Das Skript
legte der die Stirn in Falten und sagte: »Was mit dem Päckchen ist? Dieses Päckchen, Frau Matthiessen, enthielt ein wichtiges Beweisstück in einer laufenden Ermittlung. Einer Ermittlung, die ich leite und bei der jede Minute zählt, um das Leben einer jungen Frau zu retten. Sollten Sie erwartet haben, dass ich dieses wichtige Beweisstück hier herumliegen lasse, bis Sie irgendwann auf die Idee kommen, wieder hier aufzutauchen, dann muss ich Sie enttäuschen. Das Ding ist im Labor.«
Erdmann reichte es nun endgültig und er machte seinem Ärger über seinen Vorgesetzten Luft. »Falls Sie es vergessen haben sollten, Herr Hauptkommissar, wir kommen nicht von einem gemütlichen Sonntags-Brunch, sondern sind seit acht Uhr morgens unterwegs, um uns mit Leuten zu unterhalten, die etwas mit dem Fall zu tun haben. Wir hetzen kreuz und quer durch Hamburg in der Hoffnung auf einen kleinsten Hinweis darauf, was mit der Entführten geschehen ist. Davon abgesehen empfinde ich die Art und Weise, wie Sie mit Hauptkommissarin Matthiessen sprechen, als unangemessen und einer guten Zusammenarbeit ebenso wenig förderlich wie der Ermittlungsarbeit in diesem Fall.«
Stille. Keiner der anwesenden Beamten sagte etwas, niemand rührte sich, jeder war bemüht, keinen der Beteiligten anzusehen, bis Matthiessen sagte: »Stephan, bitte, ich …«
»Kommen Sie mit«, unterbrach Stohrmann sie und sprang auf. Er sah Erdmann herausfordernd an. Der tauschte einen schnellen Blick mit Matthiessen, deren Gesichtsausdruck er nicht zu deuten vermochte, und folgte dem Leiter der BAO durch die Tür.
Den Weg über den Flur ging er schweigsam hinter Stohrmann her. Der verzichtete auf den Fahrstuhl und nahm die Treppe, was Erdmann ganz recht war. Er hatte keine Lust, Stohrmann im Fahrstuhl stumm gegenüberzustehen.
Als sie sein Büro erreicht hatten, blieb Stohrmann neben dem Eingang stehen, ließ Erdmann vorbei und schloss die Tür hinter sich. Er setzte sich hinter seinen Schreibtisch und deutete auf den Stuhl davor. »Setzen Sie sich.« Erdmann folgte der Aufforderung. Er saß noch nicht richtig, da fuhr der BAO -Leiter ihn auch schon an. »Wagen Sie es nicht noch einmal, vor versammelter Mannschaft so mit mir zu reden, Herr Oberkommissar. Fassen Sie das als Warnung auf, die ich nur –«
»Sie ist schließlich Ihre Stellvertreterin, und Sie können doch nicht –«
Stohrmann schlug mit der Hand auf den Tisch, dass es knallte. »Unterbrechen Sie mich gefälligst nicht.« Erdmann verstummte. Er wusste, er musste sich zurückhalten. Stohrmann konnte ihm eine Menge Ärger bereiten.
»Sie sind also der Meinung, ich verhalte mich unfair gegenüber Frau Matthiessen.« Er sprach nun nicht mehr so laut, aber immer noch betont sachlich und mit bemühter Autorität. »Ferner sind Sie wahrscheinlich auch der Meinung, dass Sie wissen, warum das so ist, nicht wahr?«
Erdmann zögerte, nun musste er aufpassen, dass er nichts sagte, woraus Stohrmann Matthiessen oder ihm selbst einen Strick drehen konnte. »Ich arbeite eng mit Hauptkommissarin Matthiessen zusammen, da ist es normal, dass man sich über verschiedene Dinge unterhält.«
»Aha. Es ist zwar nicht meine Aufgabe, Sie aufzuklären, aber ich werde Ihnen nun trotzdem ein paar Dinge sagen, unabhängig davon, was Ihnen Ihre Kollegin erzählt hat. Sie werden überrascht sein. Ich verletze damit selbst einige Dienstvorschriften, und ich kann Ihnen versichern, wenn Sie von dem, was ich Ihnen jetzt sage, etwas weitererzählen, werde ich alles abstreiten und dafür sorgen, dass Sie zukünftig Streifendienst in einem Kuhkaff an der Küste laufen.« Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, legte die Unterarme auf die Armlehnen und verschränkte die Hände. »Sie fragten mich bei unserem Gespräch heute Morgen, warum ich Andrea Matthiessen zu meiner Stellvertreterin in der BAO Heike gemacht habe. Das habe ich nicht.« Er beugte den Oberkörper vor und ließ die Hände dabei verschränkt. »Hauptkommissarin Andrea Matthiessen war als Leiterin für diese BAO vorgesehen, Herr Erdmann. Doch das konnte ich im allerletzten Moment noch verhindern, allerdings musste ich sie als meine Stellvertreterin akzeptieren.«
Erdmann brauchte einen Moment, bis er verstand, was Stohrmann ihm da gerade gesagt hatte, und es überraschte ihn nicht nur, es machte ihn auch wieder wütend. »Sie haben verhindert, dass sie die Leitung für die BAO bekommt, weil Sie sich noch immer an Ihr für ein Unglück rächen wollen, an dem sie
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