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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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wortlos und verlieh dem Gedanken so viel Bitterkeit, wie er irgend konnte.
Ihr selbst haltet es ja nicht einmal für nötig zu essen. Außerdem sind wir Gefangene eines Gottes. Was können wir da schon tun?
    Nein, ich sagte, Kituyik ist ein Halbgott, kein Gott. Glaubt mir, dazwischen liegen Welten. Was wir tun können? Warten und beobachten — und vor allem nachdenken. Sie haben uns unsere Waffen genommen, aber nicht unseren Verstand.
Der Zwielichtler zögerte kurz, als wollte er noch mehr sagen. Dann löste sich plötzlich zu Barricks Verblüffung Gyirs Gesicht von den Knochen ab und rollte sich vom Kinn bis unter die Augen auf.
    Nein, doch nicht, erkannte der Prinz nach dem ersten Schock. Die glatte Haut zwischen dem, was bei einem Menschen Kinn und Nase gewesen wären, hatte sich hochgestülpt, so beweglich wie die Oberlippe eines Pferdes, und eine blassere, feucht glänzende Oberfläche sowie einen kleinen, fast runden Mund enthüllt. Auch Vansen starrte Gyir jetzt an. Der ignorierte sie beide und steckte sich einen Brocken Brot in die mit Zähnen bewehrte Öffnung. Knochen und Muskeln arbeiteten unter der zweiten Haut — die Mechanik seiner Kiefer war ganz offensichtlich eine andere als bei ihnen —, während er kaute und schluckte. Der Zwielichtler funkelte seine Gefährten an, als wollte er ihnen verbieten, irgendetwas zu sagen.
    Ja, damit wäre Eure Frage nun wohl endlich beantwortet,
sagte Gyir schließlich.
So essen die Verhüllten. Schön ist das nicht.
    Aber wie atmet Ihr?,
fragte Barrick.
Euer ... Euer Mund ist doch die ganze Zeit bedeckt.
    Gyir strich sich das glatte, dunkle Haar auf einer Seite zurück.
Hier sind Schlitze, hinter meinen Ohren, wie die Kiemen eines Fischs. Wenn nötig, kann ich sie schließen.
Sein nächster Gedanke war eine seltsame Eruption von Elementen, die Barrick zunächst nicht entschlüsseln konnte.
Auf diese Weise ertrinke ich nicht, wenn es heftig regnet,
schloss Gyir. Die wortlose Botschaft war ein Lachen gewesen, begriff Barrick jetzt, wenn auch kein fröhliches.
    Gyir aß den Rest seines Brotbrockens und klappte dann seine Gesichtshaut wieder herunter, sodass sie sich um sein Kinn spannte wie das Fell einer Trommel und er, von den roten Augen abwärts, wieder so glatt war wie Elfenbein.
So,
sagte er.
Damit dürfte Eure Neugier wohl befriedigt sein. Jetzt wisst Ihr, was es bedeutet, mit der Glückshaube geboren zu sein. Vielleicht können wir uns ja jetzt wieder dem zuwenden, was wirklich wichtig ist.
Er erhob sich und streckte sich. Ein paar andere Gefangene suchten rasch das Weite, aber er beachtete sie gar nicht.
Ich fühle mich stärker als zuletzt — ich glaube, die Macht der Stimme unseres Feindes hat irgendetwas bei mir bewirkt —, aber mit jemandem wie Kituyik könnte ich es nicht einmal an meinen besten Tagen aufnehmen. Doch wenn er weiter so unvorsichtig ist wie bisher, haben wir eine Chance.
    »Was meint Ihr?«, sagte Vansen laut.
    Benutzt nicht Eure Stimme,
befahl Gyir.
Ich werde nötigenfalls zwischen Euch beiden dolmetschen.
    Barrick sah verdrossen drein. Gestern noch wäre es ihm völlig egal gewesen, mit wem Gyir sprach, aber jetzt war der Gardehauptmann plötzlich in alles einbezogen. Was hatte man davon, so leiden zu müssen wie er, Barrick, wenn es einen nicht einmal zu etwas Besonderem machte?
    Bei all ihrer Macht hatten die Unsterblichen immer schon eine Schwäche,
sagte Gyir.
Sie verändern sich nicht und sie lernen nichts dazu. Kituyik ist eine furchtbare Macht, aber er war immer schon töricht — hielt sich immer schon für größer, als er ist.
Gyir spreizte die Finger — eine Geste, die sie bei ihm noch nie gesehen hatten und die rituell wirkte.
Er hat sich in einer der letzten großen Schlachten der Götter, Monster und Männer auf die Seite der Onyenai geschlagen — unsere Seite, kann ich sagen, weil meine Sippe ebenfalls aufseiten der Onyenai gekämpft hat. Aber Kituyik griff nicht an, als er es hätte tun sollen, wahrscheinlich weil er sich sagte, dass es nur zu seinem Nutzen wäre, wenn sich beide Parteien gegenseitig niedermachten. Er war schon damals ehrgeizig.
    Als er schließlich mit seiner Legion von Witwenmachern auf dem Schlachtfeld erschien, war es zu spät. Die Onyenai waren bereits geschlagen, die Surazemai hingegen — Perin und seine Brüder mit ihren Verbündeten — verfügten noch über große Kräfte. Kituyik wurde eingekesselt, und ihm blieb keine Rückzugsmöglichkeit. In seiner törichten Selbstüberschätzung griff

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