Das Spiel
kommen?«
Isabel und Alex starrten sie entsetzt an. »Du möchtest morgen nach Fields?«
»Ja, wieso, ist das ein Problem?«
»Ich würde sagen, ja.« Das kam von Isabel. Die ältere Studentin runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.
»Aber es ist wichtig!«
»In Fields gibt es nichts, was du nicht auch hier oben erledigen kannst!«, erwiderte Alex ruhig. »Worum geht es denn?«
Julia, mach jetzt keinen Fehler!
»Ach, ich … ich muss einfach mal raus!« Sie ignorierte Isabels entgeisterte Miene.
»Das müssen wir alle«, erwiderte Alex und zuckte mit den Schultern. »Aber es geht nicht.«
»Warum nicht?«
»Wer soll dich runterfahren?«
»Du könntest mich doch …«
Nun brach Isabel in Lachen aus. »Wie stellst du dir das denn vor? Alex ist dein Studienberater, nicht dein persönlicher Chauffeur! Weißt du nicht, dass man fast zwei Stunden nach Fields braucht?«
»Aber …«
Isabel rollte mit den Augen. »Also ehrlich, ihr Freshmen kommt auf verrückte Ideen …«
Alex bemerkte offenbar, dass Julia kurz davor war, in Tränen auszubrechen. »Okay, Julia, setz dich einfach und spuck aus, was für ein Problem du hast.«
Julia ließ sich auf einen der Ledersessel sinken. Sie biss die Zähne zusammen. Jetzt bloß die Nerven behalten. »Also ich muss nach Fields, um …« Sie brach ab.
»Um?«, fragte Alex und schaute sie erwartungsvoll an. »Sag es ruhig oder ist es ein Geheimnis? Keine Sorge, es bleibt unter uns, nicht wahr, Isabel?«
»Klar, wir sind sozusagen Spezialisten für Geheimnisse.« Das Mädchen grinste verschwörerisch. »Also, leg los!«
»Ich muss eine wichtige E-Mail schreiben.« Noch bevor Julia den Satz beendet hatte, kannte sie bereits die Antwort.
»Na, wenn das alles ist.« Alex zog eine Augenbraue in die Höhe. »Wir haben hier am Grace den schnellsten Netzzugang, den es derzeit gibt.«
»Ja, natürlich, aber …« Oh, Gott, je länger sie redete, desto absurder klang es.
Alex hob beide Hände. »Wo ist dann das Problem?«
»Ich muss hier raus. Ich ertrage es nicht länger. Ich will …«
»Hey, das ist völlig normal, dass man in den ersten Tagen hier oben durchdreht.« Isabel musterte Julia, aber diesmal war ihr Blick nicht spöttisch, sondern fast ein bisschen mitleidig. »Ging uns allen schon mal so! Aber irgendwann wirst du das Tal lieben – okay, lieben ist vermutlich übertrieben, wenn man bedenkt, dass es ab und zu verrückt spielt.«
Dieser Ort ist böse.
»Was meinst du damit?«
Isabel warf Alex einen langen Blick zu.
Er beugte sich zu Julia. »Hör zu. Man kann nicht einfach so nach Fields fahren. Wenn du eins der collegeeigenen Autos haben willst, musst du das genehmigen lassen, wichtige Gründe vorbringen oder einfach darauf warten, dass einer der Dozenten oder andere Studenten das Tal verlassen möchten. Du kannst dich dafür im Sekretariat in eine Liste eintragen lassen. Oder du nimmst den Bus am nächsten Wochenende.«
Julia dachte an Robert und fühlte, wie sie langsam hysterisch wurde. Irgendwie schienen ihre Stimmbänder wieder zu funktionieren. Zumindest hatte sie das dringende Bedürfnis loszuschreien.
»Isabel, was hast du eben damit gemeint: Das Tal spielt ab und zu verrückt?«
»Reg dich nicht auf. Das sind nur so Geschichten, die die Studenten sich ausdenken. Sorry, wenn ich dich verunsichert habe.«
»Geschichten?«
»Na ja, dass hier nicht alles normal ist.«
»Was denn? Was ist nicht normal?«
Wieder wechselten die älteren Studenten einen Blick.
»Ach, hier oben sind die Bedingungen einfach nicht so, wie du es gewohnt bist. Nimm mal das Wetter zum Beispiel. Das spielt öfter mal verrückt. Du kommst aus London, oder?« Alex sah sie erwartungsvoll an.
Woher wusste er das? Woher wusste er, woher sie kam?
Er sprach weiter. »Ich meine, dort herrscht ein gemäßigtes Klima. Aber jetzt bist du in den Rockies. Das bedeutet überdurchschnittlich viele und heftige Gewitter. Wetterumschwünge von jetzt auf gleich. Starke Regenfälle. Im Winter kann der Schnee bis zu fünfzehn Meter betragen. Und am nächsten Tag weht dann der Chinook, der warme, trockene Westwind, und die Temperatur steigt plötzlich um zwanzig Grad. Man kann sich hier oben auf nichts verlassen.«
»Warum hat man dann dieses College hier gebaut? Mitten in die Wildnis?« Verwirrt schüttelte Julia den Kopf.
»Na ja«, erklärte Isabel. »Grace ist schließlich nicht irgendein beliebiges Community College. Das hier ist eine Eliteuni. Nimm mal Dartmouth in New
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