Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler

Titel: Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
Vom Netzwerk:
keine Angst vor Hunden zu haben, Tristan. Leonard kann sie nicht ertragen.«
    Ich sah sie an und lachte leise. Bobby hatte kaum etwas Bedrohliches. »Nicht im Geringsten«, sagte ich. »Obwohl ich nie einen gehabt habe. Was für ein Rasse ist das? Ein Spaniel?«
    »Ja, ein King Charles. Langsam wird er alt, er ist fast neun.«
    »War er Wills Hund?«, fragte ich. Ich war überrascht, dass ich seinen Namen nie gehört hatte. Einige Männer drüben hatten mit mehr Wärme von ihren Hunden als von ihren Familien gesprochen.
    »Nein, eigentlich nicht. Wenn er überhaupt jemandem von uns gehört, dann Mutter. Ignorieren Sie ihn einfach, dann lässt er Sie irgendwann in Ruhe. Gehen wir ins Wohnzimmer. Ich sage Mutter, dass Sie da sind.«
    Sie öffnete die Tür zu einem gemütlichen Raum, und ich trat ein und sah mich um, Bobby hinter mir. Es war so behaglich hier, wie ich es mir vorgestellt hatte, wobei die Festigkeit der Polster darauf hindeutete, dass dieser Raum speziellen Besuchern vorbehalten war, zu denen ich offenbar gehörte. Der Hund schnüffelte an meinen Schuhen. Ich fing seinen Blick auf, und er ließ von mir ab, setzte sich und beobachtete mich. Anscheinend hatte er sich noch nicht entschieden, ob er mit mir einverstanden sein sollte oder nicht. Er legte den Kopf etwas nach links, als überlegte er, und sprang erneut gegen meine Beine.
    »Mr Sadler«, sagte Mrs Bancroft, die einen Moment später hereinkam und etwas nervös schien. »Wie schön von Ihnen, uns zu besuchen. Ich bin sicher, Sie haben viel zu tun. Bobby, lass das.«
    »Es ist mir ein Vergnügen«, log ich lächelnd und war froh, dass Marian gleich hinter ihrer Mutter mit einer Kanne Tee hereinkam. Noch mehr Tee.
    »Ich fürchte, mein Mann ist noch nicht da«, sagte Mrs Bancroft. »Er hat versprochen zu kommen, aber manchmal wird er auf dem Heimweg von Gemeindemitgliedern aufgehalten. Ich weiß, dass er sich darauf freut, Sie kennenzulernen.«
    »Das macht doch nichts«, sagte ich und sah etwas verunsichert zu den dünnen Porzellantassen mit den fürchterlich kleinen Henkeln hinüber, die Marian auf den Tisch stellte. Als ihre Mutter hereingekommen war, hatte mein rechter Zeigefinger wieder unkontrollierbar zu zittern begonnen, und ich fürchtete, wenn ich aus einem dieser zierlichen Tässchen zu trinken versuchte, würde der Inhalt unweigerlich auf meinem Hemd landen.
    »Ich bin sicher, er kommt bald«, sagte Mrs Bancroft und warf einen Blick aus dem Fenster, als könnte sie so seine Ankunft beschleunigen. Sie war eindeutig Marians Mutter, eine attraktive Frau in ihren Fünfzigern, gefasst, gepflegt und elegant. »Hattet ihr einen schönen Tag?«, fragte sie schließlich, als handelte es sich um nichts als einen Besuch unter Freunden.
    »Sehr schön, danke«, sagte ich. »Marian hat mir die Stadt gezeigt.«
    »Nur gibt es da nicht viel zu sehen«, sagte Mrs Bancroft. »Ich bin sicher, dass ein Londoner es hier fürchterlich langweilig finden muss.«
    »Ganz und gar nicht«, sagte ich, während Marian im Sessel neben meinem hörbar aufseufzte.
    »Warum sagst du das, Mutter?«, fragte sie. »Warum müssen wir ständig denken, dass wir weniger wert sind als alle, die zufällig hundert Meilen von uns entfernt leben?«
    Mrs Bancroft sah sie an und lächelte mir zu. »Sie müssen meiner Tochter verzeihen«, sagte sie. »Sie regt sich manchmal wegen der kleinsten Dinge auf.«
    »Ich rege mich nicht auf«, sagte Marian. »Ich meine nur … ach, ist schon gut. Es geht mir nur auf die Nerven, dass wir uns immer so kleinmachen.«
    Marian hatte mit einem Mal etwas von einem gereizten Teenager, was so gar nicht zu der selbstsicheren jungen Frau passte, mit der ich den Tag verbracht hatte. Ich warf einen Blick zum Schrank hinüber, auf dem etliche Fotografien von Will aus unterschiedlichen Phasen seines Lebens standen. Auf dem ersten war er noch sehr jung, trug ein Fußballtrikot und blickte verschmitzt in die Kamera, das daneben zeigte ihn schon etwas älter, er drehte sich gerade um und wirkte überrascht. Auf dem dritten war sein Gesicht gar nicht zu sehen, er ging von der Kamera weg, hatte die Hände in den Hosentaschen und hielt den Kopf gesenkt.
    »Würden Sie die Fotos gerne genauer ansehen?«, fragte Mrs Bancroft, der mein Interesse aufgefallen war, und ich nickte und ging hinüber zum Schrank. Ich betrachtete die Bilder eins nach dem anderen und musste mich mühsam zurückhalten, nicht mit dem Finger über die Konturen von Wills Gesicht zu fahren.
    »Sie

Weitere Kostenlose Bücher