken.
Bernt schaffte es, mit dem U-Bahn-Zug mitzukommen, den er hatte haben wollen, und rechnete damit, am Hauptbahnhof mindestens noch zehn Minuten zur
Verfügung zu haben. Inzwischen war der Zug so weit gekommen, daß Bernt an der nächsten Station aussteigen mußte, und er stand auf, um beim Öffnen der Türen schnell heraus zu können. Plötzlich wurde er zur Seite geworfen und fiel gegen eine Zwischenwand. Der Zug hatte mitten im U-Bahn-Schacht eine Vollbremsung gemacht und stand jetzt still, während die Wände des Wagens nach dem schnellen Bremsen noch vibrierten. Bernt fühlte sich nicht im mindesten beunruhigt. Es kam ja schließlich gelegentlich vor, daß U-Bahn-Züge vor bestimmten Bahnhöfen rasch abbremsten, weil ein verspäteter Zug die Strecke blockierte. In solchen Fällen setzte sich der Zug nach kurzer Zeit wieder in Bewegung. Aber diesmal geschah nichts dergleichen. Der Zug blieb einfach in dem dunklen Tunnel stehen. Nach einer Weile hörte Bernt, wie die Fahrgäste vereinzelt zu murmeln begannen. Das waren zum Teil Leute, die rechtzeitig zur Arbeit mußten, teils solche, die zum Hauptbahnhof wollten, um einen bestimmten Zug zu erreichen. Das Gemurmel ging bald in wütende Proteste über. Manche Leute konnten es eben nicht lassen, bei der kleinsten Kleinigkeit über das unfähige Personal der U-Bahn zu klagen. Bernt waren diese Töne vertraut; er hatte sie in den letzten Jahren schon oft gehört.
Alle Proteste verstummten augenblicklich, als es in den Lautsprechern knackte und eine Stimme sagte, leider
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