Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler
Wahrheit zu sagen, Sir«, antwortete ich, »bin ich es leid zu kämpfen und würde es am liebsten nie wieder tun.«
»Das müssen Sie doch auch nicht«, sagte Mrs Bancroft. »Der Krieg ist endlich vorbei.«
»Ich denke, der nächste wird nicht lange auf sich warten lassen«, sagte ich. »So ist es normalerweise immer.«
Mrs Bancroft antwortete darauf nicht, sondern griff nach meiner Hand. »Unser Sohn wollte unbedingt Soldat werden«, sagte sie. »Vielleicht war es falsch, das Bild seines Großvaters die ganzen Jahre dort stehen zu haben.«
»Das war es nicht, Julia«, sagte Reverend Bancroft. »Du warst auf das Opfer deines Vaters immer so stolz.«
»Ja, ich weiß, und William war ganz fasziniert. Er hat ständig gefragt und wollte mehr über ihn wissen. Ich habe ihm erzählt, was ich wusste, aber das war nicht viel. Ich weiß auch heute noch nicht viel über ihn, und ich frage mich manchmal, ob es nicht mein Fehler war, dass sich William freiwillig gemeldet hat. Sonst hätte er vielleicht gewartet, bis sie ihn eingezogen hätten.«
»Es wäre nur eine Frage der Zeit gewesen«, sagte ich. »Es hätte nicht viel geändert.«
»Aber dann wäre er in ein anderes Regiment gekommen«, sagte sie. »Er wäre an einem anderen Tag nach Frankreich geschickt worden. Sein Leben wäre anders verlaufen, und vielleicht würde er heute noch leben. Wie Sie.«
Ich zog meine Hand aus ihrer und wandte den Blick ab. In ihren letzten Worten hatte eine Anklage gelegen, die mich im Innersten traf.
»Kannten Sie unseren Sohn gut, Mr Sadler?«, fragte Reverend Bancroft einen Augenblick später.
»So ist es, Sir.«
»Waren Sie mit ihm befreundet?«
»Wir waren gute Freunde«, antwortete ich. »Wir sind in Aldershot zusammen ausgebildet worden und …«
»Ja, ja«, sagte er schnell und tat meine Worte mit einer Handbewegung ab. »Haben Sie Kinder, Mr Sadler?«
»Nein«, sagte ich, überrascht von seiner Frage. »Nein, ich bin nicht verheiratet.«
»Würden Sie gerne welche haben? Ich meine, eines Tages?«
»Ich weiß es nicht«, erwiderte ich und zuckte mit den Schultern. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. »Ich habe noch nicht ernsthaft darüber nachgedacht.«
»Ein Mann sollte Kinder haben«, sagte er. »Wir sind auf Erden, um uns fortzupflanzen.«
»Es gibt reichlich Männer, die da bereits ihr Bestes tun«, sagte ich leichthin. »Die bügeln schon aus, was wir Drückeberger versäumen.«
Reverend Bancroft machte ein ernstes Gesicht. Es war klar, dass er die Oberflächlichkeit meiner Bemerkung nicht mochte. »Sind Sie das, Mr Sadler?«, fragte er. »Sind Sie ein Drückeberger?«
»Nein, das glaube ich nicht. Ich habe meinen Teil beigetragen.«
»Natürlich haben Sie das«, sagte er. »Und jetzt sind Sie sicher wieder zu Hause.«
»Dass ich nicht getötet worden bin, heißt nicht, dass ich nicht gekämpft habe«, sagte ich, verärgert über seinen Ton. »Wir haben alle gekämpft und uns in schreckliche Situationen gebracht. Einiges von dem, was wir mit ansehen mussten, war so entsetzlich, dass wir es niemals vergessen werden. Und was die Dinge angeht, die wir getan haben, nun, das werde ich Ihnen kaum erklären müssen.«
»Doch, das müssen Sie«, sagte er und beugte sich vor. »Wissen Sie, wo ich heute Nachmittag war? Wissen Sie, warum ich zu spät gekommen bin?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich dachte, Sie hätten es vielleicht gehört. Heute Morgen, meine ich. Bei der Kathedrale.«
Ich senkte den Kopf und spürte, wie sich meine Wangen röteten. »Dann haben Sie mich wiedererkannt. Ich habe mich schon gefragt …«
»Ja, sofort«, antwortete er. »Tatsächlich war mir schon heute Morgen, als Sie weggelaufen sind, ziemlich klar, wer Sie waren. Schließlich hatte meine Tochter mir von Ihrem bevorstehenden Besuch erzählt. Der Gedanke an Sie hat mich die ganze Zeit begleitet, und Sie sind im gleichen Alter wie William. Ganz zu schweigen davon, dass ich Ihnen den Krieg gleich angesehen habe.«
»Ist das so offensichtlich?«
»Sie erwecken den Eindruck, als wären Sie nicht ganz davon überzeugt, dass die Welt, in die Sie zurückgekehrt sind, noch die ist, die Sie hinter sich gelassen haben. Ich sehe das Gleiche in den Gesichtern der jungen Männer hier, die zurückgekommen sind und mit denen Marian arbeitet. Für einige von ihnen bin ich so eine Art Ratgeber. Nicht nur in geistiger Hinsicht. Sie kommen auf der Suche nach einem Frieden zu mir, den ich ihnen, wie ich fürchte, kaum geben kann. Viele von ihnen
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