Das spanische Medaillon
Kleidung nebst Accessoires, anhand der am Tatort/an den Tatorten hinterlassenen Spuren und der Zeugnisse von Beobachtern
b) innerliches/mentales Erscheinungsbild (Charakteristik): durch Tateinzelheiten, Art der Durchführung, Qualität und Quantität
2. Tat
ausführliche Darstellung der Tat und der Methode, obwohl Einzelheiten teils schon in 1b; hier auf Ausführlichkeit achten, ohne Bewertung der Aussagekraft für die Tätercharakteristik
3. Des Täters Beweggründe (Motivation, Tatmotiv)
a) vom Täter dargelegt; durch Inschrift, Bekenntnisbrief, öffentliche Bekanntmachung o. Ä.
b) vermutet (anhand von vergleichender Spekulation) bei Ansehen der Vorgeschichte der Opfer
c) durch Abwägen von möglichem Nutzen/möglicher Genugtuung für den Täter; durch besondere subjektive Bewertung von 1a, 1b und 2.
Bei alledem musste freilich bedacht werden, dass möglicherweise nicht alle einem bestimmten Täter zugeordneten Taten auch von diesem verübt worden waren – es konnte Versuche geben, eine Tat einem ohnedies bereits mehrfach unter Verdacht stehenden Täter zuzuschieben; ebenso war es denkbar, dass eine Tat aus unterschiedlichen Gründen nachgeahmt wurde. Schließlich war in Betracht zu ziehen, dass schlicht aufgrund eines polizeilichen Versehens eine nicht zugehörige Tat in die Reihe mit aufgenommen worden sein könnte. Ich glaube, von der Idee einer Vorlesungstätigkeit an der eben gegründeten Universität mehr fasziniert gewesen zu sein, als ich mir eingestehen wollte – zumindest kommt es mir heute so vor, wenn ich mir diese Tabellen von damals betrachte ... Alsdann war den Hinweisen und Spuren nachzugehen. Alle komplizierte Ermittlungs- und Verfolgungsarbeit bleibt naturgemäß den freieren Geistern an der Spitze der Pyramide vorbehalten, zu denen ich mich – mit aller Unbescheidenheit, die meine relative Jugend vielleicht erklärlich machte – rechnete.
Wiewohl sich diese Arbeit des privaten oder polizeilichen Agenten nur schwer systematisieren lässt, da sie ihre Antriebe nicht selten vom zufälligen Gewahrwerden des einen oder anderen Faktums bezieht, kleidete ich auch diese in ein kleines Schema.
II.
Verfolgen, Aufspüren und Stellen des Täters
1. Verfolgen von Spuren am Tatort, die auf einen möglichen Fluchtweg oder das mögliche Fluchtziel des Täters deuten
2. Verfolgen von Hinweisen und Spuren in Akten oder Befragungen auf mögliche lebensweltliche Aufenthaltsorte des Täters
a) Herstellen von Verbindungen zwischen zunächst unabhängig scheinenden aktenkundigen Geschehnissen oder Beobachtungen
b) Nachforschung bzgl. einzelner in den Akten beschriebener Praktiken oder Accessoires oder sonstiger Besonderheiten von Täter oder Tat
3. Verringern der Distanz zwischen Aufenthaltsort von Täter und Verfolger durch die praktische Anwendung der Erkenntnisse aus 1 und 2; evtl. Annäherung und Aufspüren durch die Prognose einer weiteren Tat; u. U. Annäherung und Aufspüren durch die erleichternde Vorbereitung einer weiteren Tat (Aufstellen einer Falle )
4. Zugriff/Stellen/Festnahme
Selbstredend, welches ich nur der Vollständigkeit halber hierhersetzen möchte, waren sämtliche täter- und tatspezifischen Erkenntnisse so aufzubereiten, dass Steckbriefe oder Listen besonders zu beachtender Merkmale entstanden, die den Nacht-, Tor- und/oder Grenzwächtern in die Hand gegeben werden konnten. Da diese Handlanger meistens sehr einfache Naturen sind – was sein Gutes hat, weil der kompliziert Denkende oft nicht die nötige Festigkeit in seinen Handlungen zeigt, die ein Polizist unbedingt benötigt, wenn er Erfolg bei der Festnahme haben will –, mussten Steckbriefe und Merkmalslisten einfach und klar ausfallen.
Indes war der Täter wie vom Erdboden verschluckt. Er schien das Talent zu haben, sich für die königliche Polizei unsichtbar zu machen. Unsere Grenzen waren außerdem alles andere als undurchlässig. Abseits der bewachten Pässe und Straßen, auf Schmugglerpfaden und Wilddiebswegen war es jederzeit möglich, Preußen (oder auch nur Berlin) zu verlassen. Der Mord an Körne lag schon zwei Wochen zurück. In der Zwischenzeit konnte der Gefürchtete überall sein.
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1 Glutorange. Zehrende Flammen. Berlin 2011, S. 90 ff.
15
Der Februar begann ruhig, fast als wollte mir der Medaillonträger Zeit für meine Analyse der Fakten geben, bevor er wieder zuschlug. Analyse ist allerdings ein reichlich hochtrabender Begriff für das, was ich zuwege brachte. Nachdem ich in puncto I/1 und
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