Das Spiel
Punkin.«
Sie hatte mit nassen Wangen und von frischer Hoffnung beseelten Augen zu ihm aufgesehen.
Er nickte langsam, dann trocknete er ihr die Tränen mit dem Handtuch ab, mit dem er sich das Gesicht abgewischt hatte. »Ich habe dir noch nie etwas abschlagen können, wenn du es wirklich gewollt hast, und dieses Mal kann ich es auch nicht. Wir versuchen es so, wie du es willst.«
Sie warf sich in seine Arme und bedeckte sein Gesicht mit Küssen. Irgendwo weit hinten in ihrem Denken hatte sie befürchtet, das könnte
(ihn wieder aufreizen)
wieder zu Ärger führen, aber ihre Dankbarkeit hatte derlei Bedenken einfach vom Tisch gefegt, und es hatte auch keinen Ärger gegeben.
»Danke! Danke, Daddy! Danke!«
Er hatte sie wieder an den Schultern auf Armeslänge von sich weggehalten, aber dieses Mal lächelnd, nicht ernst. Der traurige Ausdruck war jedoch nicht von seinem Gesicht gewichen, und selbst jetzt, fast dreißig Jahre später, glaubte Jessie nicht, dass dieser Gesichtsausdruck Teil der Vorstellung gewesen war. Die Traurigkeit war echt gewesen, und das machte das Schreckliche, das er getan hatte, irgendwie sogar noch schlimmer statt besser.
»Ich glaube, wir haben ein Abkommen«, sagte er. »Ich sage nichts, du sagst nichts. Richtig?«
»Richtig!«
»Zu keinem anderen, nicht einmal zu uns selbst. Für immer und ewig, Amen. Wenn wir dieses Zimmer verlassen, Jessie, ist es nie passiert. Okay?«
Sie hatte sofort zugestimmt, aber gleichzeitig war ihr der Geruch wieder eingefallen, und sie wusste, sie musste mindestens noch eine Frage stellen, bevor es nie passiert war.
»Und eines muss ich noch einmal sagen. Ich muss sagen, dass es mir leidtut, Jessie. Ich habe etwas Widerliches, Schändliches getan.«
Er hatte sich abgewendet, als er das sagte, das wusste sie noch. Die ganze Zeit hatte er sie absichtlich in eine Hysterie von Schuldgefühlen und Angst und Aussichtslosigkeit getrieben, die ganze Zeit hatte er sichergestellt, dass sie es nie jemandem erzählen würde, indem er drohte, er würde es selbst erzählen, und er hatte sie unverwandt angesehen. Aber als er ihr diese letzte Entschuldigung darbot, hatte er die Buntstiftmuster auf den Handtüchern betrachtet, die das Zimmer teilten. Diese Erinnerung erfüllte sie mit etwas, was Kummer und Wut zugleich zu sein schien. Bei seinen Lügen hatte er ihr ins Gesicht sehen können; die Wahrheit jedoch hatte ihn zuletzt veranlasst, sich abzuwenden.
Sie wusste noch, sie hatte den Mund aufgemacht, um ihm zu sagen, dass er so etwas nicht sagen musste, und dann hatte sie ihn wieder zugeklappt – teilweise weil sie befürchtete, wenn sie etwas sagte, könnte er sich es wieder anders überlegen, aber weitgehend weil ihr schon mit zehn Jahren klar gewesen war, dass sie ein Recht auf eine Entschuldigung hatte.
»Sally ist abweisend – das ist wahr, aber es ist trotzdem eine beschissene Entschuldigung. Ich habe keine Ahnung, was über mich gekommen ist.« Er hatte leise gelacht, sie aber immer noch nicht angesehen. »Vielleicht lag es an der Sonnenfinsternis. Wenn ja, wir werden ja Gott sei Dank keine mehr sehen.« Dann, als würde er mit sich selbst sprechen: »Herrgott, wenn wir den Mund halten und sie es später trotzdem herausfindet …«
Jessie hatte den Kopf an seine Brust gelegt und gesagt: »Das wird sie nicht. Ich werde es nie sagen, Daddy.« Nach einer Pause fügte sie hinzu: »Was könnte ich denn auch schon sagen?«
»Stimmt.« Er lächelte. »Es ist ja nichts passiert.«
»Und ich bin nicht … ich meine, es kann nicht sein …«
Sie hatte aufgesehen und gehofft, er würde ihr sagen, was sie wissen musste, ohne dass sie ihn fragte, aber er sah sie nur an und hatte stumm fragend die Brauen hochgezogen. Das Lächeln war einem argwöhnischen, abwartenden Ausdruck gewichen.
»Es kann nicht sein, dass ich schwanger bin, oder?«, stieß sie hervor.
Er zuckte zusammen, dann arbeitete es in seinem Gesicht, während er versuchte, eine heftige Gefühlsaufwallung zu unterdrücken. Angst oder Traurigkeit, hatte sie damals gedacht; erst Jahre später kam sie darauf, dass er tatsächlich versucht haben musste, eine wilde, unbändige Lachsalve zu unterdrükken. Schließlich hatte er sich wieder unter Kontrolle und küsste ihre Nasenspitze.
»Nein, Liebling, natürlich nicht. Was Frauen schwanger macht, ist nicht passiert. Nichts dergleichen ist passiert. Ich habe ein bisschen mit dir herumgealbert, das ist alles …«
»Und du hast mich geneckt.« Jetzt wusste
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