Das Skript
ausgerechnet Hamburg ausgesucht hat.«
»Ich denke, das hilft uns schon mal weiter, Herr Jahn.« Matthiessen erhob sich, Erdmann tat es ihr gleich. »Danke für Ihre Hilfe. Wenn Sie so freundlich wären, in den nächsten Tagen für uns erreichbar zu sein? Haben Sie ein Handy?«
Jahn nickte, dann stand er ebenfalls auf, ging zu einer Kommode aus dunklem, poliertem Holz und öffnete eine Schublade. Mit einer Visitenkarte kam er zurück zu der Sitzgruppe und gab sie Matthiessen. »Hier, unter dieser Nummer bin ich immer zu erreichen. Aber bitte – geben Sie die Nummer nicht weiter. Ich möchte nicht am Handy von Fans belästigt werden.«
Bevor Matthiessen darauf reagieren konnte, sagte Erdmann: »Ich weiß nicht, wie groß Ihr Erfahrungsschatz aufgrund Ihrer Recherchen ist, Herr Jahn, aber ich kann ihn an dieser Stelle um eine zusätzliche Information bereichern: Es gehört definitiv nicht zu den Gepflogenheiten von Polizeibeamten, Telefonnummern von Leuten weiterzugeben, mit denen sie während einer laufenden Ermittlung zu tun haben.«
»Oh, verstehe.« Jahn tat großzügig. »Da hab ich an der Ehre gekratzt, das tut mir natürlich leid.«
Matthiessen beendete das Gespräch, indem sie dem Autor ihre Karte hinhielt. »Hier, falls Ihnen etwas einfällt, was für uns wichtig sein könnte, rufen Sie mich bitte sofort an. Auf der Karte stehen sowohl meine Büro- als auch meine Handynummer. Auf jeden Fall melden wir uns aber wieder bei Ihnen.«
Sie nickte Erdmann zu und wandte sich zum Gehen. Erdmann blieb noch einen Moment stehen und hielt Jahn ebenfalls seine Karte hin: »Und wenn Sie meine Kollegin nicht erreichen, rufen Sie einfach mich an.« Er schielte zu Matthiessen hinüber, die nun auch stehen geblieben war und ihn grimmig ansah. »Eine letzte Frage hätte ich noch an Sie, Herr Jahn: Wovon leben Sie? Noch immer von Ihren Büchern?«
»Ähm … ja, schon.«
»Verdient man denn mit einem einzigen Buch, das auf der Bestsellerliste gestanden hat, dauerhaft so viel Geld, dass man damit seinen Lebensunterhalt bestreiten kann?«
»Nun, es ist ja nicht so, dass sich meine anderen Bücher gar nicht verkaufen würden. Aber um Ihre Frage zu beantworten: Nein, von dem Geld, das ich mit
Der Nachtmaler
verdient habe, ist leider nicht mehr viel übrig.«
»Ihre Haushälterin sagte eben etwas davon, dass Sie an einem neuen Roman schreiben. Stimmt das?«
»Ja, ich schreibe seit ein paar Monaten an einem neuen Krimi. Ich muss zusehen, dass ich meinen Lebensunterhalt dauerhaft bestreiten kann.«
Matthiessen sah sich demonstrativ in dem Raum um. »Ich kann mir vorstellen, ein Haus in dieser Gegend ist nicht gerade günstig.«
»Das Haus habe ich geerbt, meine Tante hat es mir vermacht. Ich selbst hätte es mir wahrscheinlich nicht leisten können, und eigentlich wollte ich es verkaufen. Aber als diese Sache in Köln geschah, war das Haus eine Möglichkeit für mich, das alles hinter mir zu lassen und nach Hamburg zu ziehen.«
»Ah, verstehe … Tja, wie schon gesagt, wir werden uns bei Ihnen melden. Vielen Dank erst mal. Und bitte denken Sie darüber nach, ob uns etwas aus Ihrem Roman direkt helfen könnte, den Mörder zu schnappen. Als Kriminalschriftsteller haben Sie sicher ein gewisses Gespür dafür.«
Gefolgt von Christoph Jahn, verließen sie das Wohnzimmer. Als sie wieder im Auto saßen, sagte Erdmann kopfschüttelnd zu Matthiessen: »Mein Gott, wie kommt man auf solch kranke Ideen?«
»Wie kommt jemand auf die kranke Idee, die Phantasie eines Autors Realität werden zu lassen?«
Darauf wusste auch Erdmann keine Antwort. »
Jetzt wirst du sehen.
Was für ein Schwachsinn. Was denken Sie, wird mit
Das Skript
passieren, wenn die Presse erfährt, dass der Entführungsfall Heike Kleenkamp aus diesem Buch nachgestellt ist?«
»Ich weiß, was Sie meinen. Wahrscheinlich das Gleiche wie vor vier Jahren mit dem
Nachtmaler
. Die Leute werden es kaufen wie verrückt, es wird ein Bestseller werden, und Herr Jahn wird viel Geld verdienen.«
Erdmann nickte. »Genau.«
9
Gleich nachdem sie losgefahren waren, rief Matthiessen im Präsidium an und erkundigte sich nach dem aktuellen Stand. Dann meldete sie sich bei Stohrmann und berichtete ihm von ihrem Gespräch mit Jahn. Anschließend schwieg sie, sagte nur hin und wieder ein kurzes »Ja, verstanden.« Erdmann sah ihr an, dass sie das Gespräch mit ihrem Vorgesetzten alles andere als angenehm fand.
»Die Tote ist noch nicht identifiziert«, berichtete sie Erdmann,
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