Das Sonnenblumenfeld
Hosen hoch.
»Ich bin vornehm, und du 'ne Kloake, Mimmù.«
Dann wartete er, bis der Freund zu ihm kam, und sagte ernst: »Vielleicht kommst du mit.«
»Wohin?«
»Nach Transsilvanien.«
»Ich?«
»'ne Reise haben wir uns verdient, oder?«
»Dann verlässt mich Rosetta.«
»Ist die so eifersüchtig?«
»Eifersüchtig? Othello ist nichts dagegen.«
»Sie wirkt viel offener.«
»Sie will modern sein. Aber wenn ich aus Versehen 'ner anderen nachschau, kratzt sie mir fast die Augen aus.«
Sie lachten, und als sie in den Lieferwagen stiegen, war es Dummenico, als hörte er etwas.
»Hast du gehört, Prufessò?«
»Was?«
»War das nicht ein Schrei?«
»Nix gehört.«
»Mir war so.«
»Bestimmt nur ein Vogel«, sagte der Professor.
Und er ließ den Motor an, um nach Hause zu fahren.
Die Pizzica wird feuriger
Die Stimme der Frau klang sanft, wie ein Wiegenlied entführte ihr Gesang ins Reich der Träume. Das Akkordeon folgte ihr kaum hörbar, und die Sonne versank langsam hinter dem Muntagnone. Das Rot des Sonnenuntergangs brach sich auf den Dächern der Häuser wie in einem Spiegel, der Blut reflektiert.
Giovanni schaute seine Frau an. Aber sie schlug das Haar vor das Gesicht, und er merkte, wie sehr sie sein Blick störte. Er spürte, wie eine Faust in seinen Magen griff, um ihm etwas herauszureißen.
»Rita …«
Seine Frau antwortete nicht, drehte sich nicht einmal zu ihm um.
Recht hat sie, dachte Giovanni. Ich habe zu viel falsch gemacht, und jetzt habe ich sie für immer verloren.
Er suchte nach Gründen, um sich von der erdrückenden Last zu befreien, aber er spürte, dass es nur Ausreden waren, die nichts halfen.
Trotzdem schaute er sie weiter an und suchte nach einer Möglichkeit, die Zeiger der Uhr zurückzudrehen.
Nach und nach wurde die Musik hitziger, jetzt spiel
te das Akkordeon mit der Mandoline um die Wette, es gab allen Musikanten den Rhythmus vor, und das Publikum fiel klatschend ein.
Giovanni streckte eine Hand aus und drückte die seiner Frau.
»Rita …«
Sie schwieg.
Dann zog sie vorsichtig die Hand zurück.
»Giuvà …«
»Ich weiß …«, murmelte er.
So gern hätte er sie noch einmal umarmt.
»Lass uns tanzen«, sagte er.
»Ich hab keine Lust«, antwortete Rita, die unruhig wurde, weil sie weder Caterina noch Pina sah.
»Bitte!«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nur ein Tanz, was kostet der dich?«, bat Giovanni.
Rita seufzte, antwortete aber nicht.
»In Erinnerung an alte Zeiten«, sagte er.
»Na gut«, gab sie nach, »aber nur wegen der alten Zeiten.«
Giovanni nahm sie bei der Hand. Sie trug den Kleinen auf, sitzen zu bleiben, und folgte ihrem Mann auf die Piazza, die schon voller tanzender Männer und Frauen war.
M'aggia faci na canzuni pì chi nun cunta niente, sang die Frau auf der Bühne mit einer Stimme, die einem
das Herz brach. M'aggia faci na canzuni pì chi nun tene denari, pì chi nun tene ammore ma sulamente pinzieri.
Giovanni drückte sie so an sich, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Er ahnte, dass dies das letzte Mal war. Deshalb umarmte er seine Frau und vergrub das Gesicht in ihrem Haar, um den Geruch aufzusaugen und den Duft zu erhaschen, der von ihrer Haut aufstieg.
M'aggia faci na canzuni pì chi nun cunta niente,
pì chi nun tene forza di lottare,
e pì chi s'è perso lu vulìo di sognare.
Und während Giovanni sie hielt, gedankenverloren, nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft, nur bei diesem Tanz, den sie gerade tanzten, wechselte die Musik die Klangfarbe und wurde hitziger. Sie infizierte die Tänzer auf der Piazza, die sich wie Besessene zu bewegen begannen, die in alle Richtungen zappelten und stampften. Auch Rita, vom Feuer der Pizzica ergriffen, machte sich von ihrem Mann los, um näher zur Bühne zu gehen. Er aber griff nach ihrem Handgelenk und zog sie an sich.
»Rita …«
Sie drehte sich um.
Ihre Augen waren so rot wie der Sonnenuntergang.
Sie schaute ihn schweigend an.
Dann befreite sie sich mit einem Ruck aus seiner Umklammerung und rannte beinahe auf die Bühne zu, wo die Pizzica immer verrückter wurde.
Die Scham der Sonnenblumen
Wie eine Gazelle hüpfte und sprang sie durch die Sonnenblumen, um sich nicht einfangen zu lassen. Fellone war ihr auf den Fersen, aber die vielen Zigaretten raubten ihm den Atem und erschöpften ihn. Cicciariello keuchte hinter ihm her wie eine schwangere Sau, der der Atem ausgeht.
Caterina hoffte, sie wäre in Sicherheit, wenn sie die Brücke
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