Das spanische Erbe
Tür. Es war Ramons Chauffeur, und seine finstere Miene zeigte Annalisa nur zu deutlich, was er von ihr hielt. Anscheinend dachte er, Ramon und sie hätten … Er würdigte sie keines Blickes, sondern wandte sich an seinen Boss und sprach sehr schnell auf Spanisch mit ihm. Annalisa verstand nicht sehr viel, aber einige Male hörte sie “Margarita” und das spanische Wort für Flughafen heraus. Es schien fast so, als wollte der Mann sie unbedingt an Ramons Frau erinnern.
Dieser nickte und gab einen kurzen Befehl. Dann schloss er die Tür und drehte sich zu Annalisa um. “Ich muss gehen.”
“Jetzt schon?” Natürlich muss er das, dachte sie verzagt. Sie hatte sich ganz schön zum Narren gemacht! Für wen hielt sie sich eigentlich? Sie hatte nicht das Recht, ihn aufzuhalten. Immerhin war er verheiratet, und seine Frau brauchte ihn. So einfach war das!
Er blickte auf die Uhr. “Macht es dir etwas aus, wenn ich hier dusche?”
“Nein, das ist schon in Ordnung. Im Badezimmerschrank liegen saubere Handtücher.”
Er hielt sie zurück, als sie sich abwenden wollte. “Ich muss dich um einen zweiten Gefallen bitten.”
“Ja?”
“Kannst du mir Frühstück machen?”
Er wartete gar nicht ihre Antwort ab, sondern rannte die Treppe hinauf. Und da wusste Annalisa, dass er schon längst nicht mehr mit den Gedanken bei ihr war. Er konnte es nicht erwarten, endlich zu seiner Frau zurückzukommen.
Sie bereitete ihm schnell etwas zu essen: Eier, Toast, frisch gepressten Orangensaft, Kaffee – und erhielt als Dankeschön einen flüchtigen Kuss auf die Wange. An der Tür blieb Ramon noch kurz stehen. “Tut mir leid. Ich muss los. Das Flugzeug landet in einer halben Stunde”, sagte er und rannte dann zu seinem Wagen.
Er winkte ihr noch einmal zu, und Sekunden später fuhr die Limousine in halsbrecherischem Tempo durch die vielen Schlaglöcher davon.
War es das, was sie, Annalisa, wollte? Geborgte Zeit? Sie musste wieder daran denken, wie sehr ihre Mutter gelitten hatte, und deshalb fiel ihr die Entscheidung leicht. Allerdings fragte sie sich, wie sie ihre Gefühle für diesen Mann jemals unterdrücken sollte. Wahrscheinlich war es das Beste, sich nur aufs rein Geschäftliche zu beschränken – was ihr hoffentlich auch gelingen würde!
5. KAPITEL
W enn ich hier bleibe, werde ich ertrinken, dachte Annalisa verzagt, als sie später die Haustür öffnete und hinaus in die gleißende Sonne trat. Und dafür war nicht die See verantwortlich, sondern ihr faszinierender menorquinischer Nachbar … Ramon war nicht ihr Freund und würde auch nie ihr Liebhaber sein. Sie musste sich damit abfinden – und zwar je eher, desto besser!
Auch wenn sie sich schlecht fühlte, mussten die Tiere trotzdem gefüttert werden. Ihr Hund Fudge begrüßte sie mit lautem Gebell und schien nicht zu bemerken, wie es um seine Herrin bestellt war. Während sie die Hühner versorgte und den Hof fegte, rannte er aufgeregt hin und her und lief immer wieder schwanzwedelnd zu dem Pfad, der zum Strand führte.
“Ist ja gut, du hast gewonnen”, sagte Annalisa lächelnd, nachdem sie ihre Arbeit erledigt hatte. “Ich muss mich aber noch umziehen.” Schnell ging sie ins Haus zurück und holte ihren Bikini und den Wickelrock aus dem Schrank. Sie zog das Top aus und berührte dabei ihre Brustknospen. Wieder musste sie daran denken, wie schnell es Ramon gelungen war, sie zu erregen. Ein Blick hatte schon genügt, um sie wie Eis in der Sonne schmelzen zu lassen. Annalisa lachte bitter. Toll! Wieso konnte sie diesen Mann nicht vergessen? Da half nur eins: ein Bad im kühlen Meer. Das würde sie sicher ablenken!
Fudge wartete schon ungeduldig auf sie. Fröhlich bellend lief er vor ihr her, und sie nahm noch schnell den roten Ball mit, den sie für ihn im Dorf gekauft hatte. Als sie die Klippen erreichte, fiel ihr Ramons Warnung wieder ein. Er hatte ihr verboten, allein schwimmen zu gehen … Was soll’s, dachte sie und zuckte die Schultern. Ramon Perez war nicht da, und außerdem war es immer noch
ihr
Strand.
Sie folgte dem kleinen, steilen Weg, der ans Ufer führte, und warf den Ball so weit sie konnte. Lächelnd beobachtete sie dann, wie der alte Hund begeistert hinterherlief und ihr dann schwanzwedelnd die Trophäe zurückbrachte.
Annalisa spielte noch eine Weile mit dem Tier, doch das Meer war zu verlockend. “Das war’s, Fudge”, sagte sie schließlich und zog ihren Wickelrock aus. “Wir machen nachher weiter.”
Die See war beinahe
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