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Das Skript

Das Skript

Titel: Das Skript Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Schatten vor ihr. Sie hob den Kopf wieder an, erkannte, dass die Gestalt vor ihr in einen unförmigen, dunkel glänzenden Overall gehüllt war. Ihre Augen tasteten sich am Reißverschluss entlang nach oben, erreichten den Kragen, das Kinn. Schließlich sah sie dem Monster direkt ins Gesicht, und – erstarrte. In fassungslosem Entsetzen riss sie die Augen auf und flüsterte: »Sie?«

10
    Sie hatten bei dem dauergrinsenden Kellner noch etwas zu trinken bestellt. »Was denkst du, hat Dirk Schäfer uns das bewusst verschwiegen?« Erdmann sah Matthiessen erwartungsvoll an.
    »Ich weiß es nicht. Die Frage ist, ob
sie
uns das verschwiegen haben. Mir ist heute Nachmittag aufgefallen, dass Nina Hartmann ihren Freund ganz seltsam angesehen hat, als ich fragte, ob sie jemanden kennt, der an einem Roman schreibt.«
    »Ja, das habe ich auch bemerkt. Du meinst, sie hat daran gedacht, es aber nicht gesagt?«
    »Vielleicht. Aber so, wie sich die Sache mittlerweile darstellt, kopiert ja jemand diese Verbrechen aus Jahns Roman. Das heißt, derjenige wird selbst wahrscheinlich überhaupt nichts mit dem Schreiben von Romanen zu tun haben.«
    »Was Nina Hartmann aber nicht wissen konnte. Glaubst du, sie hat gedacht, ihr Freund hinge da irgendwie mit drin?«
    Matthiessen zuckte mit der Schulter. »Wer weiß. Wir werden uns die beiden morgen noch mal vornehmen. Aber wie gesagt, ich bezweifle, dass diese Kurzgeschichten von Schäfer für uns wichtig sind.«
    »Ich hoffe nur, der angehende Herr Rechtsanwalt ist nicht wieder dabei. Könnte sein, dass ich sonst böse werde, wenn der Vogel wieder ununterbrochen dazwischenquatscht.«
    Sie lächelte. »Ja, dieser Zender ist ein recht merkwürdiger Zeitgenosse.«
    Eine Weile schwiegen sie, bis Erdmann sagte: »Würde mich mal interessieren, wer die anonyme Anruferin war. Du sagtest, im Hintergrund war Musik zu hören?«
    »Ja, so hat es der Kollege mir beschrieben.«
    »Vielleicht wie auf einer Party?«
    »Ich weiß nicht. Du denkst an Schäfers Geburtstagparty? Glaubst du, Nina Hartmann hat sich anonym gemeldet, um Ihren Freund zu verraten?« Erdmann legte das Besteck auf dem leeren Teller ab und wischte sich mit der Papierserviette über den Mund. »Na ja, sie geht ja noch davon aus, dass wahrscheinlich jemand was mit der Sache zu tun hat, der schreibt. Welche Frau außer ihr glaubt sonst, dass wir einen angehenden Romanautor suchen? Wer außer ihr könnte zudem wissen, dass Schäfer diese Geschichten ins Netz gestellt hat? Du hast ihren Blick heute Nachmittag ja auch bemerkt.«
    »Ja, aber ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, dass sie das war, das ergibt keinen Sinn. Aber wir werden es rausfinden.«
    »Wie wär’s, wenn wir für heute Schluss machen?«, schlug Erdmann vor.
    Matthiessen dachte kurz nach. »Gut, aber lass uns vorher noch am Präsidium vorbeifahren. Ich möchte mir die Unterlagen von dem Kölner Fall mitnehmen und zu Hause ansehen.«
    »Die interessieren mich auch. Dann tue ich es meiner Chefin doch gleich und nehme mir diese Unterlagen ebenfalls mit nach Hause. Vielleicht lobt sie mich dann ja.«
    Matthiessen zog die Augenbrauen hoch. »Du hast offenbar noch immer ein Problem damit, dass ich eine Frau bin.«
    »Nein, nicht damit, dass du eine Frau bist. Damit, dass
du
die stellvertretende Leitung der BAO bekommen hast, und nicht ich.« Er sah ihr an, dass sie nicht wusste, ob er das ernst gemeint hatte. Erst als er den Mund zu einem breiten Grinsen verzog, lächelte auch sie kopfschüttelnd.
    »Also gut, Herr Macho, aber ich möchte keine Zeit verlieren. Wenn du dir den Kölner Fall ansiehst, nehme ich mir ein Exemplar von
Das Skript
mit und gehe es durch.«
    Als sie fast eine Stunde später vor Matthiessens Haus aus dem Auto stiegen, dachte Erdmann darüber nach, ob sie ihn wohl fragen würde, ob er noch auf ein Glas mit hineinkommt. Bevor er sich aber näher mit dem Gedanken beschäftigen konnte, wandte sie sich ihm zu. »Acht Uhr morgen früh? Kommst du hierher?«
    Also nicht.
»Ja klar, kein Problem. Sonntagmorgen zu Hause ist sowieso ziemlich langweilig.«
    »Gut. Ich hoffe, wir kommen morgen weiter. Schönen Abend noch.«
    »Dir auch – Andrea?« Sie blieb stehen und sah ihn fragend an. »Du bist zwar kompliziert, aber … du hast dich geirrt.«
    »Was? Was meinst du?«
    »Als du dachtest, ich mag dich überhaupt nicht, hast du dich geirrt.«
    Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, und Erdmann glaubte sogar, einen roten Schimmer auf ihren Wangen zu sehen.

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