Das Skript
stand.«
Sie schwiegen. Wieder der Blick zum Fenster. Erdmann sah an Stohrmann vorbei ebenfalls hinaus, ohne etwas von dem wahrzunehmen, was es dort draußen, außerhalb des Büros im vierten Stock, zu sehen gab. Seine Gedanken kreisten um die Kollegin, die ihm am Anfang furchtbar auf die Nerven gegangen war, die er aber nun, nach ein paar Tagen, aus irgendeinem unerfindlichen Grund doch angefangen hatte zu mögen. Die ein psychisches Problem hatte? Die ihn im Ernstfall im Stich lassen würde? Wie sollte er sich jetzt verhalten? Sie fragen, was an der Sache dran war? Und wenn sie daraufhin zu Stohrmann ging und ihn zur Rede stellte, weil er vertrauliche Details aus der Akte seiner Mitarbeiterin an einen Kollegen verraten hatte? Stohrmann würde dafür sorgen, dass er innerhalb der Hamburger Kripo keinen Fuß mehr auf die Erde bekam.
»Ich denke, dabei können wir es nun belassen, und ich hoffe, Sie fallen mir nicht wieder ins Wort, wenn ich versuche, die BAO Heike vor größerem Schaden durch Frau Matthiessen zu bewahren und dafür zu sorgen, dass die Suche nach der Tochter meines Bekannten so professionell vonstattengeht, wie man es von uns erwarten kann. Und wie wir es dem Ruf der Hamburger Polizei schuldig sind.«
»Ist gut«, sagte Erdmann und erhob sich. Seine Gedanken fühlten sich taub an, es war, als seien die Worte in eine Watteschicht gepackt, die verhinderte, dass sein Verstand sie aufgreifen und logisch verwerten konnte.
Auch Stohrmann war aufgestanden. »Dann können wir uns ja jetzt anhören, was Sie beide bisher herausgefunden haben.«
Matthiessen saß mit Diederich und einem weiteren Kollegen zusammen am anderen Ende des Raumes am Tisch, als Stohrmann und Erdmann wieder im Einsatzraum ankamen. Sie nickte Diederich zu und sagte noch etwas, dann stand sie auf und kam Erdmann entgegen. Vor ihm blieb sie stehen und sah ihn an.
»Was Neues?«, fragte Erdmann und überging die Frage, die in ihren Augen stand.
»Kleinkram, Puzzleteile, die noch nicht zusammenpassen.«
»Nehmen Sie bitte alle Platz, wir wollen hören, was die Kollegen in Erfahrung gebracht haben.« Stohrmann setzte sich so ans hintere Kopfende des Tisches, dass er Matthiessen frontal ansehen konnte, während sie redete. Erdmann fand Ihren Bericht gut, sie erklärte nicht zu ausschweifend, ließ aber auch nichts Wichtiges aus. Niemand unterbrach sie, und sogar Stohrmann wartete, bis sie fertig war, ehe er fragte: »Was ist mit diesem Autor? Halten Sie ihn für verdächtig? Den Kollegen in Köln ist er vor vier Jahren quasi von der Anklagebank gehüpft, weil diese Frau ihm nachträglich ein Alibi gegeben hat.«
Matthiessen sah Erdmann an, und er ergriff das Wort. »Nun, wir schließen ihn als Täter nicht aus, er hätte ein klares Motiv, wie damals in Köln auch. Die Taten werden ihm wahrscheinlich wieder einen Geldsegen einbringen. Aber … das war’s dann auch schon. Mehr haben wir nicht gegen ihn.«
»Sie tun so, als wüssten Sie nicht, dass Geld das Hauptmotiv für Entführung und Mord ist, Herr Erdmann.«
»Aber wir wollen doch nicht so tun, als wüssten wir nicht auch, dass nicht jeder, der von einer solchen Tat profitiert, automatisch der Täter ist.«
Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit herrschte vollkommene Stille im Einsatzraum. Erdmann hätte sich für sein vorlautes Mundwerk ohrfeigen können. Wenn Stohrmann nun …
»Da haben Sie natürlich recht«, sagte der aber nur. »Nun, ich erwarte Ihren vollständigen Bericht morgen früh auf meinem Tisch. Und noch was an alle: Ich möchte nichts von dieser Romansache morgen in der Zeitung lesen, ist das klar? Wer immer hinter dieser irren Tat steckt, wird sehnsüchtig darauf warten, dass morgen überall zu lesen ist, dass schon wieder Verbrechen aus einem Roman dieses Jahn nachgestellt werden. Dieses Erfolgserlebnis werden wir ihm nicht gönnen. Richten Sie das auch den Leuten aus, mit denen Sie über die Sache sprechen müssen. Weitermachen.« Er stand auf und verließ den Raum, ohne Matthiessen oder Erdmann noch eines Blickes zu würdigen.
»Welche Qualifikation muss man eigentlich mitbringen, um Leiter einer BAO zu werden?« Erdmann drehte sich erschrocken um und sah Diederich an, der grinsend hinter ihm stand. »Ich find’s gut, dass du dem Herrn BAO -Chef gegenüber den Mund aufmachst. Vor allem, dass du ihm eben wegen der Kollegin Matthiessen mal Bescheid gestoßen hast, war richtig. Wir haben uns alle schon gefragt, warum er immer so auf ihr rumhackt.«
»Tun Sie
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