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Das soziale Tier

Das soziale Tier

Titel: Das soziale Tier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brooks
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Prozent aller Studenten in den naturwissenschaftlichen Fächern, einschließlich 48 Prozent aller Studenten der Ingenieurwissenschaften und 49 Prozent aller Medizinstudenten. 47 In Argentinien waren 46 Prozent der Geschäftsleute, die im Who’s Who aufgeführt wurden, gebürtige Ausländer. In Chile waren drei Viertel der Leiter großer Industrieunternehmen Einwanderer oder die Kinder von Einwanderern. 48
    Auf amerikanischen Schulen bringen Kinder von Amerikanern chinesischer Abstammung Spitzenleistungen. Amerikanische Kinder mit chinesischen Wurzeln sind, wenn sie in den Kindergarten kommen, Latino-Kindern vier Monate voraus, was das Erkennen von Buchstaben und andere Fähigkeiten, die dem Lesenlernen vorangehen, betrifft. 49 Sie besuchen anspruchsvollere Highschool-Kurse als der amerikanische Durchschnittsschüler. Sie machen jeden Abend viel mehr Hausaufgaben. Sie werden zu Hause viel öfter bestraft, wenn sie eine Note bekommen, die schlechter ist als eine Eins minus. Etwa 54 Prozent der Amerikaner asiatischer Abstammung im Alter zwischen 25 und 29 Jahren haben einen College-Abschluss, im Vergleich zu 34 Prozent der gebürtigen weißen Amerikaner. 50
    Diese kulturellen Unterschiede können erstaunliche Ungleichheiten hervorbringen. Amerikaner asiatischer Abstammung haben eine Lebenserwartung von 87 Jahren, wogegen die Lebenserwartung gebürtiger weißer Amerikaner 79 Jahre und die von Afroamerikanern 73 Jahre beträgt. In Michigan, einem Bundesstaat mit großen wirtschaftlichen Problemen, haben aus Asien stammende Amerikaner eine Lebenserwartung von 90 Jahren, während es bei einem Weißen 79 Jahre sind und bei einem Afroamerikaner 73 Jahre. Einkommens- und Bildungsniveaus sind ebenfalls viel höher. Der durchschnittliche aus Asien stammende Amerikaner in New Jersey lebt erstaunliche 26 Jahre länger und hat mit elfmal höherer Wahrscheinlichkeit einen Hochschulabschluss als der durchschnittliche amerikanische Indianer in South Dakota. 51
    Erica bemerkte auch, dass einige Kulturen korrupter sind als andere. In ihrer Studie »Kulturen der Korruption« machten sich Raymond Fisman und Edward Miguel ein natürliches Experiment zunutze. 52 Bis 2002 mussten Diplomaten in New York City keine Bußgelder wegen Falschparkens bezahlen. Fisman und Miguel werteten die Daten von 1700 konsularischen Bediensteten und ihren Angehörigen aus, um herauszufinden, wer seine diplomatische Immunität ausnutzte und wer nicht. Sie fanden heraus, dass Diplomaten aus Ländern, die auf dem Korruptionsindex von Transparency International hoch eingestuft wurden, sehr viele unbezahlte Strafzettel anhäuften, während Diplomaten aus Ländern, die auf dem Index niedrige Rangplätze einnahmen, fast gar keine Strafzettel bekamen. Zwischen 1997 und 2002 kassierten Diplomaten aus Kuwait pro Kopf 246 Strafzettel. Auch Diplomaten aus Ägypten, dem Tschad, Nigeria, dem Sudan, Mosambik, Pakistan, Äthiopien und Syrien hatten viele Male gegen die Parkregeln verstoßen. Dagegen hatten Diplomaten aus Schweden, Dänemark, Japan, Israel, Norwegen und Kanada keinen einzigen Strafzettel bekommen. Selbst Tausende von Kilometern von ihrer Heimat entfernt trugen die Diplomaten weiterhin deren kulturelle Normen in ihrem Kopf. Die Ergebnisse wurden nicht vom Gehalt, Alter oder einer anderen gemessenen Variablen beeinflusst.
    Insgesamt stellte Erica fest, dass bestimmte Kulturen besser für die Entwicklungen der modernen Welt gewappnet sind als andere. In einem Kurs sollte sie das Buch The Central Liberal Truth von Lawrence E. Harrison durcharbeiten. Menschen in »fortschrittsgeneigten« Kulturen, wie Harrison sie nennt, nehmen an, dass sie ihr Schicksal selbst gestalten können. Menschen in »fortschrittsresistenten« Kulturen dagegen sind eher fatalistisch. 53 Menschen in fortschrittsgeneigten Kulturen sind überzeugt davon, dass Wohlstand das Produkt menschlicher Kreativität und dass er ausbaufähig ist. Menschen in fortschrittsresistenten Kulturen glauben fest daran, dass der Ist-Zustand immer so bleiben wird.
    Menschen in fortschrittsgeneigten Kulturen leben, um zu arbeiten, so Harrison. Menschen in fortschrittsresistenten Kulturen arbeiten, um zu leben. Menschen in fortschrittsgeneigten Kulturen haben andere Wertvorstellungen. Sie sind konkurrenzorientierter, sie sind optimistischer, sie legen Wert auf Ordnung und Pünktlichkeit, sie schreiben Bildung herausragende Bedeutung zu, sie betrachten ihre Familie nicht als eine Burg in einer feindlichen Welt,

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