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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Silberkettchen dekoriertes Stiefelpaar verharrte neben Kettelsmits Gesicht. »Und da ist ja auch der Dichter. Ich muss schon sagen, eine seltsame Art des Wartens.«
    Kettelsmit war immerhin wieder geistesgegenwärtig genug, sich aufzurappeln. Hendon Tolly beobachtete ihn, einen Mundwinkel zu einem kalten Grinsen verzogen. Dann wandte er sich ab, ging zu seinem Regentenstuhl und ließ sich mit der routinierten Gewandtheit einer Katze, die von einem Mäuerchen springt, hineinfallen. »Kettelsmit, richtig?«
    »Ja, Herr. Ich ... man hat mir gesagt, Ihr wolltet mich sehen.«
    »Ja, das wollte ich, aber nicht unbedingt in dieser eigenartigen Stellung. Was habt Ihr da am Boden gemacht?«
    »Ich ... man hat mir gesagt, ich solle hingerichtet werden.«
    Hendon Tolly lachte. »Ach? Und da seid Ihr in Ohnmacht gefallen? Dann wäre es ja sicher nett von mir, Euch zu sagen, dass nichts dergleichen geplant ist.« Er grinste, aber seine Augen waren eiskalt. »Es sei denn, ich beschließe, Euch einfach doch hinrichten zu lassen. Der Tag war bisher arm an Lustbarkeiten.«
    O barmherzige Götter,
dachte Kettelsmit.
Er spielt mit mir, als wäre ich eine Maus.
Er schluckte, versuchte, Luft zu holen, ohne loszuschluchzen. »Werdet ... gedenkt Ihr, mich hinrichten zu lassen, edler Reichshüter?«
    Tolly legte den Kopf schief. Er trug die überfeinerte Mode des syanesischen Hofes, mit einer gefältelten, scharlachroten Tunika und mächtigen, schwarzen Puffärmeln, und das Haar hing ihm in geckenhaften Strähnen in die Augen, aber Kettelsmit wusste, dieser herausgeputzte Stutzer konnte ihn oder jeden beliebigen Anderen so schnell und beiläufig ermorden, wie ein normaler Mann einen Stuhl mit einem Fußtritt umwarf.
    Der Reichshüter von Südmark kniff die Augen bis auf einen kleinen Schlitz zu, aber sein Blick war immer noch stechend. »Man hat mir gesagt, Ihr seid ehrgeizig?«
    Elan. Er weiß es.
»I-ich weiß nicht genau, was Ihr meint, Herr.«
    Tolly schlenkerte mit den Fingern, als wären sie nass. »Was soll die Wortklauberei? Ihr wisst doch, was ›ehrgeizig‹ bedeutet, oder nicht? Habt Ihr Ambitionen über Euren Stand hinaus, Poet?«
    »Ich ... ich möchte etwas aus mir machen. Wie die meisten Menschen.«
    Tolly beugte sich vor und lächelte, als hätte er endlich etwas entdeckt, das sich zu jagen, zu fangen oder zu töten lohnte. »Ach, ist das so?
Ich
glaube, die meisten Menschen sind Schafe, Poet. Ich glaube, sie hoffen, dass die Wölfe sie übersehen, und wenn eins ihrer Mitschafe gerissen wird, rücken sie alle näher zusammen und hoffen weiter. Die ehrgeizigen Männer sind die Wölfe — wir müssen uns von den Schafen nähren, um zu überleben, und deshalb sind wir cleverer als sie. Was meint Ihr, Kettelsmit? Ist das eine — wie nennt Ihr das? Eine Metapher? Ist es eine gute Metapher?«
    Kettelsmit hätte vor lauter Verwirrung beinah den Kopf geschüttelt, merkte aber gerade noch rechtzeitig, dass Tolly das als Verneinung hätte verstehen können. Hielt sich der Reichshüter für einen Dichter? Und wenn ja, was bedeutete das für Kettelsmit? »Ja, Herr, gewiss ist das eine Metapher. Eine sehr gute, möchte ich sagen.«
    »Ha.« Tolly spielte an seinem Schwertgriff herum. Außer den königlichen Garden war er der Einzige im Raum mit einer sichtbaren Waffe. Kettelsmit hatte so viel darüber gehört, wie schnell und erbarmungslos der Reichshüter damit umging, dass er sich sehr bemühen musste, nicht auf die Hand zu starren, die den Schwertgriff streichelte. »Ich habe einen Auftrag für Euch«, sagte Tolly schließlich. »Ich habe Euer Lied über Caylor gehört und fand es ganz hübsch gemacht. Also habe ich beschlossen, Euch an eine ehrliche Arbeit zu setzen.«
    »Ich bitte um Verzeihung?« Es hätte keine Aneinanderreihung von Wörtern geben können, auf die Matty Kettelsmit weniger gefasst gewesen war.
    »Eine Auftragsarbeit, Dummkopf — es sei denn, Ihr wärt Euch für so etwas zu gut. Aber da habe ich anderes gehört.« Wieder betrachtete ihn Tolly auf diese kalte, taxierende Art. »Im Gegenteil, Ihr scheint einen Großteil Eurer Zeit damit zu verbringen, Euch bei jenen, die über Euch stehen, beliebt zu machen.«
    Wieder musste Kettelsmit beklommen an Elan M'Cory denken. War das Gerede von einer Auftragsarbeit nur eine List? Spielte Tolly nur irgendein grausames Spiel mit ihm, ehe er ihn töten würde? Aber er musste sich weiterhin möglichst unschuldig geben. »Das wäre mir eine Freude, Herr. Eine größere Ehre ist

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