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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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aber nachdem sie eine Weile durch die feuchtheißen Gänge getrottet waren, merkte Vansen, dass nach und nach Gefangene verschwanden. Die Gruppe, in der sie sich befanden, war nur noch etwa halb so groß wie vorhin, als sie durch das mächtige Tor getrieben worden waren, und als er darauf achtete, sah er, wie zwei Langschädel roh eine Schar von etwa einem Dutzend Gefangenen — bei dem flackernden Licht war das schwer zu sagen, weil sie alle von so unterschiedlicher Größe und Gestalt waren — aussonderten und in einen Seitengang trieben. Er teilte es Barrick flüsternd mit und sah, wie sich die Augen des Prinzen erschrocken weiteten.
    »Heißt das, dass sie mit uns etwas anderes vorhaben? Dass sie uns töten wollen, statt uns zu Sklaven zu machen?«
    »Ich glaube eher, dass sie noch nicht viele von unserer Sorte gesehen haben«, beruhigte ihn Vansen. »Diese Langschädel scheinen mir keine Wesen, die etwas aus eigener Entscheidung tun. Vielleicht wollen sie ja, dass ihnen jemand sagt, wo sie uns hinbringen sollen.« Er wollte nicht reden — es war so schon schwer genug, sich einigermaßen zu merken, wie sie gegangen waren und wo ungefähr sie sich im Verhältnis zum Eingang befanden. Falls sich später eine Fluchtchance bot, wollte Vansen nicht blind drauflosrennen.
    Bald waren außer ihnen nur noch wenige Gefangene übrig: ein mehr oder minder menschenähnliches, libellenartig geflügeltes Geschöpf, größer als Vansen, aber wesentlich schlanker; ein paar Kobolde mit grellroter Haut, und einer von diesen runzligen Beinahe-Funderlingen — ein Drag. Letzterer ging direkt vor Vansen her, der ihn deshalb genauer betrachten konnte, als ihm lieb war: Der Drag hatte einen riesigen, schiefen Kopf, einen kurzen, gedrungenen Körper und Hände, die fast doppelt so groß waren wie seine, obwohl die ganze Kreatur nicht einmal die Hälfte seiner Körpergröße hatte.
    Die verbliebenen Langschädel hetzten die Gefangenen weiter. Vansen musste im Laufschritt dahintraben, was mit den schweren Handeisen nicht leicht war, und außerdem noch dem Prinzen helfen, wenn dieser strauchelte, was jetzt oft passierte. Der Prinz musste von den Fesseln schlimme Schmerzen in seinem verkrüppelten Arm leiden, das wusste Vansen, auch wenn Barrick kein Wort darüber verlor: Man brauchte kein Arzt zu sein, um die Blässe des Jungen und sein verzerrtes Gesicht zu bemerken oder das Schweigen zu deuten, in das er in der letzten Stunde verfallen war.
    Sie erreichten eine breitere Stelle eines Stollens, wo mehrere Seitenstollen abgingen. Ihre Bewacher trieben sie in einen dieser Seitengänge, und schon nach wenigen Schritten kamen sie in einen großen Hohlraum und zu einer weiteren mächtigen Tür, bewacht von zwei finsteren affenähnlichen Wesen, die Folger hätten sein können, aber Menschengröße hatten und staubige, nicht zusammengehörige Teile von Rüstungen trugen. Die Langschädel schnatterten auf diese Wächter ein, traten dann vor und klopften mit ihren Spießen gegen die Tür, die trotz der respektvoll sachten Berührung bei jedem Schlag metallen dröhnte. Die Tür schwang langsam auf, und die leise trompetenden Langschädel stießen die Gefangenen hindurch.
    Hinter der Tür lag der aberwitzigste Raum, den Vansen je gesehen hatte, eine Kaverne, so groß wie das Innere des Trigontempels in Südmark, aber eingerichtet von einem Wahnsinnigen. Überall in der riesigen Höhle standen Bruchstücke von Statuen, die einst die Talstraße gesäumt hatten — da ein halber Krieger mitten auf dem rissigen Felsboden, dort eine granitene Hand so groß wie ein Eselskarren. Moos und fadenartige Kriechpflanzen wuchsen fleckig auf den Skulpturentrümmern und auch vielerorts an den Wänden und auf dem Boden, und die Luft war feucht vom Dunst eines richtigen Wasserfalls, der sich aus einem Loch hoch droben auf einer Seite der Höhle ergoss und über Steinblöcke herabplatschte, um ein Bassin zu füllen, das die Hälfte des riesigen Raums einnahm.
    Jenseits des Bassins stand eine weitere Statue: ein kopfloser, sitzender Krieger, so hoch wie eine Festungsmauer. Auf dem Schoß dieses steinernen Kriegers thronte, zu seinen Füßen verschiedenste kniende oder liegende Kreaturen wie einen lebenden Teppich, der größte Mann — das größte Lebewesen überhaupt —, dem Vansen je begegnet war. Zwei—, nein, dreimal so groß wie ein normaler Mensch, dräute er von dort oben herab, so breit und muskulös wie ein Schmied, und wenn nicht völlig klar gewesen

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