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Das Sonnentau-Kind

Das Sonnentau-Kind

Titel: Das Sonnentau-Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Luepkes
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er täuschte sich, sie nahm nur Anlauf: «Aber es kann doch auch sein, dass der Angriff auf Annegret Helliger im Grunde genommen gar nichts mit dem Mord an Aurel Pasat zu tun hatte. Vielleicht treffen hier zwei verschiedene Geschichten aufeinander, die entweder gar nicht oder wenn, dann nur indirekt zusammenhängen.»
    «Und wie?»
    «Sebastian Helliger könnte Aurel Pasat aus dem Weg geschafft haben, weil er sich Sorgen machte, dass durch die Schwärmerei das Ganze öffentlich werden könnte.»
    Axel Sanders widersprach: «Aber der Au-pair-Junge hatte doch das Ticket für die Heimreise schon in der Tasche. Er wäre nur einen Tag später weit weg gewesen, zu weit, um in Moordorf eine prekäre Sache auffliegen lassen zu können.» Axel stieß mit dem Fuß ein Steinchen ins hohe Gras. «Nein, ich glaube noch immer, dass der Mord etwas mit dem Lager zu tun hat. Aurel Pasat hat herausgefunden, dass Sebastian Helliger in schmutzige Menschenhändlersachen verwickelt ist.»
    «Und warum hat ein Mann wie der Moorkönig sich auf ein solches Spiel eingelassen? Du hast ihn erlebt, im Auto auf dem Weg zur Wache, er ist ein … ein guter Mensch.»
    «Wencke, selbst du kannst nicht auf den ersten Blick erkennen, wer ein guter Mensch ist und wer ein schlechter. Schön wär’s ja …»
    Sie verdrehte die Augen. «Aber du musst zugeben, er ist nicht der Typ, der sich am Schicksal anderer bereichern will … Wenn er es getan hat, so muss er zumindest einen guten Grund gehabt haben.»
    «Meistens sind es Geldsorgen …»
    Sie nickte heftig. «Ja, das große Haus, die Ländereien, die Wohnung auf Spiekeroog. Helliger hat mir selbst erzählt, dass er längst nicht so reich ist, wie es die Moordorfer von ihm glauben. Dann fördert er noch die künstlerische Arbeit seiner Frau …»
    «Oder seines Mannes, wenn es nach deiner neuesten Theorie geht …»
    «Ach, Axel, kannst du das nicht mal lassen? Ich bin mir sicher, diese ganzen Operationen, die Krankenhausaufenthalte, kosmetische Eingriffe. Die Krankenkassen übernehmen bestimmt nicht immer alles … Sebastian Helliger hatte nicht das Geld, um seiner Frau das Leben zu ermöglichen, mit dem sie glücklich war. Und dann hat er eben …»
    Axel Sanders brummte in den unvollendeten Satz. Es war ein Geräusch, das ihm entglitt, als er merkte, dass Wenckes Intuitionswirrwarr sich scheinbar, vielleicht – nun ja, allem Anschein nach – als handfest erwies.
    «Er hat sein Lager zur Verfügung gestellt. Seinen Lkw. Seine reine Weste», sagte Axel Sanders. Und erntete ein Nicken. Und ein versöhnliches Lächeln.
    Sie hörten Britzkes Wagen anrauschen.
    «Wir werden die Kollegen gleich noch einmal losschicken, damit sie über Funk die Daten von Annegret Helliger erfragen können.»
    «Ja», sagte Wencke erleichtert.
    «Und wir werden den Weg nehmen, den Britzke uns jetzt hoffentlich weisen wird.»
    «Wird gemacht, Chef.» Sie lächelte noch immer.
    Doch als der dunkelrote Zivilkombi hinter dem Fliederbusch auftauchte und Sanders das erschreckte Gesicht von Britzke und der Kollegin wahrnahm, war ihm gleich klar, dass es nicht so einfach werden würde. Dass etwas schiefgelaufen war.
    Sanders spähte durch die dunklen Wagenscheiben, von denen das gleißende Sonnenlicht reflektiert wurde. Er legte die Hand vor die Augen. Doch sosehr er sich bemühte, er konnte auf der Rückbank keine Gestalt mehr ausmachen.
    Britzke stieg aus. Er schwitzte noch mehr als zuvor.
    «Sie ist weg!», stöhnte er. «Als wir auf dem Weg zur Bundesstraße endlich wieder Empfang hatten und stehen geblieben sind, um zu funken, ist sie raus aus dem Auto und auf und davon.»
    Die Kollegin sah noch abgekämpfter aus. Ihr Pferdeschwanz hatte sich gelöst, Haarsträhnen klebten auf der verschwitzten Stirn. «Ich bin gleich hinterher. Und zwar mit mächtigem Tempo. Ich bin nicht die Langsamste, aber dieses Biest …» Sie schnaufte. «Tut so, als würde sie schlafen, und nutzt dann die erstbeste Chance, sich zu verpieseln. Und zwar schneller, als die Polizei erlaubt.»
    «In welche Richtung?», fragte Wencke.
    Die Kollegin zeigte atemlos auf die hohen Büsche, hinter denen sich das Große Meer verborgen hielt. «Ins Moor. Und irgendwo dort liegt auch dieser Schuppen.»
    Sanders merkte, wie sich sein Körper auf den Einsatz vorzubereiten schien. Sein Puls ging schneller, seine Muskeln spannten sich fast erwartungsfroh. «Wencke und ich gehen los. Ihr nehmt bitte die Kinder mit, es könnte vielleicht doch zu gefährlich werden. Fahrt

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