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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sie viel weiter gekommen war, mit Sicherheit bevor sie das Ende der Einfahrt erreicht hatte, würde es sie verfolgen, mit seinen langen Trickfilmbeinen die Entfernung überwinden, die langen Trickfilmarme ausstrecken, die Heckstoßstange packen und das Auto zum Stillstand bringen. Deutsche Wertarbeit war prima, aber wenn man es mit etwas zu tun hatte, was von den Toten zurückgekommen war … nun …
    Aber das Haus schrumpfte weiter im Rückspiegel, und nichts kam zur Hintertür heraus. Jessie kam zum Ende der Einfahrt, bog nach rechts ab und fuhr mit Aufblendlicht auf den ausgefahrenen Spuren in Richtung Sunset Lane, wobei sie das Auto mit der linken Hand steuerte. Jeden zweiten oder dritten August schnitt eine Gruppe von Sommergästen, die sich freiwillig gemeldet hatten – überwiegend von Bier und Tratsch getrieben – das Unterholz und die herabhängenden Zweige entlang dem Weg bis zur Sunset Lane. Dieses Jahr jedoch war das ausgefallen, und daher war der Weg viel schmaler, als es Jessie gefallen wollte. Jedes Mal, wenn ein windgepeitschter Zweig gegen Dach oder Türen des Autos schlug, zuckte sie ein bisschen zusammen.
    Aber sie entkam. Eines nach dem anderen tauchten die Wegzeichen, die sie im Lauf der Jahre kennengelernt hatte, im Scheinwerferlicht auf und verschwanden hinter ihr: der riesige Felsblock mit der gespaltenen Spitze, das zugewucherte Tor, an dem ein verblasstes Schild mit der Aufschrift Rideout’s Hideout festgenagelt war, die entwurzelte Kiefer, die zwischen kleineren Kiefern stand wie ein Betrunkener, der von kleinwüchsigen, nüchternen Freunden nach Hause geschleppt wurde. Die schiefe Kiefer war nur ein paar hundert Meter von der Sunset Lane entfernt, und von dort waren es nur noch zirka drei Kilometer bis zum Highway.
    »Ich schaffe es, wenn ich es leichtnehme«, sagte sie und drückte die ON-Taste des Radios sehr behutsam mit dem rechten Daumen. Es wurde immer besser. »Take it easy«, sagte sie ein bisschen lauter. »Go greasy.« Selbst der letzte Schock – die leuchtend orangeroten Augen des Streuners – klang jetzt ein wenig ab, obwohl sie spürte, dass sie zu zittern anfing. »Überhaupt keine Probleme, wenn ich’s nur leichtnehme.«
    Das würde sie, keine Bange – vielleicht sogar ein bisschen zu leicht. Die Tachonadel berührte kaum den Strich für zwanzig Kilometer. Es war eine ungeheure Beruhigung, wohlbehalten in der sicheren Umgebung des eigenen Autos zu sitzen, und sie fragte sich schon, ob sie nicht die ganze Zeit nur vor Schatten Angst gehabt hatte, aber der Zeitpunkt wäre mehr als ungünstig, gerade jetzt etwas als gegeben zu nehmen. Wenn jemand im Haus gewesen war, konnte er ( es, beharrte eine tiefe Stimme – das UFO aller UFOs) das Haus durch eine andere Tür verlassen haben. Er folgte ihr möglicherweise in diesem Augenblick. Es wäre sogar möglich, dass ein wirklich entschlossener Verfolger sie einholen konnte, wenn sie weiterhin mit nur zwanzig Stundenkilometern dahinkroch.
    Jessie sah blinzelnd zum Rückspiegel und wollte sich vergewissern, dass dieser Gedanke nur durch Schock und Erschöpfung erzeugte Paranoia war, aber da spürte sie, wie ihr das Herz in der Brust stehenblieb. Die linke Hand fiel vom Lenkrad auf die rechte im Schoß. Das hätte teuflisch wehtun müssen, aber sie verspürte keine Schmerzen – überhaupt keine.
    Der Fremde saß auf der Rückbank und hatte die unheimlichen langen Hände an die Schläfen gedrückt wie der Affe, der nichts Böses hörte. Die schwarzen Augen sahen sie voll leerem Desinteresse an.
    Du siehst … ich sehe … WIR sehen nichts als Schatten!, rief Punkin, aber dieser Ruf kam aus weiter Feme; er schien seinen Ursprung am anderen Ende des Universums zu haben.
    Und es stimmte nicht. Sie sah mehr als nur Schatten im Rückspiegel. Das Ding, das da hinten saß, war in Schatten eingehüllt, das stimmte, aber es bestand nicht daraus. Sie sah das Gesicht, die gewölbte Stirn, die runden schwarzen Augen, die messerscharfe Nase, die plumpen, missgestalten Lippen.
    »Jessie!«, flüsterte der Space Cowboy ekstatisch. »Nora! Ruth! Dudel-dei! Punkin Pie!«
    Ihre Augen, die starr auf den Rückspiegel gerichtet waren, konnten sehen, wie sich der Passagier langsam nach vorne beugte, sahen die gewölbte Stirn, die sich langsam ihrem rechten Ohr entgegensenkte, als wollte ihr die Kreatur ein Geheimnis anvertrauen. Sie sah, wie die wulstigen Lippen von den schiefen, farblosen Zähnen weggezogen wurden und ein verzerrtes, dümmliches

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